Tenor

Der Zwangsverwalter ist verpflichtet, dem Mieter Guthaben aus einer Betriebskostenabrechnung auszuzahlen, auch wenn dieser die Vorauszahlungen in zulässiger Weise noch an den Zwangsverwaltungsschuldner/Vermieter erbracht hat.

 

Tatbestand

I. Das Landgericht hat dem Senat durch Vorlagebeschluß vom 2. Mai 1989 folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt: „Ist der Zwangsverwalter bei Erstellung einer Betriebskostenabrechnung verpflichtet, auch diejenigen den Abrechnungszeitraum betreffenden Vorauszahlungen in Ansatz zu bringen, die der Mieter zulässigerweise noch an den Vermieter und Zwangsverwaltungsschuldner gezahlt hat, und ist demzufolge auch ein Guthaben zugunsten des Mieters von Seiten des Zwangsverwalters auszuzahlen?”

Dem Vorlagebeschluß liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger ist Mieter einer Wohnung …, 2000 Hamburg 73, für die der Beklagte mit Beschluß des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek vom 7. Oktober 1986 zum Zwangsverwalter bestellt worden ist. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte zur Auszahlung des Betriebskosten-Guthabens für das Kalenderjahr 1986 verpflichtet ist, obwohl er erst gegen Ende der relevanten Verbrauchsperiode, nämlich im Oktober 1986, zum Zwangsverwalter bestellt worden ist und Betriebskostenvorauszahlungen nur für die Monate November und Dezember 1986 selbst erhalten hat. Die Abrechnung als solche und das aus ihr resultierende Guthaben des Klägers stehen außer Streit. In Höhe dieses Guthabens von DM 1.193,30 nimmt der Kläger den Beklagten in Anspruch.

Der Kläger vertritt die Auffassung, daß allein der Zeitpunkt der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs maßgeblich sei. Diese sei erst im Jahre 1987 mit Erstellung der Abrechnungen im Februar bzw. August 1987 eingetreten, d. h. zu einer Zeit, als der Beklagte bereits Zwangsverwalter gewesen sei.

Der Beklagte ist dagegen der Ansicht, in entsprechender Anwendung der Regelung des § 572 BGB sei letztlich auch bei Anordnung einer Zwangsverwaltung entscheidend, an wen die Vorauszahlungen geflossen seien.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat die Verurteilung des Beklagten daraus hergeleitet, daß die Verpflichtung des Vermieters, über die Nebenkosten ordnungsgemäß abzurechnen, auf den Beklagten übergegangen sei. Unter anderem hat das Amtsgericht ausgeführt, daß nach § 152 Abs. 2 ZVG der Zwangsverwalter in vollem Umfang in gültige Mietverträge eintreten und sie erfüllen müsse. Dazu gehöre auch die Abrechnung der Heiz- und Betriebskosten, unabhängig davon, wann diese Abrechnungsansprüche entstanden seien. Die analoge Anwendung des § 572 BGB vermöge nicht zu überzeugen, da sie eine doppelte Analogie voraussetze, was dogmatisch zweifelhaft und im Ergebnis nicht haltbar sei. Gegen das amtsgerichtliche Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Er verfolgt seinen Klagabweisungsantrag weiter, unter anderem mit der Begründung, daß das von ihm verwaltete Vermögen im gleichen Sinne „fremdes” Vermögen darstelle, wie das eines Erwerbers. Demnach habe er den Schutz des § 572 BGB verdient. Der Kläger wiederholt seine Auffassung aus der ersten Instanz und beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 7, hat mit Beschluß vom 30. März 1989 den Parteien mitgeteilt, daß es beabsichtige, einen Rechtsentscheid einzuholen. Nachdem den Parteien Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden war, wurde die im Beschluß vom 2. Mai 1989 formulierte Rechtsfrage dem Hanseatischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung seiner Vorlage hat das Landgericht im wesentlichen ausgeführt:

Die vorgelegte Rechtsfrage sei entscheidungserheblich und von grundsätzlicher Bedeutung, über sie sei noch nicht durch Rechtsentscheid entschieden worden. Die grundsätzliche Bedeutung sei darauf zurückzuführen, daß häufig vermietete Wohnungen oder Häuser der Zwangsverwaltung unterstellt würden und sich für Mieter und Zwangsverwalter die Frage stellen dürfte, wie im Hinblick auf noch ausstehende Nebenkostenabrechnungen zu verfahren sei, wenn der Abrechnungszeitraum nur teilweise mit dem der Zwangsverwaltung deckungsgleich sei. Darüber hinaus werde die Frage in der Literatur zwar nicht explizit, wohl aber im Ansatz unterschiedlich beantwortet. Die Kammer hält den Zwangsverwalter für verpflichtet, einheitlich über Nebenkosten abzurechnen, d. h. ohne eine Zäsur im Hinblick auf den Zeitpunkt der Anordnung der Zwangsverwaltung vorzunehmen. Daß der Mieter mit dieser Rechtsprechung gegenüber anderen Gläubigern des Zwangsverwaltungsschuldners bevorzugt werde, zwinge nach Auffassung der Kammer nicht zu einem anderen Ergebnis. Das Gesetz habe nämlich ausdrücklich eine Regelung für vorliegende Fälle nicht getroffen, aber generell den Eintritt des Zwangsverwalters in ein bestehendes Mietverhältnis angeordnet. Schon damit habe das Gesetz zum Ausdruck gebracht, daß der Mieter gegenüber anderen Gläubigern des Zwangsverwaltungsschuldners durchaus als privilegiert bezeichnet werden könne.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Vorlage ist zu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge