Verfahrensgang

LG Köln (Entscheidung vom 08.11.1994; Aktenzeichen 12 S 263/93)

AG Köln (Aktenzeichen 222 C 126/93)

 

Tenor

Verlangt der Vermieter ehemals preisgebundenen Wohnraums nach Wegfall der Preisbindung vom Mieter die Zustimmung zur Mieterhöhung gemäß § 2 MHG, dann gilt auch für ihn die einjährige Wartefrist gemäß Abs. 1 S. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift, und zwar bezogen auf die letzte Erhöhung der Kostenmiete; außer Betracht bleiben Kostenmieterhöhungen, die auf den gleichen Gründen beruhen wie Mieterhöhungen gemäß §§ 35 MHG.

 

Tatbestand

I.

Das Landgericht hat dem Senat folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt:

Kann der Vermieter von Wohnraum, der mit öffentlichen Mitteln gefördert worden war, für die Zeit nach dem Auslaufen der Preisbindung vom Mieter die Zustimmung zu einer Mietzinserhöhung nach § 2 MHG auch dann verlangen, wenn innerhalb der Jahresfrist von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MHG die Kostenmiete nach den für den mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnraum maßgeblichen Vorschriften erhöht worden ist?

Zugrunde liegt folgender Sachverhalt:

Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung, die mit öffentlichen Mitteln gefördert war und deshalb bis 31.12.1992 der Mietpreisbindung nach dem Wohnungsbindungsgesetz unterlag. Eine letzte Mieterhöhung gemäß § 10 Wohnungsbindungsgesetz – von 492,48 DM auf 535,58 DM Grundmiete – hatte zum 01.09.1992 stattgefunden.

Mit Schreiben vom 20.10.1992 verlangten die Kläger (Vermieter) von den Beklagten unter Bezugnahme auf den örtlichen Mietspiegel die Zustimmung zu einer Erhöhung der Grundmiete auf (492,48 DM + 30 % =) 640,22 DM ab 01.01.1993. Die Beklagten verweigerten diese Zustimmung, auf deren Erteilung die Kläger nunmehr klagen.

Das Amtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, da die durch die Mieterhöhung per 01.09.1992 vorgegebenen Warte- und Überlegungsfristen gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Abs. 3 MHG nicht eingehalten seien. Das mit der Berufung der Kläger befaßte Landgericht hält die Vorlagefrage für entscheidungserheblich und mißt ihr grundsätzliche Bedeutung zu.

Auf eine erste Vorlage hin hat der Senat den Erlaß eines Rechtsentscheides abgelehnt, weil der Grund der Mieterhöhung zum 01.09.1992 nicht geklärt war (Senatsbeschluß vom 10.08.1994, WuM 1994, 455 = ZMR 1994, 513). Nachdem es als Grund die Erhöhung der Verwaltungs- und Instandhaltungskostensätze gemäß §§ 26, 28 II. BV durch die Vierte Verordnung zur Änderung wohnungsrechtlicher Vorschriften vom 13.07.1992 festgestellt hat, legt das Landgericht die Frage nun erneut vor.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Vorlage ist zulässig.

1.

Es steht jetzt fest, daß die Mieterhöhung zum 01.09.1992 andere als die in §§ 35 MHG beschriebenen Gründe hatte. Die diesbezüglichen Bedenken des Senats hinsichtlich der Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage (vgl. Senatsbeschluß vom 10.08.1994 a.a.O.) sind damit ausgeräumt.

Die Vorlagefrage kann auch nicht deshalb auf sich beruhen, weil die Kläger mit ihrem Erhöhungsbegehren an einen früheren als den zuletzt erhöhten Mietbetrag anknüpfen. Die Wartefrist des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 MHG läßt sich nicht dadurch umgehen, daß man die Erhöhungsmöglichkeit gemäß Nr. 3 der Vorschrift nicht voll ausschöpft.

2.

Die Rechtsfrage ist von grundsätzlicher Bedeutung. Sie ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (siehe unten Ziff. III 1), und es ist anzunehmen, daß sie auch zukünftig wiederholt auftritt und dann unterschiedlich beurteilt wird.

III.

Der Senat beantwortet die Frage wie aus der Beschlußformel ersichtlich.

1.

Das umstrittene Wohnungsmietverhältnis ist wegen Wegfalls der Mietpreisbindung aus dem Geltungsbereich des Wohnungsbindungsgesetzes in denjenigen des Miethöhenregelungsgesetzes übergegangen. In Fällen dieser Art ist streitig, ob eine vor dem Übergang vollzogene Kostenmieterhöhung nach § 10 WoBindG die einjährige Wartefrist gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 MHG auslöst. Überwiegend wird die Frage bejaht (vgl. LG Köln, ZMR 1994, 569; LG Arnsberg, WuM 1989, 207; LG Berlin, WuM 1989, 334 = ZMR 1989, 262; LG Hagen, WuM 1986, 139 = DWW 1986, 43; AG Hamburg, WuM 1993, 743; Staudinger/Emmerich, BGB, 12. Aufl., 2. Bearbeitung 1981, § 2 MHG Rdn. 15; MünchKomm-Voelskow, BGB, 2. Aufl., § 2 MHG Rdn. 31; Soergel/Kummer, BGB, 11. Aufl., § 2 MHG Rdn. 8; Erman-Jendrek, BGB, 9. Aufl., § 2 MHG Rdn. 6; Schultz in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl., Rdn. III. A 339; Köhler, Handbuch der Wohnraummmiete, 3. Aufl., § 142 Rdn. 3; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Rdn. III. 611; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 6. Aufl., § 2 MHG Rdn. 4; Beuermann, Miete und Mieterhöhung bei preisfreiem Wohnraum, § 2 MHG Rdn. 15; Sonnenschein, NJW 1986, 2731), teilweise aber auch verneint (so LG München, WuM 1989, 634; AG Charlottenburg, ZMR 1989, 263; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 6. Aufl., C 80; Barthelmess, 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz, 4. Aufl., § 2 MHG Rdn. 19 a; Fischer-Dieskau, Pergande, Schwender, Wohnungsbaurecht, § 2 MHG Anm. 3; Deggau, BlGBW 1983, 81 (82)).

2.

Der...

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