Leitsatz (amtlich)

Die Überprüfungsmöglichkeit der Kostenentscheidung in Unterhaltssachen nach § 243 FamFG im Beschwerdeverfahren beschränkt sich darauf, ob das Familiengericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat.

 

Normenkette

FamFG § 243; ZPO § 269 Abs. 5 S. 1, § 572

 

Verfahrensgang

AG Dorsten (Beschluss vom 27.08.2012; Aktenzeichen 12 F 107/12)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG -Familiengericht - Dorsten vom 27.8.2012 abgeändert.

Der Antragsteller trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller nach einem Gegenstandswert von " bis 900 EUR" auferlegt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens.

Die nicht miteinander verheirateten Beteiligten sind Eltern eines im Mai 2011 geborenen gemeinsamen Kindes. Durch Teilanerkenntnis- und Schlussbeschluss des AG Dorsten vom 14.2.2012 (Az. 12 F 213/11) ist der Antragssteller verpflichtet worden, an die Antragsgegnerin einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 770 EUR gem. § 1615l BGB zu zahlen. Im vorliegenden Verfahren hat er die Abänderung des Titels dahingehend begehrt, der Antragsgegnerin ab März 2012 keinen Unterhalt mehr zu schulden, da die Antragsgegnerin ab diesem Zeitpunkt aus einem Arbeitsverhältnis Einkünfte i.H.v. monatlich 2.000 EUR brutto erziele. Mit Schriftsatz vom 2.8.2012 hat er den Antrag zurückgenommen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG entschieden, dass die (gerichtlichen) Kosten des Verfahrens dem Antragsteller auferlegt werden und außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Zur Begründung hat es angeführt, die Kostenentscheidung beruhe auf § 243 FamFG. Von einer Auferlegung auch der außergerichtlichen Kosten auf den Antragsteller sei deswegen abgesehen worden, weil die Antragsgegnerin trotz einer in Ansehung des Alters des von ihr betreuten gemeinschaftlichen Kindes überobligaten Erwerbstätigkeit nicht damit habe rechnen können, dass ihr das gesamte Nettoeinkommen anrechnungsfrei verbleibt, was sich auf die Höhe des für sie titulierten Unterhalts auswirke.

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde macht die Antragsgegnerin geltend, auch die außergerichtlichen Kosten seien dem Antragsteller aufzuerlegen, da sie nicht damit habe rechnen müssen, dass ihr Einkommen aus überobligater Tätigkeit teilweise auf ihren Unterhaltsanspruch angerechnet wird.

Das AG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Der von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung angesprochene Gesichtspunkt sei bei der Kostenentscheidung berücksichtigt worden.

II.1. Die sofortige Beschwerde ist gem. den §§ 113 Abs. 1 FamFG, 269 Abs. 5 S. 1, 567 Abs. 1 ZPO zulässig.

2. Sie ist auch begründet.

a) Abweichend von den allgemein Vorschriften der ZPO über die Kostenverteilung entscheidet das Familiengericht in Unterhaltssachen gem. § 243 S. 1 FamFG nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Maßgebliche Gesichtspunkte, die das billige Ermessen berücksichtigen soll, werden in § 243 S. 2 Nr. 1 bis 4 FamFG benannt. Wie sich aus dem Wort "insbesondere" ergibt, sind diese Gesichtspunkte nicht als abschließend zu verstehen, vielmehr können auch andere Umstände und Rechtsgedanken die Ermessensausübung (mit)bestimmen.

Beruht die Kostenentscheidung nach § 243 FamFG danach auf billigem Ermessen, hat dies auch Folgen für deren Überprüfung in der Beschwerdeinstanz. Die Überprüfungsmöglichkeit beschränkt sich darauf, ob das Familiengericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Der Sinn des eingeräumten Ermessens würde verfehlt, wenn das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein vom erstinstanzlichen Gericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen. Das Beschwerdegericht kann die Kostenentscheidung nur auf Ermessensfehler in Form des Ermessensfehlgebrauchs oder der Ermessensüberschreitung überprüfen, also darauf, ob das erstinstanzliche Gericht von dem ihm obliegenden Ermessen einen ungesetzlichen Gebrauch gemacht hat. Das könnte namentlich dann der Fall sein, wenn es für die Ermessensentscheidung maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht ermittelt oder sonst unberücksichtigt gelassen hat (BGH,

Beschl. v. 28.2.2007 - XII ZB 165/06, NJW-RR 2007, 1586 =FamRZ 2007, 893). Diese Rechtsprechung ist auch im Anwendungsbereich des § 243 FamFG maßgeblich, der die Ausübung billigen Ermessens zum tragenden Grundsatz der Kostenentscheidung in Unterhaltssachen erhoben hat (ständige Rechtsprechung des OLG Hamm, vgl. etwa Beschl. v. 26.6.2012 - II-2 WF 70/12, FuR 2012, 614).

b) Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze ist die vom AG getroffene Kostenentscheidung zugunsten der Antragsgegnerin abzuändern, so dass den Antragsteller auch die Kostentragungspflicht hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten trifft.

Der Entscheidun...

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