Entscheidungsstichwort (Thema)

Elternunterhalt: Berücksichtigung einer privaten Altersvorsorge des Ehegatten des unterhaltspflichtigen Kindes

 

Leitsatz (amtlich)

Die für den Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen geltende Grenze für die Anerkennung einer zusätzlichen Altersvorsorge (5 % des Bruttoeinkommens) gilt nicht in gleicher Weise für seinen Ehegatten.

Zur Berechnung des Anspruchs auf Elternunterhalt (abweichend von OLG Düsseldorf, FamRZ 2007, 1684 ff.).

 

Normenkette

BGB § 1601; SGB XII §§ 43, 94

 

Verfahrensgang

AG Rheine (Urteil vom 02.03.2007; Aktenzeichen 18 F 135/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG Rheine vom 2.3.2007 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18.5.2007 teilweise dahin abgeändert, dass der Beklagte folgende Beträge an die Klägerin für Frau C, geb. am 30.12.1941 zu leisten hat:

für die Zeit von Mai 2004 bis März 2006 einschließlich 3.083 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.4.2006;

ab April 2006 monatlich 79 EUR und

ab September 2006 monatlich 167 EUR.

Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden der Klägerin zu ½ und dem Beklagten zu 2/3 auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu ¼ und der Beklagte zu ¾.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die am 30.12.1941 geborene Mutter des Beklagten bezieht seit dem 1.2.2004 aufgrund eines Schlaganfalls von der Klägerin Hilfe zur Pflege in Einrichtungen und Grundsicherungsleistungen in geringer Höhe. Die Klägerin macht aufgrund einer Rechtswahrungsanzeige vom 17.5.2004 übergegangene Unterhaltsansprüche seit Mai 2004 wegen der ungedeckten Kosten für die Heimpflege gegen den Beklagten geltend. Der Beklagte ist verheiratet. Seine Ehefrau ist ebenfalls erwerbstätig. Die Parteien streiten allein um die Leistungsfähigkeit des Beklagten aus laufendem Einkommen für die geltend gemachten Beträge.

Das AG hat der Klägerin 3.387 EUR für die Zeit vom 1.5.2004 bis zum 31.3.2006, sodann für die Zeit ab April 2006 monatlich 151 EUR und für die Zeit ab September 2006 monatlich 248 EUR zugesprochen. Zu den Einzelheiten der Berechnung wird auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen.

Mit der Berufung rügt der Beklagte,

  • dass eine Unterhaltspflicht angenommen worden ist, obwohl das Gesamteinkommen des Beklagten und seiner Ehefrau weniger als 100.000 EUR monatlich beträgt;
  • dass die im Schriftsatz vom 26.2.2007 vorgetragenen Aufwendungen zur Altersvorsorge nicht (vollständig) berücksichtigt worden seien;
  • die Berechnung seiner Leistungsfähigkeit für den Elternunterhalt müsse entsprechend der vom OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 8.2.2007 (FamRZ 2007, 1684-1686) dargelegten neuen Methode erfolgen.

Der Beklagte beantragt (sinngemäß), in Abänderung des Urteils des AG Rheine vom 13.4.2007 - 18 F 135/06, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Parteien sind darin übereingekommen, dass, abgesehen von den Berufungsangriffen des Beklagten, die Unterhaltsberechnung entsprechend dem beiderseitigen unstreitig gebliebenen Parteivortrag erfolgen kann.

II. Die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber seiner Mutter ist dem Grunde nach nicht im Streit.

I. Grundsätzlich besteht eine Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber seiner Mutter aus § 1601 BGB, die sich - entgegen den Ausführungen des AG - auch nicht auf die Deckung des Mindestbedarfs von 770 EUR beschränkt, da ersichtlich krankheits- oder altersbedingter Mehrbedarf besteht, der bei bestehender Leistungsfähigkeit von dem unterhaltspflichtigen Beklagten auch zu leisten wäre (Scholz, FamRZ 2004, 1829, 1831). Es ist zwischen den Parteien außer Streit, dass insoweit ein ungedeckter Bedarf der Mutter des Beklagten besteht, der weder durch die Grundsicherung, noch durch die Leistungen der Pflegeversicherung oder den Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehemann gedeckt wird und der auch so hoch ist, dass (neben der strittigen Frage des Anspruchsübergangs) allein die Leistungsfähigkeit des Beklagten die Höhe des Unterhaltsanspruchs begrenzt.

II. Der Übergang des Unterhaltanspruchs scheitert nicht, wie der Beklagte meint, an dem Nichterreichen einer Einkommensgrenze von 100.000 EUR. Der Anspruchsübergang hängt, soweit nicht Leistungen der Grundsicherung betroffen sind, nicht vom Überschreiten der Einkommensgrenzen des § 43 Abs. 2 SGB XII ab. Diese Einkommensgrenzen gelten nur für Leistungen der Grundsicherung. Sie sollen die Bedürftigen zur Inanspruchnahme der Leistungen der Grundsicherung ermutigen, indem diese nicht mit einer Inanspruchnahme ihrer Kinder durch den Sozialhilfeträger rechnen müssen. Dem korrespondiert auch der auf Leistungen der Grundsicherung beschränkte Ausschluss des Anspruchsübergangs nach § 94 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 SGB XII. Für die sonstigen Leistungen nach dem SGB XII gilt § 94 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 SGB XII dagegen erkennbar nicht. Die Vorschrift ist auch, weil sie ihren Anwendungsbereich genau beschreibt, nicht an...

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