Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzansprüche gegen den Testamentsvollstrecker. Verletzung von Sorgfaltspflichten

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Haftung des Testamentsvollstreckers und Schadensersatzansprüchen der Erben im Zusammenhang mit der Abwicklung eines Nachlasses und von Steuererklärungen, die auch ausländisches Vermögen betreffen.

 

Normenkette

BGB §§ 2219, 2216

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Entscheidung vom 04.06.2009; Aktenzeichen 4 O 78/06)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 04.06.2009 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Versäumnisurteil vom 21.11.2006 hinsichtlich der Widerklage wie folgt aufrecht erhalten bleibt:

Es wird festgestellt, dass den Klägern kein über ihre Klageforderung im vorliegenden Rechtsstreit hinausgehender Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten als Erben des Testamentsvollstreckers M wegen der Einkommenssteuerbelastung/Säumniszinsen im Veranlagungsjahr 1997 infolge der am 15.01.1997 beschlossenen Dividendenausschüttung der J AG/A an die Erben nach dem am 19.04.1995 verstorbenen Erblasser H zusteht.

Ausgenommen von der Feststellung bleiben entsprechend dem Versäumnisurteil vom 21.11.2006 die Ansprüche, die hilfsweise aus der angeblich falschen Erbschaftssteuererklärung hergeleitet werden und die Gegenstand des Verfahrens 10 O 63/05 - Landgericht Dortmund - sind.

Die Kosten der Säumnis im Kammertermin am 21.11.2006 fallen den Klägern zur Last.

Die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Kläger jeweils zu 8 % und die Beklagten zu 12 %. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) trägt diese zu 50 % selbst, im Übrigen fallen sie den Beklagten zur Last. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 2) bis 11) tragen die Beklagten zu 9 %, im Übrigen tragen die Kläger zu 2) bis 11) sie jeweils selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Kläger gehören zu den Mitgliedern einer Erbengemeinschaft nach Herrn H, bestehend aus insgesamt 16 Miterben; die Beteiligung der einzelnen Erben am Nachlass entsprach Quoten in Höhe von 1/11, 1/21 oder 1/33. Ob der Nachlass mittlerweile vollständig auseinandergesetzt ist, wie die Kläger behaupten, ist streitig.

Der Erblasser H verstarb am 19.04.1995. Er hinterließ ein privatschriftliches Testament vom 12.11.1986 mit einem Nachtrag vom November 1993. Darin setzt er insgesamt 11 Personen nach Stämmen zu seinen Erben ein; die Kläger gehören zu diesem Kreis, zum Teil sind sie Abkömmlinge der seinerzeit eingesetzten Erben.

Die letztwillige Verfügung des Erblassers enthielt neben der Anordnung von Vorausvermächtnissen für einzelne Erben auch Vermächtnisanordnungen für dritte Personen und die Bestimmung, dass ein Miterbe sowie der langjährige Steuerberater M des Erblassers zu Testamentsvollstreckern eingesetzt seien.

Nach dem Erbfall im Jahr 1995 nahmen der Miterbe L4 und der Steuerberater M das Testamentsvollstreckeramt gegenüber dem Nachlassgericht an.

In den Nachlass fiel umfangreiches Geld- und Immobilienvermögen in Deutschland sowie in der Schweiz. Der Wert des in Deutschland vorhandenen Nachlasses betrug ca. 8 Millionen DM; in der Schweiz hinterließ der Erblasser als Alleinaktionär die Firma J AG in A, zu deren Geschäftsführer ein Herr S2 bestellt war. Das Vermögen der J AG wurde vom Finanzamt C4 für die Erbschaftssteuer mit einem Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls von 3.412.551 Sfr = 4.133.111,00 DM veranschlagt. Zur Nachlassabwicklung wurde die J AG von beiden Testamentsvollstreckern bis zu ihrer Löschung im Jahr 1999 liquidiert.

Die Erben nach H haben den Mit- Testamentsvollstrecker M im Zusammenhang mit der von ihm ausgeübten Testamentsvollstreckung in verschiedenen Zivilprozessen und wegen unterschiedlicher Vorwürfe auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen:

In dem Verfahren 7 O 88/02 - Landgericht Dortmund = 10 U 166/04 - Oberlandesgericht Hamm ist von ihnen zum Teil erfolgreich eine Haftung wegen unterbliebener Beantragung der Erstattung der sogenannten "Verrechnungssteuer" nach eidgenössischen Steuerrecht geltend gemacht worden.

In dem Verfahren 4 O 62/05 Landgericht Detmold = 10 U 1/06 Oberlandesgericht Hamm hat die Miterbin Dr. L teils aus eigenem, teils aus abgetretenem Recht eine Haftung des Testamentsvollstreckers M wegen ihr angefallener Verzugszinsen infolge verspäteter Nachmeldung von Kapitalerträgen für 1997 und eine Haftung mit Blick auf die Reduzierung der Einkommenssteuerlast wegen § 35 Einkommenssteuergesetz a. F. geltend gemacht; diese - von dem vorliegenden Rechtsstreit abgetrennte - Klage ist rechtkräftig abgewiesen worden.

In dem Verfahren 12 O 63/05 - Landger...

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