Leitsatz (amtlich)

1. Mit Rechtskraft des Urteils geht die bis dahin gegen den Angeklagten vollzogene Untersuchungshaft ohne weiteres in Strafhaft über.

2. Zum fortwirkenden Rechtsschutz bei prozessual überholten oder erledigten Maßnahmen.

 

Verfahrensgang

LG Hagen

 

Tenor

Die Beschwerde ist gegenstandslos.

 

Gründe

I.

Der 1978 geborene Angeklagte ist durch inzwischen rechtskräftiges Urteil der Jugendkammer vom 17. Mai 2001 wegen Vergewaltigung in fünf Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Wegen dieser Taten hatte das Amtsgericht Iserlohn am 25. Oktober 2000 gegen den Angeklagten einen auf Flucht- und Wiederholungsgefahr gestützten Haftbefehl erlassen. Der Angeklagte wurde am 27. Oktober 2000 festgenommen. Im Haftprüfungstermin vom 9. November 2000 wurde Haftfortdauer beschlossen, wobei als Haftgrund jetzt nur noch Wiederholungsgefahr zugrunde gelegt wurde.

Der Angeklagte befand sich sodann bis zum 17. Mai 2001 in Untersuchungshaft. An diesem Tag wurde nach Verkündung des Urteils der Jugendkammer der Haftbefehl vom 25. Oktober 2000 gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Dem Angeklagten wurde aufgegeben, wieder bei seinen Eltern Wohnung zu nehmen, sich zweimal in der Woche bei der für ihn zuständigen Polizeidienststelle zu melden und die begonnene Therapie mit mindestens zwei Sitzungen/Woche fortzusetzen. Der Angeklagte wurde am 17. Mai 2001 aus der Untersuchungshaft entlassen. Das Urteil der Jugendkammer wurde nicht rechtskräftig, da der Angeklagte Revision einlegen ließ.

Im Verlauf des Revisionsverfahrens trug die Vertreterin einer der Nebenklägerinnen am 5. September 2001 vor, dass der Angeklagte von seinem in der Hauptverhandlung letztlich abgelegten Geständnis abrücke und zudem der in der Hauptverhandlung angekündigte Täter-Opfer-Ausgleich bislang noch nicht gelungen sei. Die Strafkammer hat daraufhin erneut den bereits in der Hauptverhandlung gehörten Sachverständigen Dr. Hill befragt, der auf der Grundlage der ihm übermittelten Unterlagen ergänzend zu seinem im Verfahren erstatteten Gutachten vom 4. Mai 2001 Stellung nahm. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass durch das erneute Leugnen der Taten ein prognostisch günstiger Faktor entfalle und damit das Risiko erneuter Sexualstraftaten noch größer sei als bisher von ihm dargestellt.

Die Strafkammer hat daraufhin den Haftverschonungsbeschluss vom 17. Mai 2001 aufgehoben und den Haftbefehl des Amtsgerichts vom 25. Oktober 2000 wieder in Vollzug gesetzt. Dies hat sie im Wesentlichen damit begründet, dass sich durch das Abrücken des Angeklagten von seinem Geständnis die Wiederholungsgefahr derart vergrößert habe, dass dem nur noch durch einen Vollzug des Haftbefehls begegnet werden könne.

Der Angeklagte wurde am 28. September 2001 in Iserlohn festgenommen. Am 29. September 2001 wurde er dem Amtsrichter vorgeführt. In seiner Anhörung erklärte er, von einem Geständniswiderruf könne nicht die Rede sein. Er stehe nach wie vor zu seinem Geständnis. Die Revision sei eher aus taktischen Gründen eingelegt worden. Er beantragte, unverzüglich dem Landgericht Hagen vorgeführt zu werden.

Dort beantragte der Verteidiger des Angeklagten unter dem 1. Oktober 2001 mündliche Haftprüfung, er beantragte außerdem gemäß § 115 a Abs. 3 StPO die Vorführung vor den zuständigen Richter zur Vernehmung nach § 115 StPO und stellte außerdem verschiedene Beweisanträge. Der (Haftprüfungs-)Termin fand am 10. Oktober 2001 statt. Nach Erörterung nahm der Verteidiger des Angeklagten den Haftprüfungsantrag schließlich zurück. Im Anschluss daran legte er gegen den Beschluss vom 25. September 2001 nunmehr Haftbeschwerde ein.

Mit Beschluss vom 12. Oktober 2001 beschloss die Jugendkammer die Fortdauer der durch Beschluss der Kammer vom 25. September 2001 angeordneten Untersuchungshaft und half der Haftbeschwerde nicht ab. Der Angeklagte habe eingeräumt, dass der Täter-Opfer-Ausgleich nicht realisiert worden sei, auch sei es nicht zu dem von ihm selbst angeregten Aushang am "Schwarzen Brett" des örtlichen Turnvereins gekommen.

Während des Beschwerdeverfahrens hat der Angeklagte die Revision gegen das Urteil vom 17. Mai 2001 zurückgenommen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Haftbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg mehr. Sie war vielmehr, nachdem der Angeklagte sein Rechtsmittel gegen das Urteil vom 17. Mai 2001 zurückgenommen hat, für gegenstandslos zu erklären.

1.

Die Beschwerde ist gegenstandslos. Der Angeklagte befindet sich nicht mehr in Untersuchungshaft, sondern in Strafhaft. Denn mit der in Folge der Rücknahme der Revision eingetretenen Rechtskraft des Urteils vom 17. Mai 2001 ist die bis dahin gegen den Angeklagten vollzogene Untersuchungshaft ohne weiteres in Strafhaft übergegangen. Der Senat schließt sich der zu dieser in Rechtsprechung und Literatur umstrittenen Frage (vgl. die zahlreichen Nachweise bei...

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