Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 324 O 349/20)

 

Tenor

1. Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Widerspruchsverfahrens haben der Antragsteller zu 1.) zu 4/5 und der Antragsteller zu 2.) zu 1/5 zu tragen.

Die Kosten des Erlassverfahrens haben die Parteien wie folgt zu tragen:

  • die Gerichtskosten der Antragsteller zu 1.) zu 2/3, der Antragsteller zu 2.) zu 1/6 und die Antragsgegnerin zu 1/6,
  • die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu 1.) die Antragsgegnerin zu 1/5,
  • die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin der Antragsteller zu 1.) zu 2/3 und der Antragsteller zu 2.) zu 1/6.
  • Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

2. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf EUR 25.000,- festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller haben die Antragsgegnerin wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch genommen. Mit Beschluss vom 7.9.2020 hat das Landgericht es der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel verboten:

A.I. in Bezug auf den Antragsteller zu 1) (I.1.) bzw. die Antragsteller (I.2.) zu behaupten und/oder behaupten zu lassen bzw. zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

1. "Jens Spahn kauft 4-Millionen-Villa in Dahlem

2. "In internen Unterlagen des Maklers stünde dagegen, dass Spahn und Funke 4.2 Millionen Euro bezahlt hätten."

wie geschehen in ... [folgt eine Angabe der Fundstelle]

A.II. in Bezug auf den Antragsteller zu 1) zu behaupten und/oder behaupten zu lassen bzw. zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

1. "Nachdem Spahn die Kaufsumme des denkmalgeschützten Anwesens inzwischen bestätigt hat (gut vier Millionen Euro), wurde nun bekannt, dass er einen beträchtlichen Teil der Finanzierung (1,75 Millionen Euro) über ein Darlehen der Sparkasse Westmünsterland bestreitet (...)"

2. Warum aber ist der Berliner Politiker Spahn nicht einfach zur Berliner Sparkasse gegangen, wie es das Regionalprinzip im Sparkassengesetz eigentlich im Regelfall vorschreibt?"

wie geschehen in ... [folgt eine Angabe der Fundstelle]

Hinsichtlich der Ziffern A.I.1., A.I.2. und A.II.1. hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt; hinsichtlich des Verbotes zu Ziffer A.II.2. hat sie eine Abschlusserklärung abgegeben. Mit Urteil vom 30.10.2020 hat das Landgericht die einstweilige Verfügung vom 7.9.2020 zu den Ziffern A.I.1., A.I.2. und A.II.1. bestätigt. Hiergegen hat die Antragsgegnerin Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren haben die Parteien das Verfahren hinsichtlich der genannten Ziffern der einstweiligen Verfügung übereinstimmend für erledigt erklärt.

II. Damit ist gemäß § 91a ZPO über die Kosten zu entscheiden. Die aus dem Tenor ersichtliche Kostenverteilung entspricht nach dem bisherigen Sach- und Streitstand billigem Ermessen. Hinsichtlich der mit dem Widerspruch angegriffenen und im Berufungsverfahren ebenfalls streitgegenständlichen Äußerungen stand den Antragstellern von vornherein kein Unterlassungsanspruch zu. Die Antragsgegnerin hat demnach lediglich die anteiligen Kosten bezüglich der Äußerung zu Ziffer A.II.2. zu tragen, hinsichtlich derer sie eine Abschlusserklärung abgegeben hat, was gemäß § 92 I ZPO zu einer entsprechenden Kostenverteilung führt. Im Einzelnen:

Zutreffend hat das Landgericht im angegriffenen Urteil ausgeführt, dass die Frage, ob eine Berichterstattung über den Kaufpreis der von den Antragstellern erworbenen Villa und die Höhe des vom Antragsteller zu 1) dafür aufgenommenen Darlehens zulässig ist, vom Ergebnis einer Güterabwägung abhängt. Hierbei ist der Senat der Ansicht, dass das erhebliche öffentliche Interesse an diesen Umständen die persönlichkeitsrechtlichen Belange der Antragsteller überwiegt. Auch der Senat hat keinen Zweifel daran, dass über den Kauf der in Rede stehenden Immobilie durch einen bundesweit überragend bekannten Politiker und seinen Ehepartner berichtet werden und dass die Immobilie hierbei als "Millionenvilla" bezeichnet werden darf. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil Bezug genommen; auch die Antragsteller haben erstinstanzlich eingeräumt, dass eine Berichterstattung über den Erwerb einer "Millionenvilla" - ohne Nennung konkreter Zahlen - nicht zu beanstanden wäre.

Der Senat ist aber der Ansicht, dass das berechtigte öffentliche Interesse sich nach den Grundsätzen der Entscheidung des BGH vom 19.5.2009 zum Az. VI ZR 160/08 (NJW 2009, 3030 - Villa Joschka Fischer) auch auf die Höhe des gezahlten Kaufpreises und des vom Antragsteller zu 1) hierfür aufgenommenen Darlehens erstreckt. Der Senat lässt hierbei offen, ob die (relativ genaue) Angabe der Größenordnung des Kaufpreises überhaupt einen Eingriff in die Privatsphäre der Antragsteller darstellt; dass eine sehr große Villa in einem teuren Viertel von Berlin mehrere Millionen Euro kostet, dürfte der Immobilie allerdings bereits "von außen" anzusehen sein.

Jedenfalls aber müssen die Antragsteller es wegen der ...

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