Verfahrensgang

LG Essen (Entscheidung vom 24.02.2010; Aktenzeichen 28 Ns 101/10)

 

Tenor

Die Revision wird als unbegründet verworfen, jedoch mit der Maßgabe, dass es sich hinsichtlich der einbezogenen Einzelstrafen um solche aus dem Strafbefehl - und nicht aus dem Urteil - des Amtsgerichts Essen vom 24. Februar 2010 handelt.

Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Angeklagte.

 

Gründe

I. Das Amtsgericht Essen hatte die Angeklagte wegen Beförderungserschleichung in acht Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt.

Mit dem angefochtenen Urteil hat die Strafkammer die Berufung der Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, dass sie unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem "Urteil" des Amtsgerichts Essen vom 24. Februar 2010 (Az.: 35 Cs 42 Js 309/10 - 137/10) und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtgeldstrafe zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt worden ist.

Der Senat merkt klarstellend an, dass es sich bei der Entscheidung, deren Einzelstrafen einbezogen worden sind, nicht um ein Urteil, sondern um einen Strafbefehl handelt. Die diesbezüglichen Feststellungen der Kammer lauten:

"Sie wurde durch Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 24.02.2010, rechtskräftig seit dem 16.03.2010 wegen Beförderungserschleichung in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Am 06.11. und 07.12.2009 benutzte sie in F jeweils ein Verkehrsmittel der Linie ### der W AG ohne den erforderlichen Fahrausweis. Sie wurde am 06.11.2009 um 12.04 Uhr zwischen der Haltestelle C-Straße und C2-Park und am 07.12.2009 um 10.19 Uhr auf der Fahrtstrecke C3-Straße/Universität F ohne gültigen Fahrausweis angetroffen. Sie hatte in beiden Fällen von Anfang an nicht vor, das Entgelt zu entrichten. Die Einzelstrafen wurden auf jeweils 15 Tagessätze festgesetzt.

Die Strafe ist noch nicht bezahlt. Rechtskraft ist eingetreten."

Zur Sache hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:

"Die Angeklagte benutzte in acht Fällen in F jeweils ein Verkehrsmittel der W AG ohne erforderlichen Fahrausweis, wobei sie jeweils vor Fahrtantritt nicht vor hatte, das Entgelt zu entrichten.

Im Einzelnen benutzte sie in F am 25.09.2009 um 10.31 Uhr und um 12.54 Uhr jeweils ein Fahrzeug der Linie 101 im Bereich Q-Platz, am 25.9.2009 um 13.43 Uhr ein Fahrzeug der Linie 109 im Bereich Q-Platz, am 6.10.2009 um 14.16 Uhr Fahrzeug der Linie ### im Bereich D2-Bahnhof, am 13.10.2009 um 13.48 Uhr ein Fahrzeug der Linie ### im Bereich D3-Platz, am 22.10.2009 um 12.52 Uhr ein Fahrzeug der Linie ### im Bereich C-Straße, am 04.11.2009 um 12.22 Uhr Fahrzeug der Linie ### im Bereich I-Platz und am 06.11.2009 um 10.36 Uhr ein Fahrzeug der Linie ### im Bereich D.

Mit Schreiben vom 03.11.2008 hatte die Angeklagte der W-AG mitgeteilt, dass sie aufgrund eines Umstandes, den sie nicht zu vertreten habe, gezwungen sei, vorübergehend die Straßenbahn zu benutzen und es ihr nicht möglich sei, in Vorkasse zu treten.

... Es handelt sich jeweils um geringwertige Fahrpreise... Die erforderlichen Strafanträge sind gestellt worden, das besondere öffentliche Interesse ist von der Staatsanwaltschaft bejaht worden."

Die Angeklagte hat sich dahingehend eingelassen, sie sei aufgrund ihres Schreibens an die Essener Verkehrsbetriebe davon ausgegangen, dass diese damit einverstanden seien, dass sie zunächst die Fahrzeuge benutze und man sich später, wenn sie zahlen könne, über eine Nachzahlung des Fahrentgelts einige. Das Schweigen der Essener Verkehrsbetriebe sei als Zustimmung zu werten. Darüber hinaus habe sie auch nicht heimlich gehandelt.

Die Kammer ist im Hinblick auf die Einlassung und das Schreiben der Angeklagten vom 03. November 2008 von einem vermeidbaren Verbotsirrtum im Sinne des § 17 StGB ausgegangen.

Mit ihrer Revision rügt die Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Insbesondere ist sie der Auffassung, die Feststellungen der Kammer trügen eine Verurteilung schon deshalb nicht, weil sie keine Beförderungsleistung erschlichen habe. Darüber hinaus sei aus den Urteilsgründen nicht erkennbar, dass mit der Beförderung bereits begonnen worden sei, die Frage der Vollendung der Taten könne daher nicht beantwortet werden. Sie habe sich auch nicht mit dem - für die Annahme eines Erschleichens im Sinne des § 265a StGB erforderlichen - "Anschein der Ordnungsmäßigkeit" umgeben. Zudem habe die Strafkammer zu Unrecht einen lediglich vermeidbaren Irrtum angenommen.

II. Die zulässige Revision der Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Durchgreifende Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten sind nicht ersichtlich.

1. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch.

a) Das Tatbestandsmerkmal des "Erschleichens" i. S. d. § 265 a StGB ist bereits dann erfüllt, wenn der Täter ein Verkehrsmittel unberechtigt nutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen (vgl. den auf Vo...

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