Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 17.06.2009; Aktenzeichen 6 O 261/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung im Übrigen das Urteil der 11. Zivilkammer des LG Essen vom 17.6.2009 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 105.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 6,6 % seit dem 10.12.2003 aus 40.000 EUR und i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 65.000 EUR seit dem 28.6.2008 zu zahlen,

Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers (Nominalbetrag 100.000 EUR) an der G2 GmbH & Co. KG in H bei W sowie aus dem darauf bezogenen Treuhandvertrag des Klägers mit der W GmbH in W.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Forderungen der G2 GmbH & Co. KG aus § 5 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrags G2 GmbH & Co. KG auf Erstattung gewerbesteuerlicher Nachteile freizustellen.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers (Nominalbetrag 100.000 EUR) an der G2 GmbH & Co. KG sowie aus dem darauf bezogenen Treuhandvertrag des Klägers mit der W GmbH in Verzug befindet.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, jeden Steuerschaden des Klägers aus dem Erwerb der Beteiligung (Nominalbetrag 100.000 EUR) an der G2 GmbH & Co. KG zu ersetzen, der ihm über die ausdrücklich klageweise geltend gemachten Forderungen hinaus entstanden ist oder noch entstehen wird.

5. Die Beklagte wird weiter verurteilt, der G2 GmbH & Co. KG eine selbstschuldnerische, unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank i.H.v. 12.000 EUR zur Absicherung etwaiger Ansprüche der G2 GmbH & Co. KG gegen den Kläger aus § 5 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrages der G2 GmbH & Co. KG zu übergeben.

6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht Ansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung geltend.

Er war langjähriger Kunde der beklagten Bank und erfahrener Kapitalanleger. Er war - als Partner der klägerischen Prozessbevollmächtigten mit Schwerpunkt Gesellschaftsrecht - auch sonst geschäftserfahren. Im Jahr 2003 empfahl ihm die Mitarbeiterin der Beklagten F2 eine Beteiligung an der G2 GmbH & Co. KG mit Sitz in H bei W. Er hatte sich bereits zuvor an geschlossenen Fonds, auch an zwei sog. Medienfonds beteiligt, nicht aber - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert - an einem Fonds der W3-Gruppe. Er entschied sich, der Empfehlung der Beraterin F2 zu folgen.

Der Fondsbeitritt erfolgte über die Fa. W GmbH als Treuhandkommanditistin.

Der Kläger unterzeichnete am 10.12.2003 einen Zeichnungsschein (Anlage K 1, Bl. 13 d.A.) über eine Beteiligung zum Nennwert von 100.000 EUR

zzgl. eines Agios von 5 %, also 5.000 EUR.

Der Kläger überwies am 10.12.2003 einen Betrag von insgesamt 105.000 EUR.

Über einen Teilbetrag von 40.000 EUR hatte er mit Vertrag vom 5.12.2003 (Anlage K 3 = Bl. 15) von der Beklagten ein Darlehen zu einem Zinssatz von 6,6 % genommen; die Tilgung war vereinbart für den Zeitpunkt der Schlusszahlung aus dem Fonds. Der Kläger hat die Zinszahlungen bisher pünktlich erbracht.

Die Beklagte erhielt für die Vermittlung der Beteiligung von Seiten der Fondsgesellschaft eine Provision i.H.v. 8,25 % der Zeichnungssumme ohne Agio, also 8.250 EUR. Darüber wurde der Kläger von der beratenden Mitarbeiterin der Beklagten nicht aufgeklärt.

In dem umfangreichen Fonds-Prospekt (Anlage CB 5, Bl. 102 ff.) heißt es auf S. 68 f. in dem Abschnitt "12. Vertragsgrundlagen" unter der Überschrift "Eigenkapitalvermittlungsvertrag":

"Die Fondsgesellschaft hat die W4 AG [...] mit der Organisation und Abwicklung der Eigenkapitalvermittlung beauftragt [...].

Die W4 AG hat das Recht, ihre Rechte und Pflichten aus dieser Vertriebseinbarung auf Dritte zu übertragen, [...].

Hierfür erhält die W4 AG eine Vergütung i.H.v. 8,9 % des Kommanditkapitals. Das von den beitretenden Kommanditisten zu erbringende Agio i.H.v. 5 % ist eine zusätzliche Vergütung für die Eigenkapitalvermittlung. [...]"

Die Provision für die Beklagte war geregelt in einer zwischen der Fondsgesellschaft, der vorgenannten W4 AG mit Sitz in H und der Beklagten - diese als "Vertriebspartner" - im Juli/August 2003 getroffenen "Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung (Bl. 1015 ff.), auf welche Bezug genommen wird. Die Provision betrug danach 8,25 % des vermittelten Zeichnungsbetrages ohne Agio, wenn ein Mindestvermittlungsvolumen von 5.000.000 EUR erreicht wurde, was der Fall war. Weiter heißt es in Abschnitt (3):

"Der Vertriebsberater [d.h. die Beklagte] verpflichtet sich, bei der Vertriebswerbung und Vertriebsberatung nur Daten und Fakten zu verwenden...

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