Verfahrensgang

AG Bonn (Aktenzeichen 10 C 267/88)

LG Bonn (Aktenzeichen 6 S 333/89)

 

Tenor

Entfällt bei einer bislang preisgebundenen Wohnung infolge Rückzahlung öffentlicher Darlehn die Preisbindung, so sind bei der Berechnung der Ausgangsmiete für ein Mieterhöhungsverlangen nach § 2 MHG und die dort vorgesehene „Kappungsgrenze” des § 2 Abs. 1 Ziffer 3 MHG die während der Preisbindung wegen Kapitalkostensteigerungen vorgenommenen Mietzinserhöhungen nicht abzuziehen; § 5 Abs. 3 Satz 2 MHG ist insoweit nicht entsprechend anwendbar.

 

Tatbestand

I.

Die Beklagten sind seit 1959 Mieter einer Wohnung, welche ursprünglich der Wohnungsbindung unterlag. Die Preisbindung lief nach Ablösung der Bundesdarlehen Ende 1986 aus. Die Klägerin war Eigentümerin der vorgenannten Wohnung in der Zeit vom 18.08.1987 bis zum 08.06.1989.

Mit Schreiben vom 22.02.1988 verlangte die Klägerin unter Angabe von 5 Vergleichswohnungen die Zustimmung zur Erhöhung der Teilinklusivmiete von zuletzt 546,95 DM auf 680,00 DM mit Wirkung ab dem 01.05.1988, wobei sie eine Erhöhung des von ihr mit 445,68 DM errechneten Nettomietzinses um 30 % (133,70 DM) auf 579,38 DM zugrundelegte. Letztmals war die Miete während der Preisbindung ab 01.04.1983 infolge Erhöhung der Kapitalkosten angehoben worden.

Auf die Ablehnung der Beklagten hin hat die Klägerin ihr Mieterhöhungsverlangen klageweise geltend gemacht. Die Beklagten haben ihre Zustimmungsverweigerung unter anderem damit begründet, daß bei der Berechnung der Ausgangsmiete die Bestimmung des § 5 Abs. 3 Satz 2 MHG unberücksichtigt geblieben sei. In zumindest analoger Anwendung dieser Vorschrift hätte nach Beendigung der Preisbindung durch Tilgung der öffentlichen Darlehn die Miete zunächst um die zuvor seit dem 01.01.1973 wegen Erhöhung der Kapitalkosten erfolgten Mieterhöhungen (mindestens 116,09 DM) herabgesetzt werden müssen. Nur auf den insoweit reduzierten Ausgangsmietzins sei der nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 MHG höchstzulässige Mietaufschlag von 30 % zu berechnen.

Die Klägerin hat demgegenüber die Auffassung vertreten, für eine analoge Anwendung von § 5 Abs. 3 Satz 2 MHG sei kein Raum, da nach Beendigung der Preisbindung eine durch Analogie zu schließende Regelungslücke nicht vorhanden sei und im übrigen die der Mieterhöhung für preisfreien Wohnraum nach § 5 MHG und der Erhöhung wegen Kapitalkostensteigung einer preisgebundenen Wohnung nach Maßgabe der Neubaumietenverordnung zugrundeliegenden Sachverhalte und Interessenlagen nicht vergleichbar seien.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben mit der Begründung, eine analoge Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 2 MHG sei nicht möglich, so daß Ausgangsmiete für die von der Klägerin nach § 2 MHG verlangte Mieterhöhung der zuvor geschuldete Mietzins sei, der dem zuletzt während der Zeit der Preisbindung geltenden Mietzins entspreche. Dementsprechend betrage die verlangte Mieterhöhung nicht mehr als 30 %, so daß die „Kappungsgrenze” des § 2 Abs. 1 Nr. 3 MHG nicht überschritten werde.

Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht, das im Ausgangsfall eine analoge Anwendung von § 5 Abs. 3 S. 2 MHG ebenfalls ablehnen möchte, hat dem Senat gemäß Art. III MÄG folgende Rechtsfrage zum Rechtsentscheid vorgelegt:

Ist der Vermieter einer bisher preisgebundenen Wohnung nach Beendigung der Preisbindung verpflichtet, die Miete in analoger Anwendung von § 5 Abs. 3 Satz 2 MHG um den Betrag der während der Preisbindung wegen Erhöhungen der Kapitalkosten vorgenommenen Mietzinserhöhungen herabzusetzen?

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Vorlage ist zulässig gemäß Art. III Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz des 3. MÄG.

Sie bezieht sich auf eine Rechtsfrage aus einem Mietverhältnis über Wohnraum. Für die Zulässigkeit der Vorlage ist es nicht erforderlich, daß das Mietverhältnis der Parteien noch besteht (vgl. Schmitt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetz 6. Aufl., Rz. G 5). Es ist daher unbeachtlich, daß die Klägerin wegen zwischenzeitlicher Veräußerung der Wohnung nicht mehr deren Eigentümerin und Vermieterin ist. Soweit ersichtlich ist, ist die Vorlagefrage bisher nicht durch Rechtsentscheid entschieden worden.

Sie ist von grundsätzlicher Bedeutung. Das ergibt sich zwar nicht unbedingt daraus, daß bei der vorlegenden Kammer offenbar eine größere Anzahl gleichgelagerter Fälle anhängig und in diesen das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden ist, um den Ausgang des vorliegenden Verfahrens abzuwarten. Erforderlich ist vielmehr das Bestehen einer klärungsbedürftigen, vorbehaltlich enger Ausnahmen bisher höchstrichterlich nicht entschiedenen Frage von grundsätzlicher und damit allgemeiner Bedeutung. Dabei dürfen sich die Auswirkungen der Entscheidung in quantitativer Sicht nicht in einer Regelung der Beziehungen der Parteien – auch über das eigentliche Streitobjekt hinaus – erschöpfen, sondern es muß eine unbestimmte Vielzahl von Fällen getroffen werden (Schmitt-Futterer/Blank a.a.O., Rz. G 11, Vogel NJW 1975, 1297, 1300). Es ist nicht zwingend erforderlich, daß die Rechtsfrage ...

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