Leitsatz (amtlich)

1. Verpflichtet sich ein Treuhandkommanditist, die Einlagen von Anlegern an die Fondsgesellschaft weiterzuleiten, ist er nach § 667 BGB zur Rückzahlung verpflichtet, wenn er nicht darlegen und beweisen kann, die empfangenen Mittel auftragsgemäß weitergeleitet zu haben.

Werden von dem Treuhandkonto in regelmäßigen Abständen Sammelüberweisungen an die Fondsgesellschaft vorgenommen, denen konkrete Einlagen einzelner Anleger nicht zugeordnet werden können, kann der Beweis bestimmungsgemäßer Verwendung nur durch die Feststellung gelingen, eine Verwendung von Guthaben des Treuhandkontos zu vertragswidrigen Zwecken sei nicht erfolgt.

2. Die Regelung im Treuhandvertrag mit der Treuhandkommanditistin einer Publikumsgesellschaft, wonach eine Haftung nur bei grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Verletzung der dem Treuhänder obliegenden Pflichten in Betracht kommt, hält der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht stand, soweit die Haftungsbegrenzung auch die Kardinalpflichten erfasst. Dazu zählt die auftragsgemäße Weiterleitung der Anlegergelder.

 

Normenkette

BGB §§ 307, 667

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 03.03.2010; Aktenzeichen 3 O 551/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 3, 4 und 5 wird das am 3.3.2010 verkündete Urteil des LG Essen teilweise abgeändert.

Die Beklagte zu 4 bleibt verurteilt, an die Klägerin 30.900 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.9.2008 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Das weitergehende Rechtsmittel der Beklagten zu 4 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:

Kosten des ersten Rechtszuges

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte zu 4 zu 25 % und die Klägerin zu 75 %.

Die Klägerin trägt weiterhin die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2, 3 und 5. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Kosten des Berufungsverfahrens

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte zu 4 zu 1/3 und die Klägerin zu 2/3.

Die Klägerin trägt weiterhin die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3 und 5. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die jeweiligen Vollstreckungsschuldner können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweiligen Vollstreckungsgläubiger Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

 

Gründe

A. Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadensersatz wegen einer Kapitalanlage i.H.v. 30.900 EUR geltend.

Auf Vermittlung des früheren Beklagten zu 1 L K, gegen den das Verfahren abgetrennt worden ist, beteiligte sich die Klägerin durch schriftliche Erklärung vom 4.7.2002 mit einer Kommanditeinlage i.H.v. 30.000 EUR zzgl. 900 EUR Agio an der Beklagten zu 5. Die Kommanditbeteiligung wurde treuhänderisch gehalten von der Beklagten zu 4, mit der die Klägerin einen entsprechenden Treuhandvertrag schloss. Geschäftsführer der Beklagten zu 4 ist seit dem Jahre 2003 der Beklagte zu 2. Der Beklagte zu 3 ist Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten zu 5.

Die Klägerin leistete die Zahlung von 30.900 EUR an die Beklagte zu 4. Ob diese den Betrag an die Fondsgesellschaft, die Beklagte zu 5, weitergeleitet hat, ist streitig. Nach dem Anlagekonzept der Beklagten zu 5, das im Emissionsprospekt umfangreich dargestellt wurde, sollten insgesamt 100 Mio. EUR eingeworben und in Rentenfonds, Aktienfonds, Private-Equity-Beteiligungen etc. investiert werden. Zu solchen Investitionen kam es jedoch nicht. Nachdem die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Beklagte zu 5 im November 2004 darauf hingewiesen hatte, dass es sich bei dem Geschäft ihrer Ansicht nach um ein genehmigungspflichtiges Bankgeschäft, nämlich ein Finanzkommissionsgeschäft, handele, erklärte die Beklagte zu 5, bereits mit dem 31.12.2003 ihre Emissionstätigkeit eingestellt zu haben. Die BaFin hielt die Abwicklung für erforderlich, ohne dies formell anzuordnen.

Die Klägerin kündigte das Vertragsverhältnis zu den Beklagten zu 4 und 5, widerrief ihre Beitrittserklärung und focht sie an.

Mit der Klage macht sie Rückzahlung bzw. Erstattung ihres Anlagebetrages i.H.v. 30.900 EUR geltend.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagten hätten gemeinschaftlich den Plan verfolgt, Anlagegelder einzuwerben, ohne diese entsprechend den Ankündigungen ordnungsgemäß anzulegen. Dies folge bereits aus dem tatsächlichen Geschehen; insbesondere könne in der Intervention der BaFin mehr als 2 Jahre nach dem Beitritt der Klägerin kein Grund gesehen werden, die Gelder nicht planmäßig zu investieren. Zudem sei sie, die Klägerin, anlässlich ihres Beitritts nicht hinreichend über die erheblichen Risiken aufgeklärt worden.

Die Beklagten zu 3 und 5 haben ein deliktisches Verhalten in Abrede gestellt und im Hinblick auf vertragliche Zahlungsansprüche auf die Regel...

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