Leitsatz (amtlich)

Nr. 5 Abs. 1 AGB-Sparkassen ist im Verkehr mit Verbrauchern nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB unwirksam.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 1-2; UKlaG §§ 1, 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; AGB-Sparkassen Nr. 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 17.02.2012; Aktenzeichen 25 O 650/11)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 08.10.2013; Aktenzeichen XI ZR 401/12)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des LG Dortmund vom 17.2.2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

(§ 540 ZPO)

A. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit folgender Klauseln, die die beklagte Sparkasse unter Nr. 5 (1) ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Anlage K2) verwendet:

"(1) Erbnachweise

Nach dem Tode des Kunden kann die Sparkasse zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins, eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher gerichtlicher Zeugnisse verlangen; fremdsprachige Urkunden sind auf Verlangen mit deutscher Übersetzung vorzulegen.

Die Sparkasse kann auf die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des Kunden sowie die Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorgelegt wird."

Der Kläger, der in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 4 UKlaG eingetragen ist, hat die Beklagte mit Schreiben vom 31.8.2011 erfolglos abgemahnt, die weitere Verwendung der streitgegenständlichen Klauseln zu unterlassen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.

Mit seiner Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, diese oder inhaltsgleiche Klauseln gegenüber Verbrauchern zu verwenden. Darüber hinaus verlangt er die Erstattung von Abmahnkosten i.H.v. insgesamt 214 EUR nebst Zinsen. Der Kläger hält die beanstandeten Klauseln für unwirksam. Er hat erstinstanzlich mit näheren Ausführungen die Ansicht vertreten, die streitgegenständlichen Klauseln verstießen gegen § 307 Abs. 1 BGB und 309 Nr. 7 BGB. Die Beklagte hat unter näherer Darlegung die Gegenauffassung vertreten. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz und der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klauseln verstießen gegen § 307 Abs. 1 BGB und 309 Nr. 7 BGB. Sie benachteiligten bei der vorliegend maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung den Verbraucher entgegen Treu und Glauben unangemessen. Denn nach dem Wortlaut der Klauseln liege es im freien Ermessen der Beklagten, die Vorlage eines Erbscheins oder Testamentsvollstreckerzeugnisses zu verlangen oder sich mit der Vorlage einer Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift des Testaments oder Erbvertrages sowie der Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung zu begnügen. Die Wahl, wie und in welcher Form er den ihm obliegenden Nachweis seiner Erbenstellung erbringe, liege aber beim Erben. Nach der Rechtsprechung des BGH müsse der Erbe sein Erbrecht nicht zwingend durch Vorlage des Erbscheins nachweisen, sondern der Nachweis könne auch in anderer geeigneter Form erbracht werden. Für die Beurteilung, ob das Beweismittel geeignet sei, bedürfe es jeweils einer Interessenabwägung im Einzelfall und gerade eine solche ließen die streitgegenständlichen Klauseln bei kundenfeindlichster Auslegung nicht zu. Hinzu komme, dass die Klausel bei kundenfeindlichster Auslegung dazu führe, dass der Erbe sich durch die Klausel gehindert sehe, Schadensersatzansprüche geltend zu machen, selbst wenn die Beklagte ihre Entscheidung, ob (weiterhin) ein Erbschein verlangt werde, grob fahrlässig fehlerhaft getroffen haben sollte.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen.

Mit der dagegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Sie rügt, das LG habe zur Bejahung einer unangemessenen Benachteiligung unzutreffend maßgeblich auf die bzw. den wahren Erben des ursprünglichen Kunden abgestellt. Abzustellen sei indes auf die Interessen der Vertragsparteien bei Vertragsschluss. Es liege auch im Interesse des Erblasers, dass bei Zweifelsfällen lieber die verhältnismäßig geringen Kosten für die Beantragung eines Erbscheins zu Lasten der Erbmasse gingen, als dass sich das wesentlich größere Risiko realisiere, dass das Vermögen an den Falschen ausgezahlt werde.

Das Urteil sei aber auch deshalb unrichtig, weil im Rahmen der richterlichen Kontrolle der AGB zunächst die gesetzgeberische Grundentsche...

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