Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsausübungssperre bei Unterhaltsregress des Scheinvaters

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Inanspruchnahme des wirklichen Vaters durch den Scheinvater ist gem. § 1600d Abs. 4 BGB erst möglich, wenn die Vaterschaft in einem Verfahren gem. § 1600e BGB festgestellt worden ist. Antragsberechtigt sind der wirkliche Vater, das Kind oder die Mutter.

 

Normenkette

BGB §§ 1600d, 1600e, 1607 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Warendorf (Urteil vom 24.07.2006; Aktenzeichen 9 F 26/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.10.2008; Aktenzeichen XII ZR 46/07)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 24.7.2006 verkündete Urteil des AG - FamG - Warendorf wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht deBeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt den Beklagten im Wege des Scheinvaterregresses in Anspruch.

Der Kläger ist seit 1985 verheiratet. Am 19.1.1990 wurde das Kind M2 geboren.

Im Januar 2004 erfolgte die Trennung des Klägers und seiner Ehefrau, der Zeugin M.

Durch Urteil des AG Bad Iburg vom 18.4.2005.- 5 F 723/04 KL - wurde festgestellt, dass der Kläger nicht der Vater des Kindes ist.

Er behauptet, der Beklagte sei der Vater des Kindes. Das habe ihm seine Frau Anfang 2004 gestanden und auch anlässlich eines Gesprächs beim Jugendamt P im Mai 2004 mitgeteilt.

Entsprechend hat das Jugendamt P in seiner unter dem 14.1.2005 erfolgten Stellungnahme im Vaterschaftsanfechtungsverfahren geäußert.

Der geschlechtliche Verkehr des Beklagten mit der Zeugin M während der gesetzlichen Empfängniszeit ist unstreitig.

Die Vaterschaft zu dem Kind ist weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt. Eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft ist nicht erhoben worden.

Nachdem bei M2 im August 2006 Leukämie diagnostiziert worden ist, hat sich der Beklagte ggü. der Zeugin bereit erklärt, testen zu lassen, ob er als Knochenmarkspender in Betracht kommt. Dieser Test dürfe aber nicht zur Feststellung der biologischen Vaterschaft dienen.

Mit Schreiben vom 11.4.2005 und vom 9.12.2005 forderte der Kläger den Beklagten - unter Zusicherung der Kostenübernahme - auf, ein Vaterschaftsgutachten erstellen zu lassen

Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zunächst mit Schreiben vom 13.12.2005 mitgeteilt hatte, er werde seinem Mandanten empfehlen, den Test machen zu lassen, lehnte der Beklagte in der Folgezeit die Durchführung eines Tests ab.

Der Kläger behauptet ein monatliches Nettoeinkommen des Beklagten i.H.v. mindestens 2.200 EUR und auf dieser Grundlage einen monatlichen Unterhaltsanspruch des Kindes i.H.v. 307 EUR.

Der Beklagte hat durch Auskunft seines Arbeitgebers sein Jahresbruttoeinkommen 2003 mit 19.740,92 EUR beziffert.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Erstattung der Unterhaltsbeträge für Juni und Juli 2003 in Anspruch. Außerdem verlangt er die Erstattung der nicht festsetzungsfähigen Kosten, die ihm durch die außergerichtliche Inanspruchnahme seines Anwaltes entstanden sind.

Er hat beantragt, den Kläger zur Zahlung von 614 EUR sowie von 58,81 EUR nebst 5 % über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.

Das AG hat die Klage dem Antrag des Beklagten entsprechend abgewiesen und ausgeführt, die Klage scheitere an § 1600d Abs. 4 BGB, weil die Vaterschaft des Beklagten nicht in dem dafür gem. § 1600e BGB vorgesehenen Verfahren festgestellt sei.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt.

Seiner Auffassung nach ist die Berufung des Beklagten auf die Regresssperre treuwidrig, denn ihm entstünden durch den Vaterschaftstest keine Kosten und Interessen des Kindes stünden einer Feststellung der Vaterschaft des Beklagten nicht entgegen. Vielmehr würden dessen Interessen durch den bestehenden Zustand, in dem außer der Mutter niemand dem Kind unterhaltspflichtig sei, erheblich beeinträchtigt.

Der Beklagte streitet für das angefochtene Urteil.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin M.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Anhörung der Parteien im Termin vor dem Senat wird Bezug genommen auf den Berichtererstattervermerk zum Senatstermin vom 24.1.2007.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Grundsätzlich sind die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen seinen wirklichen Vater auf den Kläger, soweit er Unterhalt gewährt hat, gem. § 1607 Abs. 3 S. 2 BGB übergegangen.

Gemäß § 1600d Abs. 4 BGB ist eine Inanspruchnahme erst möglich, wenn die Vaterschaft in dem Verfahren gem. § 1600e BGB festgestellt worden ist.

Dadurch ist auch der Kläger gehindert, den Beklagten auf gem. § 1607 Abs. 3 BGB übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen.

Die Voraussetzungen einer Ausnahme von dieser Rechtsausübungssperre konnte der Senat vorliegend nicht feststellen.

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