Leitsatz (amtlich)

Die in einem außergerichtlichen Vergleich getroffene Regelung, nach der sich die Vertragsparteien insoweit einig sind, dass die Kosten bezüglich des entsprechenden Verfahrens insgesamt gegeneinander aufgehoben werden, führt zur Unzulässigkeit eines Antrages auf Erlass einer Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO.

Die vergleichsweise Kostenregelung ist regelmäßig dahin auszulegen, dass Kosten eines Rechtsmittelverfahrens, über die ein Beschluss gem. § 516 Abs. 3 ZPO ergangen ist, nicht erfasst werden.

 

Normenkette

ZPO § 91 a Abs. 1, § 98 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 9 O 34/19)

 

Tenor

Die in dem angefochtenen Beschluss enthaltene Kostenentscheidung wird aufgehoben. Es wird klargestellt, dass es bezüglich der Kosten des Berufungsverfahrens und des Streitwertes für das Berufungsverfahren bei dem Beschluss des Senats vom 24.09.2019 verbleibt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.941,42 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Parteien sind Geschwister und zu je 1/2 Miterben in gesetzlicher Erbfolge nach ihrer am 00.00.2016 verstorbenen Mutter. Eine vollständige Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft war nicht erfolgt, da die Parteien keine Einigkeit über den Wert der Immobilie A-Straße ... in B, die mit einem Wohnungsrecht zugunsten der Beklagten belastet war, erzielen konnten. Der Kläger machte im Wege der Stufenklage Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen die Beklagte geltend. Die auf der ersten Stufe vom Kläger verlangte Auskunft durch Ermittlung des Wertes der Immobilie wurde vom Landgericht durch Teilurteil vom 12.06.2019 abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung nahm der Kläger mit Schriftsatz vom 20.09.2019 zurück. Durch Senatsbeschluss vom 24.09.2019 wurden ihm die Kosten der Berufung gemäß § 516 Abs. 3 ZPO auferlegt. Die Parteien einigten sich am 15.07.2020 über die Erbauseinandersetzung. In § 7 der notariellen Urkunde trafen sie eine Kostenregelung mit folgendem Inhalt: "Erledigung des Rechtsstreites LG Essen, Az. 9 O 34/19: Die Erschienenen verpflichten sich wechselseitig, den Rechtsstreit LG Essen, Az. 9 O 34/19, für erledigt zu erklären. Die Vertragsparteien sind sich insoweit einig, dass die Kosten bezüglich des entsprechenden Verfahrens insgesamt gegeneinander aufgehoben werden." Der Kläger erklärte daraufhin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 24.07.2020 den Rechtsstreit insgesamt für erledigt und wies darauf hin, dass es einer gerichtlichen Kostenentscheidung nicht bedürfe, da die Kosten in dem notariellen Vertrag geregelt worden seien. Mit Schriftsatz vom 28.07.2020 informierte auch die Beklagte das Landgericht Essen über die außergerichtliche Einigung und die darin enthaltene Kostenregelung. Unter dem 25.08.2020 beantragte der Kläger die Gerichtskosten beider Instanzen gegen die Beklagte auszugleichen sowie die bereits am 07.12.2019 der Beklagten erstatteten außergerichtlichen Kosten rückfestzusetzen. Nachdem das Landgericht auf das Fehlen einer Kostengrundentscheidung hingewiesen hatte, beantragte der Kläger, die Kosten erster und zweiter Instanz gegeneinander aufzuheben.

Der Kläger hat vorgetragen, in der Kostenregelung in dem Vergleich sei nicht ausdrücklich bestimmt worden, dass zwischen den Instanzen zu trennen sei. Die Angelegenheit sei zwischen den Parteien abschließend, also auch hinsichtlich der Kosten beider Instanzen, geregelt worden. Deshalb seien die Kosten beider Instanzen gegeneinander aufzuheben.

Dem ist die Beklagte entgegengetreten und hat vorgetragen, dass die Kostenregelung in § 7 der notariellen Urkunde lediglich die Kosten der ersten Instanz betreffe. Die Kosten des Berufungsverfahrens seien dem Kläger bereits durch Senatsbeschluss auferlegt worden.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben und den Streitwert auf 108.250,00 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei sachgerechter Auslegung der Vereinbarung sei es nicht angezeigt, für die verschiedenen Instanzen unterschiedliche Kostenquoten zu bestimmen. Die Parteien hätten in Kenntnis des anhängigen Berufungsverfahrens vereinbart, die Kosten des Rechtsstreits "insgesamt" gegeneinander aufzuheben. Davon seien sowohl die Kosten der ersten als auch der zweiten Instanz umfasst.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten, die sich gegen die Einbeziehung der Kosten des Berufungsverfahrens richtet. Sie hält die Kostenentscheidung für nicht zutreffend und trägt vor, bei Vertragsschluss sei das Berufungsverfahren nicht mehr anhängig gewesen. Auch seien die Kosten des Berufungsverfahrens vom Kläger bereits erstattet gewesen. Die Kostenregelung des Vergleichs betreffe ausdrücklich nur die Kosten des Rechtsstreits vor dem Landgericht Essen. Die Regelung, nach der die Kosten "insgesamt" aufgehoben werden, könnten nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass auch die Kosten des Berufungsverfahrens davon umfasst seien. Nach ...

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