Leitsatz (amtlich)

1. Der akute Befall eines zu Wohnzwecken dienenden Gebäudes mit einem oder mehreren Mardern stellt einen Sachmangel im Sinne des §§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB dar, über den der Verkäufer eines Hausgrundstücks oder Eigentumswohnung den Kaufinteressenten aufzuklären hat.

2. Dagegen wird ein Sachmangel nicht (auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Mangelverdachts) allein dadurch begründet, dass in der weiter zurückliegenden Vergangenheit ein Marderbefall des Gebäudes zu verzeichnen war. Infolgedessen muss der Verkäufer den Kaufinteressenten über derartige Vorfälle nicht aufklären.

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Urteil vom 05.09.2016; Aktenzeichen 10 O 38/15)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 05.09.2016 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Hagen wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 30.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung.

Der Kläger erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 27.01.2014 (UR-Nr .../..., Notar T, I, Bl. 11 ff GA) von den Beklagten eine Eigentumswohnung in dem 1989 errichteten Fünffamilienhaus "Am C2 ... und ..." in I2 für 110.000 EUR unter Ausschluss der Gewährleistung für Sachmängel (§ 2 KV, Bl. 13 GA). Der Kläger wurde am 02.05.2014 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Zu der im Aufteilungsplan als Nr. 1 bezeichneten Wohnung gehört u.a. ein Kellerraum, durch den Versorgungsleitungen und allgemein zugänglich zu haltende Ablesevorrichtungen verlaufen, weshalb der Kellerraum sich nicht zur Lagerung brennbarer Sachen eignet und nicht frei abschließbar ist. Die Eigentümergemeinschaft stellte deshalb den Beklagten wie auch nach dem Verkauf dem Kläger im Bereich des Gemeinschaftseigentums im Keller eine weitere Fläche von etwa 1,5 m2 zur Lagerung von Gegenständen zur Verfügung.

Vor dem Verkauf der Wohnung nisteten sich Marder im Dachboden des Mehrfamilienhauses ein, wobei die Dauer und Intensität des Befalls sowie der Umfang der durch den Befall verursachten Schäden zwischen den Parteien streitig sind. Ein Marderbefall ereignete sich unstreitig vor 2007 und war Thema der Eigentümerversammlung im Jahr 2007. Im Rahmen der Eigentümerversammlung beschloss die Eigentümergemeinschaft, vorhandene Vorrichtungen (Nägel) zur Marderabwehr an der Gebäudehülle zu ertüchtigen sowie weitere Maßnahmen (Draht) zur Marderabwehr zu beauftragen. Bereits zuvor hatte eine Dachdeckerfirma die durch die Marder verschobenen Dachziegel wieder an der richtigen Stelle platziert.

Am 30.10.2013 löste sich - verursacht durch einen Marder- ein Teil der Zwischendecke in der Wohnung der Zeugin T. Die Schadensbeseitigungskosten beliefen sich insgesamt auf 2.256,22 EUR. Die Eigentümerversammlung beschloss am 07.10.2014 weitere Abwehrmaßnahmen gegen das Eindringen von Mardern laut Angebot der Dachdeckerfirma I2 über 1.221,88 EUR durchführen zu lassen.

Der Kläger hat behauptet, den Beklagten sei der Marderbefall im Haus vor Kaufvertragsschluss bekannt gewesen, auch von dem Vorfall am 30.10.2013 hätten die Beklagten gewusst. Gleichwohl hätten sie ihn hierüber nicht unterrichtet. Es erfordere einen Kostenaufwand von 86.275 EUR brutto, das Dach mardersicher zu machen und die vom Marder teilweise weggefressene Dachisolierung zu ersetzen. Den auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Betrag von 20.350,55 EUR brutto hätten die Beklagten ihm deshalb zu ersetzen. Der Kläger hat weiter behauptet, die Beklagten hätten ihm verschwiegen, dass der zur erworbenen Wohnung gehörige Kellerraum nur begrenzt nutzbar und zudem nicht frei abschließbar sei. Die ihm zur Schaffung einer abschließbaren Lagermöglichkeit auf der von der Eigentümergemeinschaft zur Verfügung gestellten Fläche des Gemeinschaftseigentums entstandenen Kosten von 1.955,29 EUR seien deshalb von den Beklagten zu ersetzen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 22.305,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.12.2014 aus 20.350,55 EUR und seit Rechtshängigkeit aus 1.955,29 EUR zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1.242,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den weiteren über 22.305,84 EUR hinausgehenden Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund des Marderbefalls an dem Wohnobjekt unter der Adresse Am C2 ...,... I2 entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten haben beantragt, die...

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