Leitsatz (amtlich)

1. Der Parallelimporteur verletzt die Markenrechte des Arzneimittelherstellers, wenn beim EU-Parallelimport die geschützte Marke unter Verwendung eigener Umverpackungen des Parallelimporteurs beibehalten wird, obwohl stattdessen die Originalverpackungen nach Überkleben und/oder Bündeln eingesetzt werden könnten. Durchgreifende Marktwiderstände gibt es insoweit nicht.

2. Meldet der Parallelimporteur seinerseits als Gegen-Marke im Inland eine Kennzeichnung an, die mit der in der EU (ausgenommen im Inland) verwendeten Marke des Arzneimittelherstellers identisch ist, so ist eine unlautere Behinderung und demgemäß insoweit ein Löschungsanspruch gegeben.

 

Normenkette

MarkenG §§ 14, 24; UWG §§ 3, 4 Nr. 10, § 8 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 26.02.2002; Aktenzeichen 312 O 668/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 12.07.2007; Aktenzeichen I ZR 148/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, v. 26.2.2002 abgeändert.

1. Die Beklagten zu 1) und 2) werden verurteilt, es bei bei Vermeidung eines vom LG Hamburg, Zivilkammer 12, für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall bis zu 250.000 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchsten zwei Jahre) zu unterlassen,

das Arzneimittel "CORDARONE" aus Belgien zu importieren, umzupacken und in der Bundesrepublik Deutschland in eigenen Umverpackungen à 20 und 100 Tabletten anzubieten und/oder zu vertreiben.

2. Die Beklagte zu 3) wird verurteilt, in die Löschung der Eintragung der Marke Reg. Nr. -. "CORDARONE" vor dem Deutschen Patent- und Markenamt einzuwilligen.

Die Beklagten haben die gesamten Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 190.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. In dem Konzern der Klägerin, ein Pharmaunternehmen, wird ein Herzmittel mit dem Wirkstoff Amiodaronhydrochlorid in Deutschland unter "CORDAREX" und in Belgien unter der Bezeichnung "CORDARONE" vertrieben.

Die Beklagten sind Parallelimporteure, die Beklagte zu 3) ist die Muttergesellschaft der Beklagten zu 1) und zu 2). Die Beklagte zu 2) ist mit Mitvertrieb zusammen mit der Beklagten zu 1) tätig.

Die Beklagten zu 1) und zu 2) vertreiben in Deutschland das Arzneimittel "CORDARONE" in von ihnen neu hergestellten äußeren Umverpackungen (Faltschachteln) zu 20 und zu 100 Tabletten. Hierfür importieren sie aus Belgien stammende "CORDARONE"-Packungen zu 60 Tabletten, die dort vom Konzern der Klägerin in Verkehr gebrachte worden sind, und packen das Arzneimittel in die Packungsgrößen zu 20, 50 und 100 Tabletten um (vgl. die Vertriebsanzeige v. 29.9.2000: Anlage K 4). In Belgien wird "CORDARONE" außerdem - insoweit wie in Deutschland "CORDAREX" - noch in der Packungsgröße zu 20 Tabletten vertrieben.

Die Klägerin beanstandet das Anbieten und den Vertrieb in Deutschland des aus Belgien parallelimportierten Arzneimittels unter der Bezeichnung "CORDARONE" in neuen äußeren Umverpackungen zu 20 und 100 Tabletten - statt hierfür Originalpackungen umzuetikettieren bzw. zusätzlich zu bündeln - als Verletzung ihrer Markenrechte und nimmt die Beklagten zu 1) und zu 2) mit der vorliegenden Klage auf Unterlassung in Anspruch.

Außerdem wird die Beklagte zu 3) mit der Klage auf Löschung einer Marke (im Folgenden: GEGEN-Marke) in Anspruch genommen: Sie ist Inhaberin der am 29.9.2000 angemeldeten und am 19.4.2001 u.a. für "pharmazeutische Erzeugnisse" eingetragenen deutschen Marke "CORDARONE" Nr. - (GEGEN-Marke; vgl. Anlagen B 1-3).

Die Klägerin ist Inhaberin der IR-Marke Nr. ... "CORDARONE", eingetragen für "produits et spécialités pharmaceutiques", die Schutzrechtserstreckung auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgte unstreitig mit Wirkung zum 19.1.2001 (Bl. 4, Anlage K 3 - Klagemarke). Die Klagemarke ist demgemäß insoweit prioritätsjünger als die GEGEN-Marke der Beklagten zu 3).

Die Klägerin ist außerdem Lizenznehmerin der deutschen Marke Nr. ... "CORDAREX", eingetragen für "Herzmittel" (Lizenzmarke); Inhaberin dieser Lizenzmarke ist S GmbH, eine Tochtergesellschaft der Klägerin (Anlagen K 1-2).

In dem vorangegangenen Verfügungsverfahren gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) erwirkte die Klägerin am 11.4.2001 im Wege der Beschwerde eine Beschlussverfügung des Senats (OLG Hamburg 3 W 39/01), der Verbotsausspruch der Beschlussverfügung stimmt mit dem des hiesigen Klageantrages zu 1.) überein; die anders lautende Wiedergabe im landgerichtlichen Urteil (Urteilsumdruck S. 3) ist aktenwidrig. Das LG hatte mit Beschluss v. 18.1.2001 (LG Hamburg 312 O 20/01) den Verfügungsantrag zurückgewiesen. Auf die Beiakte OLG Hamburg 3 W 39/01 wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Das ...

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