Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 05.10.2005; Aktenzeichen 401 O 76/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 05.11.2007; Aktenzeichen II ZR 262/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 1 für Handelssachen, vom 5.10.2005 abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 48.321,06 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 16.5.2003 zu zahlen.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Wegen des Tatbestands wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO vorbehaltlich nachfolgender Ergänzungen und Abänderungen auf das angefochtene Urteil des LG verwiesen.

II. Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

Zu Unrecht hat das LG die Haftung der Beklagten gem. § 64 Abs. 2 GmbHG mangels Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft und/oder mangelnder Überschuldung zum maßgeblichen Zeitpunkt verneint.

Die Klage erweist sich vielmehr auf der Basis des vorgetragenen und großen Teils unstreitigen Sachverhalts als begründet.

1. Soweit der Kläger rügt, das LG habe seine Entscheidung entgegen § 313 Abs. 3 ZPO nicht begründet, die Bezugnahme auf ein anderes Urteil (LG Ravensburg bzw. OLG Stuttgart) sei unzulässig, greift dies im Ergebnis nicht durch. Zwar begegnet die pauschale Bezugnahme auf die Verfahren in Ravensburg und Stuttgart schon deshalb erheblichen Bedenken, weil die dortigen Parteien zumindest nicht sämtlich den jetzigen entsprachen.

Im Ergebnis kommt es darauf jedoch nicht an, weil die Beklagten das Urteil des OLG Stuttgart als Anlage 1 zur Klagerwiderung selbst eingereicht haben (der Kläger besaß es als Partei des Verfahrens in Stuttgart ohnehin).

Entsprechendes gilt für den Umstand, dass es das LG - zumindest nach dem Protokoll - unterlassen hat, das Urteil zum Gegenstand der Verhandlung zu machen. Von daher kann ausgeschlossen werden, dass maßgebliche prozessuale Rechte der Beklagten durch diese Verfahrensweise tatsächlich beeinträchtigt worden sind (vgl. zum Problem: BGH NJW-RR 1991, 830 f.; vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 25. Aufl. 2005, § 313 RNr. 19)

2. Im Ergebnis ebenfalls unbegründet ist der Einwand des Klägers, die pauschale Bezugnahme auf das Urteil des OLG Stuttgart und dessen Wertung der subjektiven "Tatseite" der Geschäftsführer bezüglich der möglichen Kenntnis einer Überschuldung sei schon deshalb nicht zulässig gewesen, weil das dortige Verfahren eine andere Firma/andere Personen betraf.

Auch wenn der jetzige Beklagte zu 2. in Ravensburg/Stuttgart nicht als Partei beteilligt war, so hatte er jedenfalls unstreitig Kenntnis von der Finanz- und Geschäftslage der Fa. H GmbH. und hat dazu als Zeuge ausgesagt.

3. Das LG hatte schließlich auch keinen Anlass, die Beklagten als Partei zu vernehmen. Der Kläger hatte sich darauf nicht bezogen. Das LG ging bereits davon aus, dass die objektiven Voraussetzungen für eine Überschuldung zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht vorgelegen hätten. Die anschließende - ohne Beweisaufnahme dazu - gewonnene Annahme, dass diese Sicht von den Beklagten geteilt worden sei, ist deshalb zumindest vertretbar.

4. Zur Recht macht der Kläger jedoch geltend, dass die Übernahme der Begründung des OLG Stuttgart sowohl zum Eintritt der Überschuldung einerseits, als auch zum Wegfall der Überschuldung im Zuge der anschließenden Gespräche mit den Gläubigern nicht frei von Rechtsfehlern ist, vielmehr die Überschuldung hätte festgestellt werden müssen.

4.1 Insoweit muss zur Bewertung wegen der pauschalen Bezugnahme des LG auf das OLG Stuttgart von den dortigen Gründen ausgegangen werden.

Das OLG Stuttgart hatte zunächst festgestellt, dass die H GmbH. nach der Fälligstellung der Kredite der D Bank per 30.6.1997 überschuldet war (UA-12); durch die mehrfachen Mitteilungen der Bank, dass - bei Weiterzahlung der monatlichen Zinsen und Aufstellung eines Sanierungskonzepts - diese Forderung nicht geltend gemacht werde, sei die Überschuldung de facto (wieder) in einen Kredit zurückgeführt worden; aus der objektiven Sicht der Gesellschaft - die das OLG teile - sei damit der Gesellschaft. eine sichere Rechtsposition eingeräumt worden, mit der Folge, dass die Forderungen der D Bank - ohne abweichende Änderung des Sachverhalts - prolongiert würden. Damit sei die Überschuldung zunächst beendet worden. Sie sei erst erneut eingetreten, als die D Bank Mitte 05/2001 erklärte, sie werde die zur Fortführung der Gesellschaft erforderlichen Verzichtserklärungen nicht abgeben und die (letzte) Rückzahlungsfrist per 30.5.2001 nicht verlängern.

4.2 Mit den Feststellungen des LG Ravensburg und des OLG Stuttgart geht auch der Senat davon aus, dass die Kündigung der Betriebsmittelkredite per 30.6.1997 zur Ü...

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