Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung des Heizkostenverteilungsschlüssels durch Mehrheitsbeschluss

 

Leitsatz (amtlich)

Der aufgrund einer Öffnungsklausel gefasste Mehrheitsbeschluss einer Eigentümerversammlung, dass die Heizkosten ausschließlich nach Verbrauch verteilt werden sollen, entspricht bei einem älteren Wohngebäude, bei dem mit Lagenachteilen gerechnet werden muss, regelmäßig nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

 

Normenkette

WEG §§ 10, 23; HeizkostenV §§ 7, 10

 

Verfahrensgang

LG Essen (Beschluss vom 16.07.2004; Aktenzeichen 9 T 4/02)

AG Essen (Beschluss vom 19.03.2001; Aktenzeichen 96-II 128/00 WEG)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der sofortigen weiteren Beschwerde im Übrigen wird der angefochtene Beschluss teilweise aufgehoben.

Der Beschluss des AG Essen vom 19.3.2001 wird dahingehend abgeändert, dass auch der Eigentümerbeschluss vom 4.4.2000 zu TOP 5 für ungültig erklärt wird.

Von den Gerichtskosten erster und zweiter Instanz tragen die Beteiligten zu 1) 14 % und die Beteiligten zu 2)-5) 86 %. Die durch die Beweisaufnahme entstandenen Gerichtskosten tragen die Beteiligten zu 2)-5) jedoch allein. Von den Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde tragen die Beteiligten zu 1) ¼ und die Beteiligten zu 2)-5) ¾.

Außergerichtliche Kosten werden in keiner Instanz erstattet.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 4.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1)-5) bilden die o.a. Eigentümergemeinschaft, der Beteiligte zu 6) ist deren Verwalter.

Die Beteiligten streiten, soweit im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde noch von Interesse, über die Gültigkeit der Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 4.4.2000 zu den TOP 5 und 19. Diese sind im Protokoll der Eigentümerversammlung wie folgt wiedergegeben:

TOP 5 Diskussion und Beschlussfassung über den Antrag, die Verteilungsschlüssel für die Kostenverteilung insb. der Heizkosten zu regeln

Beschlussantrag:

Die Eigentümergemeinschaft beschließt, dass die Kosten für die Heizungsanlage ausschließlich von den Eigentümern gezahlt werden, die an die Heizungsanlage angeschlossen sind. Dabei werden die Kosten zu 100 % nach den angezeigten Werten der eingebauten Wärmemengenzähler verteilt. Von den Gesamtstromkosten werden 70 % auf die Heizkosten verrechnet und 30 % als Allgemeinstrom auf alle Eigentümer verteilt werden.

Diese Regelung bestätigt die bisherige Praxis und tritt im Zweifelsfall am 1.1.1999 in Kraft.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen: WE4, WE5, WE6, WE7

Nein-Stimmen: WE1, WE3

Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

TOP 19 Diskussion und Beschlussfassung über den Antrag, die Eigentümer P aufzufordern, die eigenmächtig veränderte Briefkastenanlage in den ursprünglichen Zustand zu versetzen, ggf. über gerichtliche Durchsetzung der Forderung

Beschlussantrag:

Die Eigentümergemeinschaft beschließt, die Eigentümer P werden aufgefordert, die eigenmächtig veränderte Briefkastenanlage bis zum 4.5.2000 in den ursprünglichen Zustand zu versetzen. Falls der Ursprungszustand bis zu diesem Zeitpunkt nicht hergestellt ist, wird die Verwaltung beauftragt und ermächtigt, die Forderung auf gerichtlichem Weg durchzusetzen.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen: WE4, WE5, WE6, WE7

Nein-Stimmen: WE1, WE3

Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Die Beteiligten zu 1) haben sämtliche durch die o.a. Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse binnen Monatsfrist angefochten. Das AG hat vier der insgesamt 26 Eigentümerbeschlüsse für ungültig erklärt und die weiter gehenden Anträge zurückgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das LG neun weitere Beschlüsse für ungültig erklärt, bezüglich zwei Beschlüssen die Erledigung der Hauptsache festgestellt und die weiter gehende sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Gegen die Entscheidung des LG haben die Beteiligten zu 1) zu Protokoll des Rechtspflegers sofortige weitere Beschwerde eingelegt, soweit das LG die Zurückweisung ihrer Anfechtungsanträge hinsichtlich der der o.a. Eigentümerbeschlüsse zu TOP 5 und 19 bestätigt hat.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt.

Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) ergibt sich daraus, dass ihre Erstbeschwerde im Umfang der sofortigen weiteren Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist die sofortige weitere Beschwerde nur teilweise begründet, da die Entscheidung des LG (allein) hinsichtlich des Eigentümerbeschlusses zu TOP 5 auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) ausgegangen. In der Sache hält die landgerichtliche Entscheidung der rechtlichen Prüfung hingegen nur teilweise stand.

Das LG hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Beschluss zu TOP 5 sei nicht zu beanstanden. Nach § 5 der Teilungserklärung seien die Betriebskosten nach Miteigentumsanteilen zu tra...

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