Entscheidungsstichwort (Thema)

Wahrung der Beschlussanfechtungsfrist

 

Leitsatz (amtlich)

Ein nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens von dem Insolvenzschuldner gestellter Antrag ist unwirksam und kann die Beschlussanfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 WEG auch dann nicht wahren, wenn der Insolvenzverwalter das Wohnungseigentum nach Fristablauf freigibt.

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Beschluss vom 24.01.2003; Aktenzeichen 3 T 663/02)

AG Lüdenscheid (Aktenzeichen 3 II 1/02 WEG)

 

Tenor

Unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wird auf die Erstbeschwerde des Beteiligten zu 1) die Kostenentscheidung des AG teilweise abgeändert:

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Beteiligte zu 1) trägt die im Rechtszug dritter Instanz entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Auslagen der Beteiligten zu 2) bis 8) nach einem Gegenstandswert von 3.058,60 Euro.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) bis 8) bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft K.-Straße in L., die von der Beteiligten zu 9) verwaltet wird.

Über das Vermögen des Beteiligten zu 1) wurde am 8.3.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt B. zum Insolvenzverwalter bestellt.

Mit Schreiben vom 26.11.2001 lud die Beteiligte zu 9) den Beteiligten zu 1) - nicht aber den Insolvenzverwalter - zur Wohnungseigentümerversammlung am 12.11.2001. Dieser Termin wurde mit Schreiben vom 6.12.2001 auf den 13.12.2001 verlegt. Unter Tagesordnungspunkt (TOP) 3 und 4 genehmigte die Versammlung mehrheitlich gegen die Stimme des Beteiligten zu 1) die Wohngeldabrechnung für das Jahr 2000 und erteilte der Beteiligten zu 9) unter TOP 5 die Entlastung.

Diese Beschlüsse hat der Beteiligte zu 1) mit am 11.1.2001 bei dem AG eingegangenen Schriftsatz vom Vortag angefochten und mit Schriftsatz vom 12.6.2002 hilfsweise beantragt festzustellen, dass die vorbezeichneten Beschlüsse nichtig seien. Am 8.3.2002 hat der Insolvenzverwalter das Wohnungseigentum des Beteiligten zu 1) aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben.

Mit Beschluss vom 2.10.2002 hat das AG den Antrag des Beteiligten zu 1) kosten- und auslagenpflichtig zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt. Das LG hat am 22.1.2003 mit den Beteiligten in öffentlicher Sitzung vor der voll besetzten Zivilkammer verhandelt. Es hat sodann durch den auf der Position eines Beisitzers personell veränderten Spruchkörper am 24.1.2002 die Sache beraten und durch Beschluss vom selben Tag die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1), die dieser rechtzeitig mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten eingelegt hat. Mit dieser rügt er, dass das LG nicht mit der Besetzung aus der mündlichen Verhandlung über die Beschwerde entschieden habe und das Sitzungsprotokoll den in der Sitzung verkündeten Beschluss, am Ende der Sitzung eine Entscheidung verkünden zu wollen, nicht enthalte. Im Übrigen wiederholt der Beteiligte zu 1) seine bereits bisher geäußerten Rechtsansichten.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt daraus, dass seine Erstbeschwerde keinen Erfolg gehabt hat.

Das Rechtsmittel ist in der Sache unbegründet, weil die Entscheidung des mit einer zulässigen Erstbeschwerde befasst gewesenen LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs. 1 S. 1 FGG.

Ohne Erfolg rügt der Beteiligte zu 1) zunächst, das LG hätte in der Besetzung aus der mündlichen Verhandlung über seine Beschwerde entscheiden müssen.

Ein Verstoß gegen § 551 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 27 Abs. 1 S. 2 FGG liegt nicht vor, auch wenn das LG in anderer Besetzung als in der mündlichen Verhandlung entschieden hat. Entscheidungen in Wohnungseigentumssachen ergehen, anders als im Zivilprozess (vgl. § 309 ZPO), nicht "aufgrund mündlicher Verhandlung". § 309 ZPO ist im Wohnungseigentumsverfahren weder direkt noch entsprechend anwendbar (KG v. 5.5.1993 - 24 W 3913/92, KGReport Berlin 1993, 149 = NJW-RR 1994, 278). Es ist daher nicht erforderlich, dass die Entscheidung von den Richtern getroffen wird, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben (BayObLG ZMR 2001, 472; BayObLGReport 2002, 119 f.; Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9.Aufl., § 44 Rz. 26). Der Beteiligte zu 1) kann sich auch nicht darauf berufen, die Beschwerdekammer habe nicht ohne erneute mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, weil sich die am Beschluss mitwirkenden Richter einen unmittelbaren Eindruck von der Glaubwürdigkeit der Beteiligten hätten machen müssen. Darauf kam es vorliegend nicht an, weil die Entscheidung nicht Ergebnis einer aus dem unmittelbaren Eindruck von Zeugen oder Beteiligten getroffenen Beweiswürdigung ist (vgl. BayObLG WuM 1994, 640 [642]). Das LG hat seine Entscheidung vorliegend nicht auf eventuell in der mündlichen Verhandlung g...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge