15. Unterhaltsbedarf

15.1

(1) Der Anspruch eines Ehegatten wird begrenzt durch den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 BGB). Die ehelichen Lebensverhältnisse werden grundsätzlich durch die Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind. Umstände, die auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären, und Umstände, die bereits in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren, sind zu berücksichtigen. Dies gilt für normale absehbare weitere Entwicklungen von Einkünften aus derselben Einkommensquelle, wie für übliche Lohnerhöhungen, sowie einen nicht vorwerfbaren nachehelichen Einkommensrückgang, etwa durch Arbeitslosigkeit, Eintritt in das gesetzliche Rentenalter oder Krankheit.

(2) Ist der Pflichtige wieder verheiratet, berechnet sich der Bedarf des früheren Ehegatten aufgrund einer fiktiven Besteuerung der Einkünfte des Pflichtigen nach der Grundtabelle, also ohne den Splittingvorteil.

(3) Unterhaltsleistungen, die während der Ehe für Kinder erbracht worden sind, prägen die Ehe und sind daher bei der Bedarfsberechnung grundsätzlich vorweg in Abzug zu bringen. Zu den bei der Bedarfsberechnung zu beachtenden Umständen gehört auch das Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter bis zur rechtskräftigen Ehescheidung.

(4) Auch ein Unterhaltsanspruch aus § 1615l BGB, den der betreuende Elternteil eines vor der Rechtskraft der Scheidung geborenen Kindes hat, prägt die ehelichen Lebensverhältnisse.

(5) Dagegen sind die Unterhaltspflichten für ein nach Rechtskraft der Scheidung geborenes Kind, gegenüber dessen betreuenden Elternteil nach § 1615l BGB sowie gegenüber einem späteren Ehegatten bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 S.1 BGB nicht zu berücksichtigen.

(6) Der Bedarf eines späteren Ehegatten wird durch die Unterhaltslast des Pflichtigen aus einer früheren Ehe geprägt und gemindert (vgl. Nr. 24.3.3).

(7) Als Existenzminimum des unterhaltsberechtigten Ehegatten kommt – einschließlich evtl. trennungsbedingten Mehrbedarfs – in der Regel ein Betrag von 960 EUR in Betracht. Bei Vorteilen aus dem Zusammenleben mit einem leistungsfähigen Partner kann dieser Betrag herabgesetzt werden.

15.2

Halbteilung, Erwerbstätigenbonus und Berechnungsmethoden

15.2.1

Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, wobei jedoch Erwerbseinkünfte nur zu 6/7 zu berücksichtigen sind (Abzug von 1/7 Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Einkommen). Besteht Anspruch auf angemessenen Unterhalt (§§ 1361, 1569 ff BGB) und verfügt der Berechtigte nicht über eigenes Einkommen, schuldet der Pflichtige danach in der Regel 3/7 seines verteilungsfähigen Erwerbseinkommens und 1/2 seiner sonstigen anrechenbaren Einkünfte.

15.2.2

Hat der Berechtigte eigenes Erwerbseinkommen, kann er 3/7 des Unterschiedsbetrages zum Erwerbseinkommen des Pflichtigen und 1/2 des Unterschiedsbetrages sonstiger eheprägender Einkünfte beider Ehegatten beanspruchen (Differenzmethode). Beim Zusammentreffen von Erwerbseinkommen mit anderen Einkünften empfiehlt sich aus Gründen der Übersichtlichkeit die Anwendung der Additionsmethode, die zum gleichen Ergebnis führt wie die Differenzmethode (Beispiel zu den Berechnungsmethoden siehe Anhang III).

15.2.3

(1) Nach der Anrechnungsmethode zu berücksichtigen sind Einkünfte des Berechtigten aus Vermögen, das in der Ehe nicht für den Lebensunterhalt zur Verfügung stand, sowie Einkünfte aus dem vom Pflichtigen geleisteten Altersvorsorgeunterhalt.

(2) Zu Einkünften des Berechtigten aus überobligatorischer Erwerbstätigkeit wird auf Nr. 17.3 verwiesen.

15.2.4

Bei der Berechnung des Erwerbstätigenbonus und der Quote von 3/7 bzw. 1/2 ist von den Mitteln auszugehen, die den Ehegatten nach Vorwegabzug ihrer zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten (z.B. Beiträge zur Alters-, Kranken- und Pflegeversicherung, Kredit- und Sparraten, berufsbedingte Aufwendungen) und des Zahlbetrags des Kindesunterhalts noch für den Verbrauch zur Verfügung stehen.

15.3

Bei besonders günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen ist in der Regel eine konkrete Bedarfsberechnung erforderlich. Von besonders günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen kann in der Regel bei einem Familieneinkommen in Höhe von 11.000 EUR ausgegangen werden, wobei die Einkünfte vorab um vorrangigen Kindesunterhalt, sonstige eheprägende Unter-haltsverpflichtungen, berufsbedingte Aufwendungen und etwaige weitere berücksichtigungsfähige Positionen, nicht aber einen Erwerbsbonus zu bereinigen sind. Einkünfte des Berechtigten sind ohne Erwerbstätigenbonus auf den Bedarf anzurechnen.

15.4

Vorsorgebedarf

15.4.1

Aufwendungen für eine notwendige Kranken- und Pflegeversicherung des berechtigten Ehegatten sowie die Kosten der Altersvorsorge (Altersvorsorgeunterhalt) können zusätzlich verlangt werden. Diese Kosten sind bei der Berechnung der 3/7- bzw. 1/2 Quote vorab vom anrechenbaren Einkommen des Pflichtigen abzuziehen.

15.4.2

Der Altersvorsorgeunterhalt (§ 1578 Abs. 3 BGB) wird in Anknüpfung an den dem Berechtigten zustehenden Elementarunterhalt ...

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