Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung der Teilungserklärung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Öffnungsklausel, die sich auf die in einem vorangegangenen Absatz geregelte Kostenverteilung für die „Betriebskosten” bezieht, derzufolge bestimmte Kostenarten nach Verbrauch, die übrigen Kosten nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile umgelegt werden sollen, ist dahin auszulegen, dass sie sich auch auf Instandsetzungskosten erstreckt.

 

Normenkette

WEG § 10

 

Verfahrensgang

LG Münster (Beschluss vom 31.03.2003; Aktenzeichen 3 T 60/02)

AG Münster (Beschluss vom 06.08.2002; Aktenzeichen 28 II 30/02 WEG)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG vom 6.8.2002 werden jeweils mit Ausnahme der Wertfestsetzung aufgehoben.

Die Anträge der Beteiligten zu 1) werden zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 1) tragen die Gerichtskosten des Verfahrens in allen Instanzen; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die Miteigentümer der vorbezeichneten Wohnungseigentumsanlage; der Beteiligte zu 3) ist der derzeitige Verwalter. Die Anlage umfasst in 17 Hausblöcken mit jeweils zwei Hauseingängen insgesamt 184 Wohnungen, die in den 60er Jahren als sog. NATO-Wohnungen zur Unterbringung britischer Soldaten errichtet wurden. Nach Beendigung der früheren Nutzung erfolgte die Begründung von Wohnungseigentum durch Teilungserklärung vom 9.10.1981 (UR-Nr. II 1681/1981 Notar …). In der Teilungserklärung heißt es auszugsweise:

㤠12

Lasten und Kosten

1. In Ergänzung und teilweiser Abänderung des § 16 WEG wird Folgendes bestimmt:

a) Kapitaldienstlasten sind von dem jeweiligen Wohnungseigentümer unmittelbar an die Gläubiger zu zahlen.

b) Betriebskosten

Die Wohnungseigentümer müssen alle Betriebskosten gemeinsam tragen; dabei werden die Kosten der Beheizung und für Warmwasser durch besondere Abrechnung ermittelt, die Kosten der Gemeinschaftsantenne, der Garten- und Außenanlage, die übrigen Betriebskosten (z.B. öffentliche Abgaben, Versicherungen und dergleichen) werden im Verhältnis der Miteigentumsanteile auf die Wohnungseigentümer umgelegt.

Die auf die einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Kostenanteile sind Teile der Belastung und an den Verwalter zu zahlen.

c) Die Verwaltungskosten sind für jedes Wohnungseigentum gleich zu bemessen. Einzelheiten über die Höhe und Abweichungen für Sondereigentum an Garagen werden im Verwaltervertrag geregelt.

d) Versicherungen

Für das Sondereigentum und das gemeinschaftliche Eigentum als Ganzes werden folgende Versicherungen abgeschlossen:

e) Die Wohnungseigentümer sind zur Ansammlung einer Instandhaltungsrücklage für das gemeinschaftliche Eigentum verpflichtet. …

2. Eine Änderung der in Abs. 1 vorgesehenen Verteilungsschlüssel kann von der Wohnungseigentümerversammlung mit Stimmenmehrheit beschlossen werden.”

In der Eigentümerversammlung vom 16.5.1994 wurden folgende Beschlüsse gefasst, die nicht angefochten worden sind:

„TOP 3.1 Kostenverteilung auf kleinstmögliche Bezugsgröße

Nach kurzer Diskussion … wurde einstimmig beschlossen: Beginnend mit der Jahresabrechnung 1994 wird als Bezugsgröße für die Kostenverteilung die jeweils kleinstmögliche Einheit genommen. Die Instandsetzungsrücklage soll nur für Maßnahmen verwendet werden, die die Gesamtanlage betreffen. …

TOP 8 Herabsetzung der Beschlussebene auf die kleinstmögliche Einheit

Einstimmig wurde beschlossen: Die Beschlussebene wird auf die kleinstmögliche Einheit von Wohnungseigentümern herabgesetzt. Diese bedeutet, über die Sanierung von Treppenhäusern entscheiden die Eigentümer eines Hauseingangs, über die Sanierung einer Außenfassade entscheiden die Eigentümer des jeweiligen Blockes, wobei als Block ein für sich allein stehendes Gebäude bezeichnet wird (zwei Hauseingänge). Gegen den Rat des Verwalters beschlossen die Eigentümer, dass für die Art der Sanierungen der Außenfassade eines Blockes eine 2/3 Mehrheit des Blockes erforderlich ist. …”

Der Beteiligte zu 3) hat am 16.3.2002 eine (Teil-)Eigentümerversammlung der Miteigentümer des Hausblocks 29/31 durchgeführt. Gegen die Stimme der Beteiligten zu 1) wurde zu Tagesordnungspunkt 3.1 mehrheitlich beschlossen, den Architekten F. mit der Prüfung von Sanierungsmöglichkeiten und der Entwicklung eines Sanierungskonzepts für die Giebelwand dieses Hausblocks zu beauftragen. Der letzte Satz der Beschlussfassung lautet: „Die Ausschreibung und die Bauaufsicht wird für jeden Häuserblock getrennt berechnet.” Das Protokoll enthält weiter zu Tagesordnungspunkt 3.4 die Ankündigung des Beteiligten zu 3), die Kostenverteilung wie in den letzten Jahren auf die kleinstmögliche Einheit vornehmen zu wollen.

Die Beteiligten zu 1) haben mit einem bei dem AG am 7.4.2002 eingegangenen Antrag vom 9.4.2002 beantragt,

1) den zu Tagesordnungspunkt 3.1 gefassten Beschluss der Eigentümerversammlung vom 16.3.2002 hinsichtlich des zuvor zitierten letzten Satzes für ungültig zu erklären,

2) fes...

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