Leitsatz (amtlich)

Zur ordnungsgemäßen Erhebung der Verfahrensrüge der Verletzung der §§ 251, 261 StPO ist der Vortrag, dass das Beweismittel nicht auf andere Weise als durch Verlesung, z.B. durch Vorhalt in die Hauptverhandlung eingeführt worden sei, nicht erforderlich.

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Minden zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Minden hat den Angeklagten durch das angefochtene Urteil vom 23.11.2004 wegen Diebstahls geringwertiger Sachen zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 5,- EUR verurteilt. Zur Sache und zur Beweiswürdigung hat das Amtsgericht Folgendes ausgeführt:

"II.

Am 23.03.2004 befand sich der Angeklagte gegen 15.20 Uhr in den Verkaufsräumen des WEZ-Marktes in Minden. Vor dem dortigen Tchibo-Regal verharrte der Angeklagte eine Zeit und steckte sich dann drei Teile aus den Auslagen des Tchibo-Ständers unter seinen Pullover, und zwar so, dass diese vollständig unter seiner Kleidung verborgen und von Dritten nicht mehr zu erkennen waren. Dabei wurde der Angeklagte von einer Videokamera gefilmt. Als sich der Angeklagte entsprechend seinem Plan mit der Ware unter seinem Pullover entfernen wollte, bemerkte er durch einen direkten Blick in die Überwachungskamera, dass sein Tun aufgezeichnet worden war. Er verließ dann kurz den durch die Kamera einsehbaren Bereich, kam anschließend wieder zurück zu dem Regal und legte die unter seinem Pullover versteckten Waren wieder in das Regal zurück. Anschließend verließ der Angeklagte den Markt und wurde nach dem Passieren des Kassenbereichs von dem Zeugen B. angesprochen und mit in sein Büro gebeten.

III.

Der vorstehende Sachverhalt steht fest aufgrund der Einlassung des Angeklagten, soweit ihr das Gericht zu folgen vermochte sowie der Verlesung der Aussage des Zeugen B. aus dem Sitzungsprotokoll vom 24.06.2004 (Blatt 31 ff. der Akte) und dem Bundeszentralregisterauszug des Angeklagten vom 15.04.2004 sowie der teilweisen Verlesung des Urteils des Landgerichts Verden vom 17.06.2004 (Blatt 53 ff. der Akte). Soweit der Angeklagte bestritten hat, dass er bemerkte, von der Überwachungskamera gefilmt worden zu sein, ist seine Einlassung durch die glaubhaften Angaben des Zeugen B., der das Tun des Angeklagten über den Monitor der Überwachungskamera beobachtet hat, widerlegt.

Daneben mag sich der Verteidiger, der nunmehr Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt hat, an den Termin vom 21.09.2004 erinnern, bei dem in Abwesenheit des Angeklagten, auf die der Verteidiger im übrigen zunächst nicht hingewiesen hatte, das Überwachungsvideo, das den oben dargestellten Sachverhalt eindrucksvoll zeigt, in Augenschein genommen wurde. Um dem Angeklagten kein strafmilderndes Geständnis abzuschneiden, wurde anschließend auf die weitere Inaugenscheinnahme des Videobandes verzichtet. Der Verteidiger hat im übrigen auch daher vom Inhalt des Videobandes Kenntnis, da ihm eine Kopie dieses Bandes mit Verfügung vom 24.08.2004 zugestellt worden ist."

Dieses Tatgeschehen hat das Amtsgericht rechtlich als einen vollendeten Diebstahl geringwertiger Sachen gemäß §§ 242 Abs. 1, 248 a StGB gewertet. Auf die weiteren Ausführungen zur rechtlichen Wertung und zur Strafzumessung des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte form- und fristgerecht Rechtsmittel eingelegt und dieses Rechtsmittel nach der Urteilszustellung an den Verteidiger rechtzeitig als Revision bezeichnet und begründet. Die Revision rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Mit den Verfahrensrügen wird die Verletzung der §§ 243 Abs. 4, 261, 251 StPO mit näheren Ausführungen gerügt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die zulässige Revision des Angeklagten hat in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils nebst den zugrunde liegenden Feststellungen sowie zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Minden.

Die Verfahrensrüge, mit der der Angeklagte die Verletzung des § 261 StPO rügt, weil das tatrichterliche Urteil sich auf Beweisergebnisse, nämlich die Aussage des Zeugen Kai B. im Sitzungsprotokoll vom 24.06.2004 stütze, die nicht Gegenstand der Hauptverhandlung geworden sei, ist zulässig und begründet.

Diese Verfahrensrüge ist den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO entsprechend ausgeführt; da der Angeklagte vorträgt, dass die Aussage des Zeugen Kai B. aus dem Sitzungsprotokoll vom 24.06.2004 nicht verlesen worden sei, bedarf es der Wiedergabe des Inhalts der Aussage nicht. Der Umstand, dass die Aussage tatsächlich nicht verlesen worden ist, ergibt sich - was die Revision in hinreichender Weise ausführt - aus der negativen Beweiswirkung des Hauptverhandlungsprotokolls, welches die Verlesung der Aussage gerade nicht dokumentiert, sondern lediglich ei...

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