Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 16.01.1987; Aktenzeichen 11 O 194/86)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 11, vom 16. Januar 1987, teilweise bezüglich der Zinsen abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8 % Zinsen auf 3.100,80 DM seit dem 1. März 1986 bis zum 31. Mai 1986, auf weitere 3.100,80 DM seit dem 1. April 1986 bis zum 31. Mai 1986 und auf weitere 3.100,80 DM vom 1. Mai bis 31. Mai 1986 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Kläger ist mit 7.867,51 DM beschwert.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat nur ganz geringfügig bezüglich eines Teils der Zinsen Erfolg, im übrigen ist sie sachlich nicht gerecht fertigt.

Die vom Kläger jetzt noch geltend gemachte Forderung von 7.867,51 DM steht ihm, nachdem er die Kaution mit Schriftsatz vom 5. November 1986 (Bl. 24 ff d.A.) abgerechnet hat, nicht mehr zu. In seiner Abrechnung hat der Kläger nämlich zu Unrecht eine Konventionalstrafe von 10.000,– DM angesetzt, auf die er jedoch keinen Anspruch hat, weil sie nicht wirksam vereinbart worden ist (§ 11 Ziff. 6 AGBG).

§ 19 des Pachtvertrages der Parteien vom 28. Mai 1984, in dem es heißt:

„Konventionalstrafe

Bei Nichteinhaltung dieses Vertrages wird eine Konventionalstrafe in Höhe von DM 10.000,– … vereinbart”

ist als Formularklausel dahin auszulegen, daß der Pächter die Vertragsstrafe zahlen sollte, wenn er den Vertrag insgesamt zu Fall bringt. Anhaltspunkte dafür, daß denkbare sonstige Pflichtverletzungen den Anspruch des Verpächters auslösen sollten, fehlen. Schon nach der Wortwahl geht es um den Vertrag im Ganzen. Bei der Auslegung ist von den Verständnismöglichkeiten eines Durchschnittskunden, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden, auszugehen. Die Auslegung hat also nach objektiven Kriterien ohne die Berücksichtigung von einzelfallbezogenen Umständen zu erfolgen (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 46. Aufl., § 5 AGBG Anm. 3 m.N.). Danach kann im Hinblick auch auf die Höhe der Konventionalstrafe, die mehr als das 7-fache der bei Abschluß des Vertrages gültigen Nettomiete beträgt (vgl. § 4 des Pachtvertrages), nur ein Verstoß gegen Vertragspflichten gemeint sein, der das Vertragsverhältnis scheitern zu lassen geeignet ist. Mit dem Landgericht sieht der Senat derartige Voraussetzungen in den Fällen erfüllt, in denen der Verpächter zur fristlosen Kündigung des Pachtverhältnisses berechtigt gewesen wäre. Damit umfaßt die Klausel des § 19 des Pachtvertrages auch den Fall, daß ein Pächter durch Zahlungsverzug die fristlose Kündigung des Verpächters provoziert. § 11 Ziff. 6 AGBG ordnet diesen Fall jedoch nicht als schutzwürdiges Interesse des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein, denn er bestimmt ausdrücklich, daß weder für Zahlungsverzug noch für die Lösung vom Vertrage auf diesem Wege eine Vertragsstrafe wirksam vereinbart werden kann. Es ist nicht zulässig, die Klausel im Hinblick auf dieses Ergebnis geltungserhaltend auf ihren zulässigen Inhalt zu reduzieren (BGHZ 84, 114). Die Klausel läßt sich auch nicht in einen gültigen und einen unzulässigen Teil trennen (BGH NJW 1984, 2687 f., 2816 f., 1985, 319 f.), denn es ist nicht ersichtlich, daß ein mit dem AGBG in Übereinstimmung stehender Teilbereich unabhängig von dem im übrigen unzulässigen Inhalt der Klausel geregelt wäre.

Die Klagforderung des Klägers ist nicht bereits erloschen durch die Aufrechnung des Beklagten im Schriftsatz vom 20. Oktober 1986 (Bl. 17 f. d.A.). Der Kautionsrückzahlungsanspruch war zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig, so daß sich auf rechenbare Forderungen nicht gegenüberstanden (§ 389 BGB). Dem Verpächter ist nämlich wie auch dem Vermieter nach Beendigung des Mietvertrages (hier zum 30. Mai 1986) eine angemessene Frist einzuräumen, innerhalb deren er sich zu entscheiden hat, ob und in welcher Weise er die Kaution zur Abdeckung seiner Ansprüche verwenden will. Während dieser Zeit ist eine Aufrechnung des Mieters mit der Kaution ausgeschlossen und erst danach wird der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution fällig. Wieviel Zeit dem Vermieter zuzubilligen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Diese können so beschaffen sein, daß mehr als 6 Monate für den Vermieter erforderlich und dem Mieter zumutbar sind (vgl. den diese Grundsätze enthaltenden Beschluß des BGH vom 1. Juli 1987, NJW 1987, 2372 f.).

Nach dieser Entscheidung erfordert es des weiteren der Zweck der Kautionsgewährung nicht, die Versäumung der Abrechnungsfrist mit der Versagung weiterer Zurückhaltung der Kaution und der Annahme einer Verwirkung der Aufrechnungsbefugnis mit Vermieteransprüchen zu sanktionieren. Für den Mieter sei es nicht unzumutbar, daß dem Vermieter die Möglichkeit zur Befri...

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