Verfahrensgang

AG Münster (Aktenzeichen 47 F 362/03)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 11.09.2007; Aktenzeichen XII ZB 109/04)

 

Tenor

Der Antrag des Beklagten und Berufungsklägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

 

Gründe

I. Der Beklagte hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten erster Instanz am 14.7.2003 zugestellte, am 8.7.2003 verkündete Urteil des AG Münster mit einem am 6.8.2003 eingegangenen Schriftsatz vom 5.8.2003 Berufung eingelegt und diese mit einem am 25.9.2003 eingegangenen Schriftsatz begründet, verbunden mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung.

Der Beklagte hat vorgetragen, dass mit Schriftsatz vom 9.9.2003 ein Antrag auf Fristverlängerung gefertigt worden sei.

Dieser sei von einer im zweiten Lehrjahr befindlichen Auszubildenden zur Poststelle des OLG gebracht worden. Dort sei der Eingang auf einem Exemplar des Schriftsatzes quittiert worden. Die Auszubildende habe dann das Original des Schriftsatzes nebst Anlagen wieder mitgenommen, um diese mit den von ihr zurück-zugebenen Gerichtsakten bei der Geschäftsstelle des 13. Familiensenates abzugeben. Dies sei erfolgt, eine Quittung über die Rückgabe der Gerichtsakte befinde sich in der Handakte.

Dass ein entsprechender Schriftsatz nicht zu den Gerichtsakten genommen worden sei, sei erst bei erneuter Anforderung der Gerichtsakten anlässlich einer Besprechung am 22.9.2003 festgestellt worden.

Die fehlende Quittierung des Einganges des Fristverlängerungsantrages sei auch nicht anlässlich der Kontrolle der im Fristenkalender auf den 15.9.2003 notierten Frist erfolgt. Die Kontrolle obliege an den Tagen der Abwesenheit der Prozessbevollmächtigten des Beklagten einer dort seit 15 Jahren tätigen Angestellten, an den Tagen der Abwesenheit dieser Angestellten bzw. an den Nachmittagen ihrer Abwesenheit, so auch am 15.9.2003 einer im dritten Lehrjahr befindlichen Auszubildenden. Diese führe die Aufgabe sorgfältig und zuverlässig bereits seit Beginn des zweiten Lehrjahres aus.

Die Klägerin ist dem Antrag auf Wiedereinsetzung entgegen getreten.

II. Der zulässige Antrag auf Wiedereinsetzung ist nicht begründet. Die am 15.9.2003 ablaufende Notfrist zur Einlegung der Berufungsbegründung gem. § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist versäumt.

Der Beklagte hat nicht in ausreichender Weise dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, diese in § 233 ZPO genannte Notfrist einzuhalten.

1. Einer Beweiserhebung über die Frage, ob tatsächlich entsprechend dem Vorbringen des Beklagten am 9.9.2003 der Schriftsatz mit dem Fristverlängerungsantrag auf der Geschäftsstelle des 13. Familiensenates abgegeben worden ist, bedarf es nicht. Nur dann, wenn die Einreichung eines Schriftsatzes zur Wahrung der in § 233 ZPO genannten Fristen behauptet wird, ist darüber ggf. Beweis zu erheben. Geht es bei der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist um die Frage der rechtzeitigen Einreichung eines Erfolg versprechenden Fristverlängerungsantrages, so handelt es sich um einen Fall der Wiedereinsetzung (vgl. dazu Zöller/Greger, § 233 Rz. 23 "Gerichtseinlauf" am Ende sowie, a.a.O., Rz. 9).

2. Die von dem Beklagten vorgetragenen Umstände rechtfertigen nicht die Annahme, dass die Nichteinhaltung der Berufungsbegründungsfrist nicht auf ein gem. § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruhte. Nach dem Vorbringen des Beklagten hat die mit der Abgabe des Schriftsatzes beauftragte Auszubildende die ihr von der Poststelle übergebene Quittung über den Eingang nicht zur Handakte genommen. Eine andere, mit der Fristenkontrolle beauftragte Auszubildende hat die für den 15.9.2003 im Fristenkalender notierte Frist nicht beachtet. Daher wurde das Fehlen der Empfangsquittung zu diesem Zeitpunkt nicht bemerkt.

Zwar muss sich eine Partei das Versehen des Personals seiner Prozessbevollmächtigten nicht zurechnen lassen. Fehler des Büropersonals dürfen jedoch nicht auf eigenes Verschulden des Anwaltes zurückzuführen sein. Ein eigenes Verschulden kann insbesondere in mangelhafter Büroorganisation, mangelnder Sorgfalt bei Auswahl, Belehrung und Überwachung des Personals liegen, wobei an diese Pflichten sehr hohe Anforderungen gestellt werden (vgl. im Einzelnen Zöller/Greger, a.a.O., Rz. 23 "Büropersonalund-Organisation").

Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob bereits die Häufung der Fehler durch Auszubildende für einen Mangel in der Organisation, insbesondere bei dem sachgerechten Personaleinsatz spricht.

Von dem Beklagten ist jedenfalls in keiner Weise dargelegt, dass die gerade bei Auszubildenden notwendige laufende und regelmäßige Überwachung auf Eignung und Zuverlässigkeit hin stattgefunden hat. Neben einer eingehenden Belehrung, insbesondere bei der Behandlung von Ffistensachen, sind regelmäßig Stichproben erforderlich (a.a.O.). Dies gilt umso mehr in Fällen wie diesen, in denen nach dem Vortrag des Beklagten eine langjä...

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