Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachehelicher Unterhalt: Berechnung und Befristung eines Krankenunterhaltsanspruchs

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein stillschweigender Unterhaltsverzicht kann nur ausnahmsweise angenommen werden, da ein Unterhaltsverzicht voraussetzt, dass der Unterhaltsgläubiger seinen Willen, auf Unterhalt zu verzichten, eindeutig zum Ausdruck bringt.

2. Regelmäßig in eine Lebensversicherung gezahlte Beträge können bei Fortsetzung der Beitragszahlung auch dann, wenn die Lebensversicherung in den Zugewinnausgleich eingeflossen ist, unterhaltsrechtlich nicht unberücksichtigt bleiben.

3. Eine Befristung ist nicht vorzunehmen, wenn der Unterhaltsberechtigte zu 100 % schwerbehindert ist, Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht und es ihm nicht möglich ist, eine weitergehende Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

4. Bei einem Unterhaltsanspruch wegen Krankheit kommt der ehelichen und nachehelichen Solidarität gesteigerte Bedeutung zu, so dass die Frage des Vorliegens ehebedingter Nachteile in der Regel von geringerer Bedeutung ist als beim Aufstockungsunterhalt.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 1572 Nr. 1, § 1578b Abs. 2, § 1585b a.F.

 

Verfahrensgang

AG Rheine (Urteil vom 10.10.2007; Aktenzeichen 13 F 90/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 27.05.2009; Aktenzeichen XII ZR 111/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 10.10.2007 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Rheine teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Monate Februar bis April 2007 einen Unterhaltsrückstand von 255,91 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.4.2007 zu zahlen.

Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin einen monatlichen Unterhalt von

  • jeweils 111 EUR für die Monate Mai und Juni 2007,
  • jeweils 109 EUR für die Monate Juli und August 2007,
  • jeweils 108 EUR für die Monate September und Oktober 2007,
  • jeweils 106 EUR für die Monate November und Dezember 2007 und
  • jeweils 103 EUR ab Januar 2008,

fällig und zahlbar jeweils zum ersten eines Monats, zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 126,86 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.4.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat der Beklagte zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

1. Wegen des Sachvortrages und der in erster Instanz gestellten Anträge wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Familiengerichts, § 540p Abs. 1 Nr. 1 ZPO (Bl. 64-66 GA).

Das Familiengericht hat mit der aus dem angefochtenen Urteil ersichtlichen Begründung (Bl. 67-69 GA) unter Abweisung der Klage im Übrigen den Beklagten verurteilt, an die Klägerin einen Unterhaltsrückstand für die Monate Februar bis April 2007 i.H.v. 333 EUR nebst Zinsen, ab Mai 2007 laufenden Unterhalt i.H.v. 111 EUR monatlich sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

2. Mit der Berufung verfolgt der Beklagte weiterhin das Ziel einer vollständigen Abweisung der Klage; hilfsweise möchte er eine Befristung der Unterhaltsverpflichtung bis zum 8.5.2008 erreichen.

a) Zur Begründung der Berufung führt er im Wesentlichen im Hinblick auf die Höhe der Unterhaltsverpflichtung aus (vgl. i.E. Bl. 82-84, 102-104 GA):

Das Familiengericht habe fehlerhaft auf seiner Seite eine Steuererstattung von 874,02 EUR, anteilig 72,83 EUR berücksichtigt. Abzuziehen seien der Aufwand von 84 EUR für die Fertigung der Steuererklärung sowie ein Betrag von 300 EUR, den der Beklagte für den Führerschein der Tochter Z der Klägerin zur Verfügung gestellt habe. Für die Steuererstattung für 2007 von 859,78 EUR seien 115 EUR als Kosten der Erstellung der Steuererklärung abzuziehen. Das Familiengericht habe nicht berücksichtigt, dass sich ab 1.7.2007 der monatliche Beitrag an die T2 für Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherung von 302,16 EUR auf 317,27 EUR erhöht habe. Zum 1.7.2008 erhöhe sich der Betrag auf 333,13 EUR. Ab dem 1.1.2008 erhöhe sich der Krankenversicherungsbeitrag auf 314,85 EUR. Ferner sei es fehlerhaft, von der Berechnung der Klägerin abzuweichen. Diese habe für den Kindesunterhalt selbst 467,50 EUR vom Einkommen des Beklagten abgezogen; diese Berechnung habe sich der Beklagte zu eigen gemacht.

Zudem seien vom Einkommen des Beklagten weitere Beträge abzuziehen, nämlich

  • Beiträge für eine Zusatzkrankenhaustagegeldversicherung für sich und die Kinder i.H.v. monatlich 35,04 EUR, ab 1.11.2007 monatlich 39,54 EUR,
  • Beitrag Bausparvertrag T von monatlich 75 EUR, dieser Bausparvertrag sei eheprägend gewesen (Bl. 137 GA) und
  • Beitrag für weitere Lebensversicherung W von monatlich 52,05 EUR, diese Belastung sei eheprägend gewesen (Bl. 137 GA)

b) Zudem führt der Beklagte im Rahmen ...

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