Leitsatz (amtlich)

Zur Annahme einer negativen Kriminalprognose i.S.d. § 81 g StPO, wenn seit der Anlasstat längere Zeit verstrichen ist.

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Entscheidung vom 11.02.2003)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.

 

Gründe

I.

Gegen den Verurteilten ist durch rechtskräftiges Urteil der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 11. Februar 2003 wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes und sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen in zwei Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in einem weiteren Fall auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten erkannt worden. Die Geschädigte ist am 29. Juli 1977 geboren.

Dem Urteil liegen folgende tatsächliche Feststellungen zu Grunde:

" 1.

Am 06. März 1991 hielt sich der Angeklagte allein mit seiner Stieftochter E. in der Kellerbar auf und veranlasste sie, mehrere Gläser Likör zu trinken. Das Mädchen, das sonst nur gelegentlich Krefelder getrunken oder zum Essen etwas Wein probiert hatte, wurde von dem Likör betrunken und müde. Der Angeklagte schlug ihr deshalb vor, sich auf das Sofa zu legen. Als E. sich hingelegt hatte, forderte der Angeklagte sie auf, sich zu entkleiden, um besser schlafen zu können. Als das Mädchen sich weigerte, riss der Angeklagte, der neben dem Sofa stand, ihr die Hose und den Schlüpfer herunter, zog seine Hose herunter, kniete sich über sie und drückte ihre Beine auseinander. Dann führte er sein erigiertes Glied in die Scheide des Mädchens ein und vollzog mit ihr den ungeschützten Geschlechtsverkehr, der zur Defloration des Mädchens führte. Ob der Angeklagte zum Samenerguss kam, konnte nicht festgestellt werden. Den von ihm erkannten Widerstand des Mädchens gegen sein Verhalten brach der Angeklagte durch Einsatz seiner körperlichen Überlegenheit. Danach stand er auf und zog seine Hose wieder an. E. zog sich auch wieder an und flüchtete in ihr Zimmer.

In den nächsten Tagen vertraute E. sich in der Schule einer Freundin an. Diese erzählte das Gehörte weiter, so dass schließlich eine Lehrerin davon erfuhr. Die Lehrerin rief bei dem Angeklagten an, der den Vorwurf jedoch abstritt. Anschließend stellte der Angeklagte E. zur Rede und verlangte von ihr, in der Schule zu sagen, dass der Vorwurf falsch sei und sie sich nur gestritten hätten. Entsprechend verhielt sich E. auch und wurde daraufhin in der Schule verspottet und beschimpft.

2.

Am darauffolgenden Tag forderte der Angeklagte E. auf, nicht in die Schule zu gehen, und erklärte ihr, er werde ihr jetzt zeigen, was eine Vergewaltigung sei. Er stieß sie in das Schlafzimmer und dort auf das Ehebett und versuchte, ihr die Kleidung vom Leib zu reißen. Als E. um sich trat und um Hilfe rief, hielt er ihr den Mund zu und würgte sie, so dass sie keine Luft mehr bekam. Da das Fenster offenstand, war der Vater des Angeklagten auf die Hilfeschreie aufmerksam geworden. Er klingelte an der Wohnungstür und fragte den Angeklagten, der ihm öffnete, weshalb das Mädchen nicht in der Schule sei und schreie. Es gelang dem Angeklagten, seinen Vater zu beruhigen. Dann kehrte er in das Schlafzimmer zurück und hielt dem weiterhin schreienden Mädchen den Mund zu. Schließlich gelang es ihm, E. die Kleidungsstücke herunter zu reißen. Er legte sich auf sie, hielt ihre Arme fest und drückte ihre Beine auseinander. Dann führte er mit ihr den Geschlechtsverkehr durch.

3.

Am 06.03.1993 hielt sich der Angeklagte wiederum mit E. in der Kellerbar auf und vollzog dort mit ihr den Geschlechtsverkehr, wobei sie unbekleidet auf dem Fußboden lag."

In der Hauptverhandlung vom 11. Februar 2003 hat die 1. große Strafkammer des Landgerichts Hagen vor der Erklärung des Verurteilten über den Verzicht auf die Einlegung von Rechtsmitteln auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Entnahme von Körperzellen zum Zwecke der DNA-Identitätsfeststellung, deren molekulargenetische Untersuchung sowie die Feststellung und Speicherung des DNA-Identifizierungsmusters angeordnet.

Der hiergegen gerichteten Beschwerde des Verurteilten vom 12. Februar 2003 hat das Landgericht Hagen durch Beschluss vom 17. März 2003, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Landgericht Hagen hat zu Recht die angegriffenen Maßnahmen gegen den Verurteilten angeordnet.

Mit dem Landgericht Hagen ist auch der Senat in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 14. Dezember 2000 in NStZ 2001, 328 ff. = StV 2001, 145 ff.; Beschluss vom 20. Dezember 2001 in StV 2003, 1 ff.) der Auffassung, dass die Voraussetzungen der §§ 2 DNA-Identitätsfeststellungsgesetz (DNA-IFG), 81 g StPO erfüllt sind. Nach § 2 DNA-IFG dürfen unter den Prämissen des § 81 g StPO auch gegen einen wegen einer der dort aufgeführten Straftaten rechtskräftig Verurteilten die nach dieser Vorschrift zulässigen Maßnahmen angeordnet werden.

Die hiernach erforderliche Anlasstat, die eine Straftat von erheblicher...

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