Leitsatz (amtlich)

Enterbt ein Großvater nur seinen Sohn und vererbt sein Vermögen einen anderen Erben, kann dem Enkel ein Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch zustehen. Für das gesetzliche Erbrecht eines Abkömmlings kommt es auf dessen rechtliche Abstammung vom Erblasser an. Der Beweis der rechtlichen Abstammung kann durch die Vorlage einer Geburtsurkunde erbracht werden.

 

Normenkette

BGB §§ 1938, 2303, 2325, 2333-2335; PStG §§ 54-56

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 08.02.2017 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der am 00.00.1996 geborene Kläger hat nach dem am 00.00.1939 geborenen und am 00.00.2011 verstorbenen Erblasser X gegen dessen Erben, die frühere Beklagte zu 1., Frau H, und den früheren Beklagten zu 2. und alleiniger Berufungskläger, im weiteren der Beklagte, einen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend gemacht.

Der Erblasser hatte zwei Söhne, den am 00.00.1962 geborenen und im Jahr 1990 kinderlos verstorbenen N und den am 00.00.1964 geborenen M. Der Sohn M wurde vom Amtsgerichts Hagen wegen einer gegenüber dem Erblasser am 21.05.1986 begangenen gefährlichen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt. Auf das durch Urteil des Strafgerichts vom 14.01.1987 (Bl. 9 ff d. A) wird verwiesen.

In seinem notariellen Testament vom 20.04.1989 setzte der Erblasser seine Lebensgefährtin, die frühere Beklagte zu 1., und seinen Bruder, den früheren Beklagten zu 2., zu seinen Erben je zur Hälfte ein. Hinsichtlich seiner beiden Söhne ordnete der Erblasser an, dass diese gem. §§ 1938, 2333 BGB enterbt sein sollten. Als wesentliche Gründe für diese Enterbung gab er die Rauschgiftsucht seiner Söhne und ihre laufenden Straftaten, insbesondere die rechtskräftige Verurteilung des Sohnes M wegen der an ihm begangenen Körperverletzung an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Testamentsurkunde vom 20.04.1989 (AG Hagen, 7 IV 276/89, Bl. 9 ff) Bezug genommen. Das Testament wurde vom Nachlassgericht am 15.11.2011 eröffnet.

Mit Vertrag vom 14.12.2011 veräußerten die Erben das zum Nachlass gehörende Hausgrundstück in L, I-Straße 88. Am selben Tag schlossen sie einen Erbauseinandersetzungsvertrag, wonach der Beklagte den Erlös aus dieser Veräußerung in Höhe von 1,04 Mio. Euro erhielt und die frühere Beklagte zu 1. die zum Nachlass gehörenden Grundstücke in L, I-Straße 63 und in I, J-Straße 3 sowie den weiteren beweglichen Nachlass. Nachfolgend übertrug die frühere Beklagte zu 1. das Grundstück in L, I-Straße 3, auf ihren Sohn, der dieses an Dritte verkaufte. Das Grundstück in I J-Straße 3 verkaufte die frühere Beklagte zu 1. mit Vertrag vom 05.01.2012 an ihren Sohn.

Im April 2012 beantragte M beim Landgericht Hagen Prozesskostenhilfe zur Durchsetzung eines Pflichtteilsanspruchs gegenüber der früheren Beklagten zu 1.und dem Beklagten des vorliegenden Verfahrens als Erben. Diesen Antrag hat das Landgericht durch Beschluss vom 15.05.2012 wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Zur Begründung führte es aus, dass der Erblasser seinen Sohn M in dem Testament vom 20.04.1989 wirksam den Pflichtteil entzogen habe. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 10.12.2012 zurückgewiesen. Auf die in diesem Verfahren ergangenen Beschlüsse (LG Hagen, 10 O 96/12, Bl. 62a ff und 114 ff) wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 05.12.2014 (Bl. 23. d. A.) meldete der Kläger als Enkel des Erblassers eigene Pflichtteilsansprüche an. Mit Schriftsatz vom 18.12.2014, eingegangen zusammen mit dem Gerichtskostenvorschuss beim Landgericht am 19.12.2014 hat der Kläger gegen die frühere Beklagte zu 1. und den Beklagten des Berufungsverfahren zur Durchsetzung seines Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs eine Stufenklage erhoben.

Die Stufenklage ist dem Beklagten am 29.01.2015 zugestellt worden.

Die Beklagten haben unter Hinweis auf das unstete Leben des M bestritten, dass es sich bei dem Kläger um den Enkel des Erblassers handelt. Zum Nachweis seiner Pflichtteilsberechtigung hat der Kläger in erster Instanz seine Geburtsurkunde im Original vorgelegt, in welcher M als Vater aufgeführt ist (Bl. 51,56 d. A.).

Durch Teilurteil des Landgerichts Hagen vom 16.06.2015 sind die Beklagten des erstinstanzlichen Rechtstreits verurteilt worden, Auskunft über den Bestand des Nachlasses des Erblassers durch Vorlage eines Nachlassverzeichnisses zu erteilen, welches alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassgegenstände und Forderungen des Erblassers, alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindl...

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