Leitsatz (amtlich)

1. Sehen die Versicherungsbedingungen (hier: Hausrat) für den Fall der arglistigen Täuschung des Versicherungsnehmers die vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers vor (hier: § 22 Komfort VHB 2001), genügt es für dessen Leistungsfreiheit - von dem Fall unbilliger Härte abgesehen -, wenn der Versicherungsnehmer nur über eine für die Entschädigung relevante Tatsache zu täuschen versucht und zwar auch dann, wenn die Täuschung im Ergebnis folgenlos bleibt, § 28 Abs. 3 S. 2 VVG (Verwirkungsbestimmung mit Strafcharakter).

2. Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung ist, dass über Tatsachen getäuscht wird, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind. Insoweit genügt jede objektiv falsche Angabe oder das Verschweigen offenbarungspflichtiger Tatsachen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Versicherungsnehmer zu Herkunft und Höhe eines von ihm als gestohlen gemeldeten Bargeldbetrages unwahre bzw. bewusst unvollständige Angaben macht, um hierdurch die Aussichten für eine Schadensregulierung durch den Versicherer insgesamt zu erhöhen.

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 16.06.2010; Aktenzeichen 2 O 222/09)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 16.6.2010 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Dortmund wird zurückgewiesen.

Der Klägerin werden die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

A. Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage aus Anlass eines behaupteten Einbruchdiebstahls vom 23.1.2009 Entschädigungsleistungen aus einer bei der Beklagten unterhaltenen Hausratversicherung, der die Komfort VHB 2001 der Beklagten zugrunde liegen.

Hinsichtlich des in 1. Instanz vorgetragenen Sachverhalts wird gem. § 540 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des LG Dortmund vom 16.6.2010 Bezug genommen.

Das LG hat die Klage nach teils durchgeführter Beweisaufnahme, auf die es seine Entscheidung letztlich nicht gestützt hat, abgewiesen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass zum einen schon das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls nicht erwiesen sei. Die Klägerin habe den ihr insoweit obliegenden Beweis nicht erbringen können, da es bereits an ausreichendem Sachvortrag dahin fehle, dass die von ihr benannten Zeugen zeitnah das Vorhandensein jeweils bestimmter Gegenstände noch vor dem Zeitpunkt des behaupteten Einbruchdiebstahls bestätigen könnten und aus diesem Grund eine Vernehmung der Zeugen nicht in Betracht gekommen sei. Ihre eigenen Angaben reichten zum Nachweis des äußeren Bildes ebenfalls nicht aus, da die grundsätzlich für den Versicherungsnehmer streitende Redlichkeitsvermutung aufgrund einer Reihe von - in den Urteilsgründen im Einzelnen aufgeführten - Indizien widerlegt sei. Zum anderen sei aufgrund der Indizienlage eine erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung eines Versicherungsfalls zu bejahen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Zur Begründung führt sie mit näherer Darlegung an, dass die vom LG angeführten, teils streitigen Indizien weder ihre Redlichkeit erschütterten noch den Schluss auf die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung eines Versicherungsfalls zuließen.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 49.500 EUR nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 26.4.2009 nebst vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.641,96 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil. Darüber hinaus trägt sie in zweiter Instanz unwidersprochen vor, dass die Klägerin gegenüber der die Schadensanzeige aufnehmenden Versicherungsagentin der Beklagten, der Zeugin H, im Zuge der Schadensaufnahme zur Herkunft des als gestohlen gemeldeten Bargeldbetrages von insgesamt 5.000 EUR angegeben habe, dass ihr Sohn das Geld bei ihr deponiert habe, um es vor dem Zugriff seines Vaters zu schützen. Demgegenüber hatte sich die Klägerin bis dahin - ebenfalls unstreitig - im Zuge des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens ebenso wie im hiesigen Rechtsstreit stets und ausschließlich darauf berufen, der entwendete Bargeldbetrag sei von einer Bekannten, nämlich der Zeugin Martina K, vor dem Hintergrund einer schwelenden Ehekrise vorsorglich bei ihr deponiert worden.

Die Klägerin räumt ein, gegenüber der Zeugin H bei Schadensaufnahme angegeben zu haben, das gestohlene Geld gehöre ihrem Sohn. Dies sei jedoch weder als Widerspruch zu ihrem bisherigen Vorbringen noch als Falschangabe gegenüber der Beklagten zu werten. Denn - so ihre Behauptung - sie habe tatsächlich 2 × 5.000 EUR in ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge