Leitsatz (amtlich)

1. Der großflächige Aufdruck von Zeichen auf T-Shirts, die jedenfalls ihrem Ursprung nach gerade keine originäre markenrechtliche, also produkt- bzw. herstellerbezogene Herkunftshinweisfunktion hatten (hier: CCCP mit dem Symbol Hammer und Sichel), sondern dem Verkehr als Symbole von Staaten oder staatlichen Institutionen bekannt waren und erst durch deren Untergang überhaupt in Deutschland markenrechtlich schutzfähig geworden sind, ist grundsätzlich keine markenmäßige Verwendung.

2. Die Wahrnehmung solcher Zeichen als produktbezogenen Herkunftshinweis setzt voraus, dass der Verkehr, sofern er den ursprünglichen Bedeutungsgehalt jedenfalls insoweit kennt, als er weiß, dass das Zeichen im Ursprung gerade keine Marke war, den Wandel zu einem markenmäßigen Herkunftshinweis erkennt.

3. Zum anderen ist zu beachten, dass ein großflächiger Aufdruck einer Bezeichnung auf einem T-Shirt, anders als eine klassischen Benutzung nach Art einer Marke etwa im Kragenetikett oder als im nicht großflächig gestaltetes Logo auf dem Kleidungsstück selbst, die Kundgabe einer Meinungsäußerung sein kann und deshalb der Bedeutungsgehalt des Art. 5 GG bei der Auslegung des Markengesetzes, insbesondere des Merkmals der markenmäßigen Benutzung, in besonderem Maße zu beachten ist.

 

Normenkette

MarkenG § 14; GG Art. 5

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 17.11.2006; Aktenzeichen 406 O 133/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg vom 17.11.2006 - 406 O 133/06 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Streitfhilfe, die der Streithelfer trägt, hat die Klägerin zu tragen. Der Streithelfer trägt seine Kosten selbst

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 28.900 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe dieses Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen: Der Streitwert wird für die Berufung auf 25.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Klägerin handelt mit Bekleidung, insbesondere mit T-Shirts, die auf der Grundlage von entsprechenden Lizenzen mit den Marken bzw. Logos bekannter Unternehmen gekennzeichnet sind. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung aus einer am 16.4.2004 angemeldeten und am 5.7.2004 eingetragenen deutschen Wortmarke "CCCP" (Registernummer 30421978) in Anspruch, die u.a. für "Bekleidungsstücke,... T-Shirts" eingetragen ist, und zwar für den Streithelfer der Klägerin (Anlage K 1). Die Klägerin ist Inhaberin von Lizenzrechten für die Kennzeichnung von Bekleidungsstücken mit dieser Wortmarke und nach der Lizenzvereinbarung berechtigt, im eigenen Namen Unterlassungsansprüche direkt gegen den Verletzer geltend zu machen (Anlage K 2). Die Klägerin benutzt das Klagezeichen als großflächigen Aufdruck auf sog. "Logoshirts" u.a. wie folgt (Anlage K 8, S. 3, auf Anlage B 8 wird außerdem Bezug genommen):

Die Beklagte vertreibt über ihre unter der Domain "s. de" abrufbare Internetseite bedruckte Kleidungsstücke (Anlagen K 3 - K 6). So bietet die Beklagte T-Shirts an, deren Aufdruck der Käufer über die Internetseite selbst konfigurieren kann ("Ihr Text oder Bild auf Ihrem Shirt"). Dabei kann der Käufer entweder den Text selbst gestalten ("Eigener Text") oder auf von der Beklagten vorgegebene Motive ("Motive und Sprüche") zurückgreifen. Dabei stellte die Beklagte auch das streitgegenständliche Motiv zur Auswahl, nämlich das Bildmotiv "Hammer und Sichel" mit dem anschließenden Schriftzug "CCCP". Entsprechend fand sich die im Klageantrag (s.u.) wiedergegebene Abbildung auf der Internetseite der Beklagten.

Die kyrillische Buchstabenfolge "CCCP" steht für "SSSR", der Abkürzung für "Soyuz Sovjetskikh Sotsialisticheshikh Respublik" (Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken), in kyrillischer Schreibweise "..." und wurde während des jahrzehntelangen Bestehens der Sowjetunion weltweit als Kennzeichnung dieses Staates und seiner Angehörigen benutzt, u.a. auf der Sportbekleidung sowjetischer Sportler bei internationalen Wettkämpfen wie den Olympischen Spielen, Fußball-Weltmeisterschaften und als Aufschrift auf Flugzeugen der staatlichen sowjetischen Fluggesellschaft Aeroflot (vgl. auch B 38).

Die Staatsflagge der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken sah wie folgt aus: (im Original rote Grundfarbe, gelbe Symbolfarbe)

Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken wurde am 30.12.1922 gegründet und am 26.12.1991 durch Beschluss des Obersten Sowjets aufgelöst, ihre völkerrechtlichen Pflichten und Rechte wurden auf die Russische SFSR (später russische Föderation) übertragen.

Auch heute noch werden in Deutschland mit "CCCP" versehene Replika-Fußballtrikots aus den 1970er Jahren sowie mit CCCP gekennzeichnete Uniformstücke verkauft (Bl. 283 d.A. i.V.m. dem Beschluss des DMPA gem. Anlage S 13, S. 6; Anlagen B 2-B 4 sowie B 34-B 36). So existiert etwa auf der Internet-Verkaufsplattform eBay eine Kaufkategorie "Sammeln&Seltenes/DDR&Ostalgie/Sowjetunion" (...

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