Entscheidungsstichwort (Thema)

Entscheidungstitel "Zwangsgeld wegen Verletzung der Betriebspflicht des Mieters (Apotheke)"

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Betriebspflicht des Mieters - hier: Apotheke - ist nach § 888 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken.

2. Hängt die Betriebsaufnahme von einer behördlichen Erlaubnis ab, muss der Mieter darlegen, dass die Erlaubnis unzweifelhaft nicht zu erlangen ist.

 

Normenkette

ZPO § 888 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 05.06.2013; Aktenzeichen 333 O 100/12)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des LG Hamburg vom 5.6.2013, Aktenzeichen 333 O 100/12, wird zurückgewiesen.

2. Die Schuldnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 5.032,72 EUR zu tragen.

 

Gründe

I. Die Gläubigerin ist Eigentümerin des Gebäudes in der in Hamburg-Rahlstedt. Die Schuldnerin ist seit dem 1.12.2008 Mieterin der darin befindlichen Apothekenräumlichkeiten zzgl. Arzneikeller. Gemäß § 2 des Mietvertrages ist die Schuldnerin verpflichtet, in diesen Räumlichkeiten eine Apotheke zu betreiben. Das Mietverhältnis kann ausweislich § 4 Nr. 2 des Mietvertrages frühestens zum 30.11.2018 gekündigt werden. Die Schuldnerin stellte den Betrieb der Apotheke zum 1.2.2012 ein.

Die Schuldnerin wurde mit am 10.1.2013 verkündeten - rechtskräftigen - Urteil des LG Hamburg -333 O 100/12 -u.a. dazu verurteilt, die Apotheke in der 22143 Hamburg zu betreiben.

Die Schuldnerin nahm den Betrieb der Apotheke in der Folge nicht auf.

Auf Antrag der Gläubigerin setzte das LG Hamburg mit Beschluss vom 5.6.2013 gegen die Schuldnerin ein Zwangsgeld i.H.v. EUR 300,00, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Zwangshaft von 3 Tagen fest, um sie zur Vornahme der titulierten Handlung anzuhalten.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Schuldnerin, welche sie am 24.6.2013 vor dem LG Hamburg erhoben hat. Das LG Hamburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 793, 567 ff. ZPO zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht erhoben.

In der Sache ist sie jedoch unbegründet.

1. Die allgemeinen Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin liegen vor. Der angefochtene Beschluss des LG Hamburg ist ein wirksamer Vollstreckungstitel, § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Er ist der Schuldnerin am 11.6.2013 wirksam zugestellt worden.

Auch ist das LG zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen des § 888 Abs. 1 ZPO vorliegen.

Die von der Schuldnerin zu erzwingende Handlung, der Betrieb einer Apotheke in einem gemieteten Gewerberaum, ist eine unvertretbare Handlung, die nach § 888 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken ist. Das Beschwerdegericht schließt sich der Auffassung an, es handele sich bei der Betriebspflicht um einen Leistungsanspruch auf Erlangung einer nicht vertretbaren Handlung, die nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist (OLG Hamburg, B. v. 6.1.2003 - 4 W 1/03, WuM 2003, 641).

Eine Vollstreckung scheidet vorliegend auch nicht deshalb aus, weil die Erbringung der Leistung nicht ausschließlich von dem Willen der Schuldnerin abhängt.

Zwar gilt § 888 Abs. 1 ZPO nach seinem Wortlaut für alle unvertretbaren Handlungen, soweit diese ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängen. Eine Zwangsvollstreckung nach § 888 Abs. 1 ZPO ist jedoch trotz dieses Wortlautes nicht immer schon dann ausgeschlossen, wenn die Mitwirkung eines Dritten erforderlich ist. Vielmehr ist die in § 888 Abs. 1 ZPO enthaltene Ausnahmeregelung restriktiv dahingehend auszulegen, dass eine Zwangsvollstreckung nur dann ausscheidet, wenn es dem Schuldner eindeutig unmöglich ist, die Mitwirkung oder die Zustimmung des Dritten zu erlangen (vgl. BGH, NJW-RR 2009, 443 [444]; Grunsky, JuS 1973, 553, 555; Gruber in MünchKomm/ZPO, § 888 Rz. 13; Zöller/Stöber, 29. Aufl., § 888 Rz. 2). Die Feststellung dieser Unmöglichkeit setzt dabei voraus, dass der Vollstreckungsschuldner alles in seiner Macht Stehende getan hat, um die Mitwirkung oder die Zustimmung des Dritten zu erlangen und dass er seine darauf gerichteten Bemühungen im Einzelnen dargelegt hat (vgl. BGH, a.a.O.; Gruber in MünchKomm/ZPO, a.a.O., § 888 Rz. 15). Diese restriktive Auslegung der Ausnahme in § 888 Abs. 1 ZPO ist sachlich durch den Grundsatz gerechtfertigt, dass jedes Leistungsurteil vollstreckbar sein muss. Würde es aber für eine Vollstreckung nach § 888 Abs. 1 ZPO auf den alleinigen Erfüllungswillen des Schuldners ankommen, hätte diese Regelung praktisch keinen Anwendungsbereich mehr. Denn der Schuldner muss sich in den meisten dem § 888 Abs. 1 ZPO unterfallenden typischen Fällen dritter Hilfspersonen zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedienen. Vielmehr soll die in § 888 Abs. 1 ZPO erwähnte Ausnahme der Sicherung dienen, dass von dem Schuldner nicht etwas ihm Unmögliches verlangt wird. Dem Schuldner wird durch ...

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