Leitsatz (amtlich)

Zur Berechnung der Haftungsquote und Anrechnung von Kindergeld beim Volljährigenunterhalt.

Bei einem auffälligen Missverhältnis der Haftungsanteile ist Kindergeld nur nach dem aus § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB folgenden Verhältnis zu verteilen.

 

Normenkette

BGB §§ 1606, 1610, 1612b; EStG §§ 31-32, 64

 

Verfahrensgang

AG Hamburg (Urteil vom 13.06.2001; Aktenzeichen 733 F 420/00)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des AG Hamburg-Wandsbek vom 13.6. 2001 abgeändert.

Der am 22.9.1994 vor dem AG – FamG – Hamburg-Wandsbek zum Aktenzeichen 730 F 120/93 abgeschlossene Vergleich wird dahingehend abgeändert, dass der Kläger nicht verpflichtet war, an die Beklagte mehr als je 316 DM für November und Dezember 2000, mehr als monatlich 266 DM von Januar bis Juni 2001, für Juli 2001 mehr als 253 DM und von August bis einschließlich November 2001 mehr als monatlich 127 DM zu zahlen. Ab Dezember 2001 hat er keinen Unterhalt mehr zu zahlen. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 801,56 Euro zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 1/5 und die Beklagte 4/5. Von den Kosten der Berufung tragen der Kläger 1/10 und die Beklagte 9/10.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.d. zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Gläubiger vorher entsprechende Sicherheit geleistet hat.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die am 1982 geborene Beklagte ist die eheliche Tochter des Klägers. Die Ehe des Klägers mit der Mutter der Beklagten wurde durch Urteil vom 22.9.1994 geschieden. In dem vor dem AG Hamburg-Wandsbek am 22.9.1994 zwischen den Eltern geschlossenen Scheidungsfolgenvergleich hatte sich der Kläger verpflichtet, einen monatlichen Kindesunterhalt für D. von 500 DM zu zahlen. Das staatliche Kindergeld von zur Zeit des Vergleichs 70 DM bezog durchgehend die Ehefrau. Mit der am 21.12.2000 eingegangenen Klage begehrt der Kläger rückwirkend zum 1.11.2000 die Abänderung des Vergleichs, da er seit der Volljährigkeit der Beklagten nunmehr nur noch neben seiner geschiedenen Ehefrau zur Leistung von Barunterhalt verpflichtet sei.

Die Beklagte, die durchgehend im Haushalt ihrer Mutter lebte, besuchte bis zum 2.7.2001 die Höhere Handelsschule. Mit dem Abschlusszeugnis erwarb sie die Fachhochschulreife. Die Beklagte hatte sich bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 2000 und im Frühjahr 2001 mehrfach um einen Ausbildungsplatz zur Werbekauffrau beworben. Sie interessierte sich dann für eine Ausbildung als Reiseverkehrskauffrau und schrieb noch vor Beendigung des Schuljahres mehrere Bewerbungen. Bei der Firma hatte sie vom 2.7. bis 12.7.2001 ein Praktikum absolviert und auf eine Einstellung gehofft, aber am 27.7.2001 eine Absage erhalten. Beim …-Versand wurde sie am 9.8.2001 zu einem Gruppengespräch am 13.9.2001 eingeladen. Parallel liefen weitere Bewerbungen aus dem August 201. Nach der Absage des …-Versands schrieb sie vom 12.9. bis 22.11.2001 rund 30 Bewerbungen. Am 21.11.2001 erhielt sie die Zusage der Firma … Spedition GmbH für einen Ausbildungsplatz zum 1.2.2002.

Seit dem 20.11.2001 verdiente sich die Beklagte 10 DM/Std. mit Babysitting. Ab 1.12.2001 arbeitete sie zwei Monate vollschichtig für 13,59 DM/Std. bei. Seit dem 1.2.2002 erhält sie eine Ausbildungsvergütung von brutto 565 Euro im ersten, 658 Euro im zweiten und 737 Euro im dritten Lehrjahr. Der Nettoverdienst im ersten Lehrjahr beträgt 452,57 Euro.

Die Eltern der Beklagten arbeiten beide bei der Versicherungs-AG. Der Kläger ist wiederverheiratet. Auch seine jetzige Ehefrau arbeitet bei der … und verdient sogar etwas mehr als der Kläger. Die Betreuung des am 13.4.1997 geborenen Sohnes J. nehmen nach der Behauptung des Klägers beide Eheleute in etwa gleichem Umfang wahr. J. besucht seit Januar 2000 werktäglich für 4 Stunden eine Kindertagesstätte. Dafür entstehen ohne Mittagessen Kosten von 300 DM monatlich, wie der Kläger belegt hat.

Der Kläger hat beantragt, den Vergleich vom 22.9.1994 dahin abzuändern, dass er lediglich verpflichtet ist, vom 1.11.2000 bis 31.7.2001 monatlich 213 DM zu zahlen, und ab 1.8.2001 seine Unterhaltspflicht entfällt.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Für eine beabsichtigte Widerklage auf Zahlung von monatlich 949,60 DM hat ihr das FamG unter Hinweis auf das angefochtene Urteil Prozesskostenhilfe verweigert.

Durch Urteil vom 13.6.2001 hat das FamG den Vergleich mit Wirkung ab 1.11.2000 auf monatlich 459,19 DM abgeändert. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

Gegen das Urteil vom 13.6.2001 haben beide Parteien fristgerecht Berufung eingelegt. Den mit Schriftsatz vom 10.9.2001 angekündigten Prozesskostenhilfeantrag für eine Widerklage auf Zahlung von 949,60 DM ab 1.5.2001 hat die Beklagte im Termin vom 3.4.2002 zurückgenommen.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Vergleich vom 22.9.1994 dahin abzuänder...

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