Verfahrensgang

AG Marl (Entscheidung vom 07.03.2001; Aktenzeichen 21 F 198/01)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

Gründe

Die Beschwerde ist gem. § 127 II ZPO zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Zurecht hat das Amtsgericht der Beklagten Prozesskostenhilfe verweigert, da der von ihr beabsichtigten Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht zukommt,

§ 114 ZPO.

Der Anspruch der Beklagten auf nachehelichen Unterhalt ist gem. § 1579 Nr. 7 BGB verwirkt. Das nichteheliche Zusammenleben der Beklagten mit dem Zeugen M stellt nämlich eine derartig verfestigte Verbindung dar, dass die Bedeutung der bereits 1980 geschiedenen Ehe als Grundlage für eine fortdauernde unterhaltsrechtliche Verantwortung des Klägers gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau zurücktritt und es für jenen objektiv unzumutbar wird, seinen früheren Ehegatten unter derartigen veränderten Lebensumständen gleichwohl weiterhin unterhalten zu müssen. Unabhängig von der Unzumutbarkeit einer weiteren ungeschmälerten Unterhaltsverbindung im Hinblick auf eine etwaige bestehende Unterhaltsgemeinschaft der Beklagten mit dem Zeugen M -zu einer derartigen Feststellung reichen die bisherigen Darlegungen zur Leistungsfähigkeit des Zeugen nicht aus - ergibt sich die Unzumutbarkeit einer weiteren Unterhaltsbelastung aus der inzwischen verfestigten Beziehung der Beklagten zu dem Zeugen M, wodurch gleichsam deren nichteheliches Zusammenleben an die Stelle einer Ehe getreten ist (BGH, FamRZ 1995, 540). Maßgeblich hierfür ist das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, wobei es nur auf die Erkennbarkeit der Partnerschaft auf Grund der nach außen dringenden Gegebenheiten ankommt, es jedoch nicht maßgeblich ist, dass sie auch von anderen als nichteheliche Lebensgemeinschaft bewertet wird . Die Beklagte lebt bereits seit 1991 zusammen mit dem Zeugen M in dessen Wohnung, beide benutzen gemeinsam ein Schlafzimmer, sie wirtschaften gemeinsam, kaufen gemeinsam ein , nehmen die Mahlzeiten gemeinsam zu sich und gehen gelegentlich gemeinsam mit Bekannten oder den Söhnen der Parteien aus . Nach dem von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 7. 03. 2002 geschilderten Erscheinungsbild ihrer Lebensgestaltung bestehen keine Zweifel daran, dass sich diese nach außen wie diejenige eines Ehepaares darstellt, wobei es auf das Bestehen einer auch sexuellen Komponente dieser Beziehung nicht ankommt.

Auf Grund dieses Erscheinungsbildes eines Ehepaares ist die Fortdauer der ungeschmälerten Unterhaltsbelastung und des damit verbundenen Eingriffs in seine Handlungsfreiheit und Lebensgestaltung für den Kläger unzumutbar geworden.

Die im Rahmen des § 1579 Nr. 7 BGB vorzunehmende umfassende Interessenabwägung führt auch dazu, dass der Beklagten ein Unterhaltsanspruch vollständig zu versagen ist. Die Ehe der Parteien hat rund 17 Jahre bestanden, der Kläger hat im Anschluss hieran nunmehr über einen Zeitraum von über 20 Jahren nachehelichen Unterhalt gezahlt. Eine fortdauernde Unterhaltsbelastung würde ihn, auch wenn er mit einem Einkommen von zumindest monatlich netto 5000 DM über keine geringen Einkünfte verfügt, spürbar belasten und seine eigene Handlungsfreiheit einschränken.

Aus dem eigenen Verhalten des Klägers kann auch nicht der Rückschluss gezogen werden, dieser empfinde die Belastung mit der Unterhaltszahlung trotz dieser Umstände nicht als grob unbillig. Dies kann zwar der Fall sein, wenn ein Unterhaltsschuldner in voller Kenntnis des Verwirkungstatbestandes nichts versucht, sich unter Berufung hierauf von der Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt zu befreien, sondern diesen über einen langen Zeitraum weiterhin leistet (OLG Hamm, FamRZ 94, 705; OLG Düsseldorf, FamRZ 97, 1159). Zwar hat der Kläger bereits in einem Schreiben vom 19.12.96 vortragen lassen, die Beklagte lebe mit ihrem Lebensgefährten M zusammen und habe mit diesem eine eheähnliche Lebensgemeinschaft aufgenommen. Dieses Vorbringen hat die Beklagte jedoch mit ihrem eigenen Schreiben vom 10.1.1997 in vollem Umfang zurückgewiesen, in dem sie darauf hingewiesen hat, von einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft könne keine Rede sein und Herr M werde bei einer Unterhaltsreduzierung "das Untermietverhältnis kündigen". Wenn daraufhin der Kläger zunächst nichts weiter veranlasst, kann hieraus nicht geschlossen werden, er empfinde eine fortdauernde Unterhaltszahlungsverpflichtung trotz einer tatsächlich bestehenden langjährigen nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Beklagten nicht als grob unbillig und sei bereit, quasi " freiwillig" zeitlich unbegrenzt weiterhin Unterhalt zu leisten.

Demnach ist es unter den gegebenen Umständen grob unbillig, den Kläger auch noch weiterhin für den Lebensbedarf der Beklagten und damit indirekt auch für denjenigen des Zeugen M aufkommen zu lassen. Diese Abwägungen führen zu einer gänzlichen Versagung des Unterhaltsanspruches.

Hieraus folgt, dass sowohl der Rechtsverteidigung der Beklagten gegen die Klage, als auch der von ihr beabsicht...

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