Leitsatz (amtlich)

1. Die bis zur Verbindung mehrerer Verfahren in jedem einzelnen Verfahren angefallenen Gebühren bleiben auch nach der Verbindung unberührt bestehen und sind grundsätzlich getrennt anzusetzen.

2. Die Streitwertaddition bei einer Klageerweiterung setzt nicht voraus, dass die verschiedenen Gegenstände "gleichzeitig nebeneinander" geltend gemacht werden.

3. Der Streitwert des Erledigungsstreits wird durch das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Feststellung der Erledigung der Hauptsache bestimmt, das in der Regel dem Kosteninteresse des Klägers entspricht.

Die Rechtshängigkeit der ursprünglichen Hauptsache entfällt durch den Übergang zur Erledigungsfeststellungsklage, so dass die ursprünglichen Hauptsache kein streitwertbestimmender Streitgegenstand des Erledigungsstreits ist.

4. Entgegen der Auffassung des BGH sind die Kosten, die durch den erledigten Teil einer Klage verursacht worden sind, nicht nach der Mehrkosten- bzw. Differenzmethode sondern nach der Quotenmethode zu ermitteln.

5. Der Streitwert der Erledigungsfeststellungsklage entspricht in der Berufungsinstanz dem erstinstanzlichen Streitwert. Es entspricht einem allgemeinen Grundsatz (§ 4 ZPO), dass Kosten eines laufenden Prozesses bei der Wertbemessung nicht zu berücksichtigen sind, solange die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits ist (BGH v. 24.11.1994 - GSZ 1/94, GmbHR 1995, 301 = BRAK 1995, 131 = NJW 1995, 664 [665]).

 

Verfahrensgang

AG Dülmen (Beschluss vom 09.12.2004; Aktenzeichen 3 C 47/04)

 

Tenor

In Abänderung des erstinstanzlichen Streitwertbeschlusses vom 9.12.2004 wird der Streitwert für den Zeitraum bis zu dem Verbindungsbeschluss vom 1.3.2004 in der Sache 3 C 47/04 AG Dülmen auf 1.726,27 EUR und in der Sache 3 C 49/04 AG Dülmen auf 6.502,53 EUR festgesetzt.

Für den Zeitraum vom 2.3.2004 bis 16.4.2004 wird der Streitwert unter Berücksichtigung der Klageerweiterung i.H.v. 1.597,80 EUR und der Hilfsaufrechnung i.H.v. 1.889,15 EUR auf insgesamt 11.715,75 EUR festgesetzt.

Für den Zeitraum danach wird der Streitwert auf 9.720,93 EUR festgesetzt und der Gegenstandswert für die Beweisaufnahme auf 5.252,32 EUR.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 781,78 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. In der Sache 3 C 47/04 AG Dülmen hat der Kläger einen Anspruch i.H.v. 1.726,27 EUR und in der Sache 3 C 49/04 AG Dülmen einen Anspruch i.H.v. 6.502,53 EUR geltend gemacht. Durch Beschl. v. 1.3.2004 hat das AG Dülmen die Sachen verbunden und den Rechtsstreit an das sachlich zuständige LG Münster verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 15.3.2004 hat der Kläger die Klage um 1.597,80 EUR erhöht.

Die Beklagten haben in ihrer Klageerwiderung vom 25.3.2004 behauptet, dass dem Kläger lediglich eine Forderung i.H.v. insgesamt 5.107,97 EUR zustehe und mit einer von ihnen geltend gemachten Gegenforderung i.H.v. 6.997,12 EUR die Aufrechnung erklärt. Der Kläger hat in dem am 16.4.2004 beim LG eingegangenen Schriftsatz eingeräumt, dass die Klageforderung durch die Aufrechnung i.H.v. 2.766,60 EUR erloschen ist und insoweit die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagten haben sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen. In Höhe von 10 EUR hat der Kläger die Klage zurückgenommen.

Das LG hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme die Beklagten antragsgemäß zur Zahlung restlicher 7.050 EUR nebst Zinsen verurteilt und die Erledigungsfeststellungsklage hinsichtlich des für erledigt erklärten Teilbetrags i.H.v. 2.766,60 EUR abgewiesen. Es hat dem Kläger 28 % der Kosten auferlegt. Die Berufung des Klägers wendet sich gegen die Abweisung der Erledigungsfeststellungsklage.

II. 1. Bei der Streitwertfestsetzung war zu berücksichtigen, dass der Kläger in der Sache 3 C 47/04 AG Dülmen einen Anspruch i.H.v. 1.726,27 EUR

und in der Sache 3 C 49/04 AG Dülmen einen Anspruch i.H.v. 6.502,53 EUR geltend gemacht hat

Summe 8.228,80 EUR.

Da das LG den Streitwert bis zum 16.4.2004 ohne diese Differenzierung zwischen den beiden amtsgerichtlichen Verfahren und unter Berücksichtigung der nach der Verbindung erfolgten

Erhöhung der Klage um 1.597,80 EUR

auf insgesamt 9.826,60 EUR

festgesetzt hat, hat der Kostenbeamte 3 Gerichtsgebühren gem. 1100/1210 KV a.F. für jedes der beiden amtsgerichtlichen Verfahren nach diesem Streitwert berechnet, d.h., 3 × 196 EUR = 588 EUR und 588 EUR × 2 = 1.176 EUR.

Bei der richtigen Streitwertfestsetzung ergeben sich dagegen lediglich folgende Gerichtskosten

Streitwert 1.726,27 EUR: 3 Gebühren à 73 EUR 219 EUR

Streitwert 6.502,53 EUR: 3 Gebühren à 151 EUR 453 EUR

Gebühren für die Klageerweiterung und Hilfsaufrechnung 114 EUR

Summe 786 EUR

Die bis zur Verbindung in jedem einzelnen Verfahren angefallenen Verfahrensgebühren bleiben unberührt bestehen und sind getrennt anzusetzen (OLG Oldenburg JurBüro 2003, 322; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 147 Rz. 10; Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 147 Rz. 9; Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, 5. Aufl., KV 1210 Rz. 32)

2. Der Streitwert für den Zeitraum vom 2.3.2004 bis 16.4.2004 war unter Berücksichtigung der Klageerweiterung i.H.v...

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