Leitsatz (amtlich)

1. Die Presseerklärung eines Mitbewerbers, das Konkurrenzprodukt (hier: eine Spielzeugautorennbahn) erfülle nicht alle DIN-Normen, ist als Wettbewerbshandlung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG) an den UWG-Maßstäben zu beurteilen.

2. Die geschäftsschädigende Tatsachenbehauptung über die Nichterfüllung der DIN-Normen ist nicht erweislich wahr (§ 4 Nr. 8 UWG), soweit sie nur auf der Prüfung einer Einzelpackung beruht, die betreffenden DIN-Normen aber auch mehrere Ausreißer gestatten, wenn innerhalb einer Stichprobe die festgelegte Anzahl der Ausreißer nicht überschritten ist (so z.B. bei 14 Geräten ein Ausreißer oder bei 32 Geräten nicht mehr als vier Ausreißer).

3. Ob die (unterstellt: zutreffende) Behauptung, man habe bei einem Einzelstück des Konkurrenzprodukts das Überschreiten der zugelassenen Grenzwerte festgestellt, wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden wäre, kann offen bleiben.

 

Normenkette

UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 8

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 01.02.2006; Aktenzeichen 315 O 923/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 1.2.2006 abgeändert.

Die Beschlussverfügung des LG Hamburg vom 8.12.2005 wird erneut erlassen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

 

Gründe

A. Die Parteien vertreiben digital gesteuerte Spielzeug-Autorennbahnen und stehen miteinander im Wettbewerb.

Im Jahre 2004 hatte es zwischen den Parteien zunächst ein einstweiliges Verfügungsverfahren mit umgekehrten Rubrum (LG Hamburg 312 O 846/04 - Anlage ASt 2 - im Folgenden: EV-Verfahren 2004) gegeben.

Danach hat sich die Antragsgegnerin mit Presseerklärungen über die von der Antragstellerin vertriebene Spielzeug-Autorennbahn und unter Bezugnahme auf das EV-Verfahren 2004 geäußert, diese Erklärungen wurden in Spielzeugfachzeitschriften veröffentlicht (Anlagen ASt 4-5 und ASt 8-9).

Die Antragstellerin beanstandet die Äußerungen als wettbewerbswidrig und nimmt die Antragsgegnerin vorliegend im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung in Anspruch.

Die Antragstellerin vertreibt in Deutschland Spielzeug-Autorennbahnen des spanischen Herstellers "TT S. A.", und zwar u.a. unter den Bezeichnungen "SCX Digital System" (Ref. 10000), "SCX Rally Set" (Ref. 10010) und "SCX The Digital System" (Ref. 10020). Die Antragsgegnerin produziert und vertreibt die CARRERA-Spielzeug-Autorennbahnen.

In dem redaktionellen Beitrag der Zeitschrift "das Spielzeug", Ausgabe 12/2005, unter der Rubrik "Brancheninfo" auf S. 16 (Anlage ASt 5 - vgl. dazu das 1. Verbot der Beschlussverfügung) heißt es:

"Carrera-Contra SCX

Über die Einhaltung von deutschen Sicherheitsbestimmungen bei digitalen Autorennbahnen gibt es einen Dissenz zwischen dem Marktführer Carrera (S-Gruppe) und dem spanischen Hersteller Tecnitoys mit seiner Marke SCX (D-Vertrieb: JSR). In einer Presseerklärung betont S. (= Antragsgegnerin), man habe bei der Entwicklung in enger Zusammenarbeit mit der LGA ein allen Sicherheitsbestimmungen entsprechendes Produkt auf den Markt gebracht. Das LG Hamburg habe in einer einstweiligen Verfügung im Herbst 2004 der Firma M (= Antragstellerin) verboten, digitale Autorennbahnen ohne Einhaltung der einschlägigen DIN-Normen in den Verkehr zu bringen. Nach den von Tecnitoys vorgenommenen Änderungen am Produkt SCX seien, so S., immer noch nicht alle anwendbaren DIN-Vorschriften erfüllt. Das habe die LGA mehrfach ermittelt. Damit verstoße der Vertrieb dieser SCX-Produkte gegen die einstweilige Verfügung und das LG habe nun über einen Bestrafungsantrag gegen M zu befinden." (Anlage ASt 5).

In dem redaktionellen Beitrag der Zeitschrift "Branchenbrief international - Spielzeugbranche aktuell", Ausgabe Mitte November 2005, unter der Rubrik "Handel" auf S. 4 (Anlage ASt 9 - vgl. dazu das 2. Verbot der Beschlussverfügung) steht:

"... Die Autos der "Carrera Exclusiv"-Reihe werden nun mit neuen Tuningmöglichkeiten ausgestattet: Verstellbare Magnete und Distanzplättchen modifizieren die Streckenhaftung, die Stromversorgung wird verbessert, die Bodenfreiheit lässt sich einstellen, und zusätzlich zu den Xenon-Scheinwerfern erhalten die Fahrzeuge neue Bremslichter. Nächstes Jahr sollen neben weiteren Komplettsets wechselbare Motoren und Reifen dazukommen. Im Zusammenhang mit der Einhaltung der elektromagnetischen Verträglichkeit teilt S.. (= Antragsgegnerin) mit, bei seinen Digitalbahnen alle Sicherheitsbestimmungen des Gesetzgebers einzuhalten. Anders verhalte es sich mit der SCX"-Autorennbahn des Konkurrenten TecniToys, die in Deutschland von der Firma M (= Antragstellerin) vertrieben werde. Ende 2004 sei M durch eine einstweilige Verfügung des LG Hamburg untersagt worden, digitale Bahnen ohne die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften in den Handel zu bringen. Die hiernach getroffenen Änderungen durch TecniToys hätten lt. S.. jedoch nicht alle Mängel abgestellt, was ein Prüfinstitut inzwischen mehrfach bestätigt habe. Nun soll das LG über Maßnahmen gegen eine etwaige Verletzung...

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