Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob es sich bei der Aussage "100 % umweltfreundlich, da keine Emissionen (z.B. CO 2) entstehen" um eine irreführende Werbung handelt, wenn der beworbene Wärmestrahler selbst keine Emissionen abgibt, jedoch der benötigte Strom aufgrund seiner Produktionsweise nicht emissionsfrei ist.

 

Normenkette

UWG § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 09.02.2012; Aktenzeichen 43 O 90/11)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 9.2.2012 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Essen abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

A. Die Beklagte stellt auf ihrer Internetseite www.heizstrahler-heizkraft.de die Merkmale und Vorteile der von ihr vertriebenen Infrarotstrahler dar (Anlage K 2). In einer Liste, versehen mit der Überschrift "Vorteile der Infrarotstrahler" befindet sich u.a. die Angabe "100 % umweltfreundlich, da keine Emissionen (z.B. CO2) entstehen". Einen Hinweis auf die Gewinnung des für den Betrieb der Strahler erforderlichen Stroms gibt es auf der Internetseite nicht. Die Heizstrahler stoßen am Ort ihrer Aufstellung keine CO2-Emissionen aus. Die Stromgewinnung für die Strahler ist hingegen nicht zwingend emissionsfrei.

Der Kläger hat beantragt,

1. der Beklagten bei Meidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung von dem Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von jeweils 250.000 EUR, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer, zu untersagen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen Infrarotstrahler zu bewerben mit der Aussage "100 % umweltfreundlich, da keine Emissionen (z.B. CO2) entstehen", wie dies auf der Internetseite www.heizstrahler-heizkraft.de gemäß Anlage 2 geschehen ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 214 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Parteivortrages wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die streitgegenständliche Aussage sei irreführend. Der verständige Verbraucher verstehe sie dahingehend, dass der Betrieb der Infrarotstrahler weder lokal am Ort der Nutzung noch global umweltschädliche Emissionen auslöse. Dabei beziehe er bei einer derartigen Betonung auf die absolute Emissionsfreiheit auch die Gewinnung des für den Betrieb des Strahlers erforderlichen Stroms mit ein. Dieses Verständnis der Zielgruppe stimme nicht mit der tatsächlichen Sachlage überein. Der Betrieb der streitgegenständlichen Infrarotstrahler sei nicht 100 % emissionsfrei, da diese mit Strom angetrieben würden, welcher nicht notwendigerweise emissionsfrei erzeugt werde. Es sei offenkundig, dass bei der Gewinnung von elektrischer Energie Emissionen im nicht unerheblichen Maße ausgestoßen würden. Der Begriff der Umweltfreundlichkeit sei im vorliegenden Fall absolut zu verstehen, da dem Produkt eine einhundertprozentige, d.h. völlige Umweltfreundlichkeit attestiert werde. Selbst wenn man bei Umweltfreundlichkeitsaussagen grundsätzlich von einem relativen Inhalt ausgehe (Köhler/Bornkamm UWG, 30. Aufl. 2012, § 5 Rz. 4.166), so werde diese Annahme bezogen auf den vorliegenden konkreten Fall durch die Betonung auf "100 %" widerlegt. Die wettbewerbsrechtliche Relevanz ergebe sich daraus, dass die Kaufentscheidung der Kunden durch die Umweltverträglichkeit eines Produktes zumindest mit beeinflusst werde. Der Anspruch auf Erstattung der Kosten für die berechtigte Abmahnung folge aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin Abweisung der Klage begehrt.

Hinsichtlich der Formulierung "100 % umweltfreundlich" gelte Folgendes: 100 % meine, dass die dahinterstehenden Adjektive ohne Einschränkung angenommen werden könnten. Das Adjektiv "umweltfreundlich" bedeute nach der Definition im Duden "die Umwelt nicht (übermäßig) beeinträchtigend". Das beworbene Produkt beeinträchtige die Umwelt insoweit nicht, als dass der Betrieb am Aufstellungsort keine Emissionen auslöse. Nach dieser Definition sei es nicht erforderlich, dass der Strom, der produziert werden müsse, um das Produkt zu betreiben, seinerseits nicht emissionsfrei hergestellt werde. Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellte, dass die Stromproduktion auch zu berücksichtigen sei, würde eine fehlerhafte Verwendung des Begriffs "umweltfreundlich" nicht vorliegen. Es reiche aus, wenn...

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