Entscheidungsstichwort (Thema)

Anschluß der Wohnungseigentumsanlage an das Breitbandkabelnetz; keine Parabolantenne für gebürtigen Oberschlesier. Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Anschluß der Wohnungseigentumsanlage an das Breitbandkabelnetz gehört zur modernisierenden Instandsetzung, wenn die vorhandene ältere Gemeinschaftsantenne reparaturbedürftig ist und selbst durch deren vollständige Erneuerung kein ausreichender Fernsehempfang gewährleistet werden kann.

2. Der Fernsehempfang ist als nicht ausreichend anzusehen, wenn mit Hilfe der Gemeinschaftsantenne, die neben den drei öffentlich-rechtlichen Programmen auf die Privatsender RTL und Sat 1 ausgerichtet ist, Sat 1 nur stark verrauscht empfangen werden kann.

3. Das Interesse eines gebürtigen Oberschlesiers am Empfang in Polen ausgestrahlter Fernsehprogramme ist bei Abwägung der Interessen der übrigen Wohnungseigentümer geringer zu gewichten, als das eines auf Dauer in Deutschland lebenden ausländischen Wohnungseigentümers.

 

Normenkette

GG Art. 5 Abs. 1 S. 1; WEG § 14 Nr. 1, § 21 Abs. 3, 5 Nr. 2, § 22 Abs. 1 S. 1

 

Beteiligte

Rechtsanwälte Schemme und Hengst

Rechtsanwälte Dr. Reiff, Dr. Kieserling, Dr. Salomon und Dr. Brinker

 

Verfahrensgang

AG Herne-Wanne (Zwischenurteil vom 03.11.1999; Aktenzeichen 7 II 244/94)

LG Bochum (Zwischenurteil vom 15.04.1997; Aktenzeichen 7 T 1021/95)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) bis 12) wird der angefochtene Beschluß abgeändert.

Die sofortige erste Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens aller drei Instanzen werden dem Beteiligten zu 1) auferlegt.

Außergerichtliche Kosten des Verfahrens 3. Instanz werden nicht erstattet.

Der Wert des Gegenstandes des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1) bis 11) bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft; die Beteiligte zu 12) ist seit dem 1. Oktober 1995 die Verwalterin. Soweit dies im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde noch von Interesse ist, streiten die Wohnungseigentümer zum einen um die Gültigkeit dreier in der Eigentümerversammlung vom 29. April 1994 zum Tagesordnungspunkt 4 gefaßten Mehrheitsbeschlüsse, die den Anschluß der Wohnungseigentumsanlage an das Breitbandkabelnetz betreffen. Desweiteren begehrt die Beteiligte zu 1) von den übrigen Wohnungseigentümern die Zustimmung zur Installation einer Parabolantenne, um Fernsehprogramme, die in seiner oberschlesischen Heimat ausgestrahlt werden, empfangen zu können. Im einzelnen liegt dem Verfahren folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Gemeinschaftsantennenanlage, mit der die Wohnungseigentumsanlage mit Rundfunk und Fernsehprogrammen versorgt wird, ist älteren Datums und reparaturbedürftig. Die Verstärkereinheit und das Verteilernetz sind mangelfrei. Der Fernsehempfang von „ARD”, „ZDF”, „West 3” sowie „RTL” ist in guter Qualität gewährleistet; der verrauschte Empfang von „Sat 1” beruht auf den örtlichen Gegebenheiten und kann durch eine Erneuerung der Gemeinschaftsantenne nicht nachhaltig verbessert werden. Der Aufwand für eine ordnungsgemäße Instandsetzung der Antennenanlage erforderte einen Betrag um die 1.500,00 DM. In der Eigentümerversammlung vom 29. April 1994 haben die Wohnungseigentümer zum TOP 4 „Kabelanschluß” folgende Beschlüsse gefaßt:

„Das Thema „Kabelanschluß” wurde eingehend in der am 9. März 1994 stattgefundenen Besprechung behandelt. Es wurden die Vor- und Nachteile Kabelanschluß gegenüber einer Parabolantenne erörtert. Die Mehrheit hat sich „danach für Kabelanschluß entschieden. Eine weitere Diskussion hierüber wurde nicht mehr für erforderlich gehalten und deshalb die sofortige Abstimmung gewünscht.

Da hierfür verschiedene Punkte zu beachten sind, wurde vorgeschlagen, jeweils zu jedem Punkt einen Beschluß zu fassen.

  1. Kabelanschluß

    Abstimmungsergebnis:

    7 Stimmen dafür

    1 Stimme dagegen

  2. Wegfall der Antennenanlage – sich nicht an Kabel anschließende Teilnehmer bekommen eine Sperrdose

    Abstimmungsergebnis:

    7 Stimmen dafür

    1 Stimme dagegen

  3. Antrag von Herrn … betr. Aufstellen einer Parabolantenne

    Abstimmungsergebnis:

    7 Stimmen dagegen

    1 Stimme dafür

  4. Kostenverteilung

    Die Kosten für die Installation sollen aus der Rücklage bezahlt werden, wobei pro Wohnung nur eine Anschlußdose vorgesehen ist. Sollte eine weitere gewünscht werden, muß diese einschließlich Kabel und Arbeitslohn selbst bezahlt werden.

    Die einmalige Anschlußgebühr an Telekom zahlen anteilmäßig die angeschlossenen Kabelteilnehmer selbst. Sollte später noch jemand Kabelanschluß wünschen, muß er auch die anteilige Gebühr bezahlen und die anderen Teilnehmer bekommen dann wieder etwas zurückgezahlt.

    Abstimmungsergebnis:

    7 Stimmen dafür

    1 Stimme dagegen”

Im Herbst 1994 wurde die Wohnungseigentumsanlage an das Breitbandkabel angeschlossen. Die damalige Verwalterin entnahm die Installationskosten von 3.444,41 DM der Instandhaltungsrü...

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