Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftungsbegrenzung beim Elternunterhalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beim Elternunterhalt kommt die Festlegung von Bedarfsgrenzen für den Ehepartner des einem Elternteil unterhaltspflichtigen Kindes nicht in Betracht, weil ansonsten der unterhaltsrechtliche Vorrang des Ehegatten (§ 1609 Abs. 2 BGB) beeinträchtigt würde. Da aber auch eine uneingeschränkte Berücksichtigung des Vorrangs des Ehegatten Probleme aufwirft, ist zu empfehlen, dass nur 50 % des den Selbstbehalt des Pflichtigen übersteigenden Betrages als Unterhalt geschuldet werden; die dann noch über dem Selbstbehalt freien Mittel kommen beiden Ehepartnern zugute und mildern so die Beeinträchtigung des unterhaltsrechtlichen Vorrangs des Ehepartners.

2. Eine Rücklage für Hausratanschaffungen ist nicht berücksichtigungsfähig (gegen OLG Oldenburg v. 27.7.1999 – 12 UF 79/99, OLGR Oldenburg 2000, 40 = FamRZ 2000, 1174).

 

Normenkette

BGB §§ 1601, 1603

 

Verfahrensgang

AG Dortmund (Aktenzeichen 187 F 3007/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 14.01.2004; Aktenzeichen XII ZR 149/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24.10.2000 verkündete Urteil des AG – FamG – Dortmund teilweise abgeändert und wie folgt gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 840 DM nebst 8,42 % Zinsen seit dem 1.5.2000 und 9,26 % Zinsen seit dem 1.12.2000 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen; die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 84 % und dem Beklagten zu 16 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 1.000 DM abwenden, sofern nicht die Klägerin Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht der Mutter des Beklagten in Anspruch. Die am 3.2.1911 geborene Mutter, die inzwischen am 1.3.2001 verstorben ist, hat sich seit dem 3.4.1996 in einem Seniorenheim befunden. Die Klägerin als Sozialhilfeträger hat sich an den dadurch anfallenden Heimkosten monatlich in unterschiedlicher Höhe beteiligt. Sie nimmt den Beklagten für die Zeit von April 1999 bis Juni 2000 in Anspruch. In dieser Zeit hat sie die in der Klageschrift im Einzelnen aufgeführten monatlichen Beträge, die sich zwischen 572,42 DM und 903,86 DM bewegen, für die Mutter des Beklagten aufgebracht. Diese macht die Klägerin gegen den Beklagten geltend, jedoch nur bis zu 750 DM im Monat. Daraus errechnet sie insgesamt 10.711,04 DM. Der Beklagte hat darauf monatlich freiwillig 361,02 DM gezahlt, so dass noch 5.295,74 DM offen sind; dieser Betrag stellt die Klageforderung dar.

Der Beklagte ist verheiratet. Seine Ehefrau ist ebenso wie er berufstätig, jedoch nur halbschichtig. Der Beklagte hat noch einen Bruder, der aber unstreitig mangels Leistungsfähigkeit keine Unterhaltsleistungen erbringen kann.

Das AG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte verfüge über ein Einkommen von 4.172,26 DM und seine Ehefrau über ein solches von 1.018,99 DM. Der Beklagte schulde vorrangig seiner Ehefrau Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen und nicht nach einem gem. Ziff. 49 der Hammer Leitlinien festgelegten Bedarf von 1.750 DM. Nach den ehelichen Lebensverhältnissen habe der Beklagte seiner Ehefrau Unterhaltsleistungen i.H.v. 1.576,64 DM zu erbringen. Bei einem Selbstbehalt von 2.250 DM verbleibe ihm damit noch ein freier Betrag von monatlich 361,02 DM, die er geleistet habe und über die hinaus er nicht verpflichtet sei.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Unterhaltsanspruch weiterverfolgt. Sie ist der Auffassung, dass die Unterhaltsberechnung in dem amtsgerichtlichen Urteil unrichtig sei. Denn danach sei der Bedarf der Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen höher angesetzt als der Bedarf des Beklagten. Es sei auch zu berücksichtigen, dass bei einem Zusammenleben des Beklagten mit seiner Ehefrau der Aufwand für die Lebensführung deutlich geringer sei. Der Unterhaltsbedarf der Ehefrau könne deshalb nur mit etwa 78 % ihres Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen bei Getrenntleben bemessen werden. Auf dieser Basis ergebe sich eine Leistungsfähigkeit des Beklagten von über 1.000 DM, während maximal nur 750 DM pro Monat gefordert würden.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 1.4.1999 bis zum 30.6.2000 5.259,74 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit, ab 1.5.2000 i.H.v. 8,42 % und ab 1.9.2000 Zinsen i.H.v. 9,26 DM zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Er errechnet für das Jahr 1999 ein Eigeneinkommen von 3.727,42 DM und für das Jahr 2000 i.H.v. 3.887,32 DM, wobei er eine finanzielle Unterdeckung, die sich aus dem Erwerb und der Bewirtschaftung einer mit seiner Ehefrau erworbenen Eigentumswohnung ergibt, berücksichtigt wiss...

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