Leitsatz (amtlich)

Der Rechtsanwalt, der die Vertretung der beklagten Partei in einem Zivilprozess übernimmt, hat u.a. die Passivlegitimation des Mandanten sorgfältig zu prüfen. Dem trägt der Anwalt nicht hinreichend Rechnung, wenn er Anlass hat, zu hinterfragen, ob sich aus dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien ein anderer Schuldner ergibt als aus dem gewählten Vertragswortlaut und der zugrunde liegenden Interessenlage, denn der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien bei Vertragsschluss ist selbst dann maßgeblich, wenn er im Vertragstext keinen oder nur einen unvollkommenen Ausdruck gefunden hat.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 280 Abs. 1, § 675; ZPO § 287 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 20.01.2011; Aktenzeichen 18 O 255/10)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.1.2011 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Essen wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Regresskläger ist Geschäftsführer eines Altkleiderverwertungsbetriebs (fortan: L-GmbH). Der Vermittler K und sein Unternehmen, die K-GmbH, vermittelten der L-GmbH Verträge bzw. Genehmigungen zur Aufstellung von Altkleidercontainern, u.a. in F und C. Am 22.6.1998 trat der Regresskläger zur Sicherung von Ansprüchen der von K geführten GmbH Ansprüche aus einer Lebensversicherung ab. K glaubte, dass die L-GmbH zahlungsunfähig werden könne.

Anlässlich einer 2001 anstehenden Neuausschreibung sollte K der LGmbH einen Vertrag über die Berechtigung zur Aufstellung von Altkleidercontainern vermitteln. Der Regresskläger oder die L-GmbH - das ist der maßgebliche Streitpunkt des Regressprozesses - schloss am 18.5.2000 eine Provisionsvereinbarung mit K. Die von K aufgesetzte Vereinbarung nennt im Rubrum den Regresskläger und K persönlich, nicht ihre Gesellschaften:

"Zwischen [dem Regresskläger],... und Herrn K. wird folgende Vereinbarung geschlossen".

Die Vermittlungsvereinbarung sieht im Wesentlichen folgendes vor:

[Der Regresskläger] betreibt mit seiner Firma ... L-GmbH,... einen Altkleiderverwertungsbetrieb und hat aus diesem Grund an einer Vielzahl von Standorten in NRW mit Genehmigung der entsprechenden Grundstückseigentümer, u.a. Städte und Gemeinde, Verträge abgeschlossen, die seine Firma zur Aufstellung entsprechender Container berechtigt.

Für die Stadt E. besitzen die Firma R. AG,... und die Firma R. GmbH,..., einen entsprechenden Aufstellungsvertrag für Altkleidercontainer, der zum 31.12.2000 ausläuft. Aus diesem Grund wird die Stadt E. kurzfristig eine Ausschreibung vornehmen und ab Januar 2001 die Aufstellungsberechtigung im Stadtgebiet E. für Altkleidercontainer neu vergeben.

Die L-GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer [den Regresskläger], erteilt hiermit Herrn K den Auftrag sich zu bemühen, dass die L-GmbH entsprechende Aufstellungsberechtigung für den Raum E. erhält ...

Sollte die L-GmbH diesen Vertrag für die Dauer von drei Jahren von der Stadt E. erhalten, erhält Herr K hierfür eine Vermittlungsprovision von 300 TDM netto. Sollte der Vertrag auf eine längere Laufzeit abgeschlossen werden, erhält Herr K für jedes weitere Jahr zusätzlich einen Betrag von 100 TDM netto ...

Auf die vereinbarte Provision ist bis zum 15.6.2000 von Herrn [Regresskläger] eine a.-Konto-Zahlung i.H.v. 100 TDM zu leisten. Der Restbetrag wird zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem sichergestellt ist, dass entsprechende vertragliche Vereinbarung zustande kommt ..."

Sowohl der Regresskläger als auch K unterzeichneten ohne Vertretungszusatz. Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts der Vereinbarung wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen.

Die L-GmbH erhielt für vier Jahre die Aufstellberechtigung. Der Regresskläger zahlte im Jahr 2001 25.000 DM an K. Der Regresskläger behauptete später ohne Erfolg, die Provisionsforderung insgesamt beglichen zu haben; die Quittungen seien bei einem privaten Umzug abhanden gekommen.

Später nahm K den Regresskläger auf Zahlung der Restprovision in Anspruch. Eine Verwertung seiner Lebensversicherung unterband der Regresskläger, anwaltlich vertreten durch den Regressbeklagten, mittels einer mit Schriftsatz vom 28.11.2002 (Anlage K 15) beantragten und erlassenen einstweiligen Verfügung (2 O 261/02 - LG Essen).

K erhob mit der Klageschrift vom 23.1.2003 (Anlage K 18) Klage gegen den Regresskläger auf Zahlung der Restprovision (3 O 34/03 - LG Essen; Vorprozess). In der Klageschrift heißt es u.a.:

"Der [Regresskläger] beauftragte [K] mit Vertrag vom 18.5.2000 damit, sich darum zu bemühen, dass [der Regresskläger] einen Altkleiderverwertungsvertrag für das Stadtgebiet E. erhält. Zwischen den Parteien war vereinbart, dass ..., sofern es ihm gelingt, für die Firma ...

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