Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis der unterbliebenen Geltendmachung des Pflichtteils

 

Leitsatz (amtlich)

Haben Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament die Schlusserbeinsetzung ihrer Kinder mit einer Pflichtteilsstrafklausel verbunden, muss den Kindern bei der Grundbuchberichtigung nach dem letztverstorbenen Elternteil die Möglichkeit eingeräumt werden, durch inhaltlich übereinstimmende, von jedem von ihnen abzugebende eidesstattliche Versicherung den Nachweis zu führen, dass keines der Kinder nach dem Tod des erstverstorbenen Elternteils den Pflichtteil verlangt hat.

 

Normenkette

GBO § 35; BGB §§ 2269, 2271

 

Verfahrensgang

AG Münster (Verfügung vom 14.01.2011; Aktenzeichen MS-14705-14)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde wird die angefochtene Zwischenverfügung abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der beantragten Grundbuchberichtigung steht entgegen, dass die Erbfolge nach dem am 24.6.2010 verstorbenen S nicht lückenlos in der Form des § 35 Abs. 1 GBO nachgewiesen ist.

Zur Behebung des Hindernisses haben die Beteiligten zu 1. bis 3. innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses entweder einen Erbschein einzureichen, der sie als Erbinnen des Erblassers S ausweist, oder eidesstattliche Versicherungen vorzulegen, die den in den Gründen dieses Beschlusses genannten Anforderungen entsprechen.

Der Gegenstandswert der Beschwerde beträgt im zurückgewiesenen Umfang bis zu 1.000 EUR.

 

Gründe

I. Im Grundbuch von N Blatt ...... und Blatt ......2 sind jeweils der Diplom-Kaufmann S und zwei Schwestern des S in Erbengemeinschaft als Eigentümer eingetragen. Nach dem Tode des S haben seine Töchter, die Beteiligten zu 1. bis 3., die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung der Erbfolge nach dem Erblasser S beantragt. Bei den Grundakten befinden sich von dem Nachlassgericht Weiden i. d. OPf. von Amts wegen übersandte beglaubigte Ablichtungen folgender drei Verfügungen von Todes wegen nebst einer beglaubigten Ablichtung des Eröffnungsprotokolls:

  • Ein privatschriftliches Ehegattentestament vom 25.1.1977, in dem der Erblasser und seine Ehefrau sich gegenseitig zu Alleinerben und die Beteiligten zu 1. bis 3. - verbunden mit einer Pflichtteilsstrafklausel - zu gleichen Teilen als Schlusserben eingesetzt haben;
  • ein privatschriftliches Ehegattentestament vom 3.10.1997, in dem die Eheleute ergänzend Vermächtnisse ausgesetzt haben, und
  • ein von dem Erblasser nach dem Tod seiner Ehefrau errichtetes notarielles Testament vom 21.1.2010, in dem der Erblasser den Widerruf aller bisherigen letztwilligen Verfügungen erklärt und die Beteiligten zu 1. bis 3. zu gleichen Teilen als seine Erben eingesetzt hat.

Mit Zwischenverfügung vom 17.12.2010 hat das Grundbuchamt den Beteiligten die Einreichung eines Erbscheins aufgegeben. Hiergegen wenden sich die Beteiligten mit ihrer Beschwerde. Sie machen geltend, dass sich die Erbfolge bereits aus den vorliegenden Testamenten in Verbindung mit dem Eröffnungsprotokoll ergebe. Außerdem tragen sie vor, dass keine von ihnen nach dem Ableben der Mutter den Pflichtteil geltend gemacht habe, und erklären ihre Bereitschaft, dieses auch an Eides statt zu versichern.

II. Die Beschwerde ist nach den §§ 71 ff. GBO zulässig, soweit die Beteiligten die Aufhebung der Zwischenverfügung vom 17.12.2010 begehren. Der weitergehende Antrag, das Grundbuchamt zur Durchführung der Grundbuchberichtigung anzuweisen, ist dagegen bereits unzulässig, weil der Senat im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht abschließend über den Eintragungsantrag zu entscheiden hat.

Die Beschwerde ist im zulässigen Umfang teilweise begründet und führt zu einer Abänderung bzw. Ergänzung der angefochtenen Zwischenverfügung, weil außer dem vom Grundbuchamt geforderten Erbschein auch die Vorlage eidesstattlicher Versicherungen der Beteiligten als Mittel zur Behebung des Eintragungshindernisses in Betracht kommt.

Für die beantragte Grundbuchberichtigung (§ 22 GBO) ist der Nachweis der Erbfolge nach dem am 24.6.2010 verstorbenen S in der Form des § 35 Abs. 1 GBO erforderlich.

Nach dieser Vorschrift ist der Nachweis der Erbfolge grundsätzlich durch einen Erbschein zu führen (§ 35 Abs. 1 S. 1 GBO). Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es gem. § 35 Abs. 1 S. 2 GBO in der Regel, wenn an Stelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden. Dabei reicht in formaler Hinsicht die Vorlage beglaubigter Abschriften aus (Demharter, GBO, 27. Aufl., § 35 Rz. 45; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rz. 786; Schaub in Bauer/von Oefele, GBO, 2. Aufl., § 35 Rz. 121; Herrmann in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht, 6. Aufl., § 35 GBO, Rz. 68). Liegt - wie hier - außer einer öffentlichen Verfügung von Todes wegen auch ein privatschriftliches Testament vor, so genügt es, wenn die Erbfolge jedenfalls auch auf der öffentlichen Verfügung von Todes wegen beruht und sich selbst...

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