Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 22.12.2011; Aktenzeichen 608 KLs 12/11)

 

Tenor

Die Beschwerden der Angeschuldigten R. und V. gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer 8, vom 22. Dezember 2011 werden auf Kosten der Beschwerdeführer verworfen.

 

Gründe

I. Aufgrund am 19. Dezember 2011 bei dem Landgericht Hamburg erhobener Anklage liegt den Angeschuldigten S., B., R., Prof. Dr. N, J, F und V. zur Last, in der Zeit vom 17. Dezember 2007 bis zum 20. Juni 2008 gemeinschaftlich eine ihnen kraft Gesetzes und Rechtsgeschäfts obliegende Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen sie zu betreuen hatten, Nachteil zugefügt sowie dabei einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeigeführt zu haben, indem sie als Mitglieder des Vorstands der H bank AG in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken auf der Grundlage einer erkennbar mangelhaften und nicht vollständigen Kreditvorlage, an Hand derer eine umfassende Abwägung von Chancen und Risiken der Transaktion nicht möglich war, im Umlaufverfahren durch Eilbeschluss ein als "O." bezeichnetes mehrteiliges Kreditengagement mit der Bank "B" genehmigten, obwohl für alle Angeschuldigten erkennbar für die Risikoprüfung nur unangemessen wenig Zeit zur Verfügung stand. Den Angeschuldigten wird vorgeworfen, durch die Genehmigung und die nachfolgende Umsetzung der Transaktion für die H bank AG ein unvertretbar hohes Risiko eingegangen zu sein und dadurch einem Verlust in Höhe von 145.840.000,-- Euro (ohne Berücksichtigung der Transaktionskosten) für die H bank AG herbeigeführt zu haben. Den Angeschuldigten Prof. Dr. N und F liegt darüber hinaus zur Last, gemeinschaftlich als Mitglieder des Vorstands der H bank AG die Verhältnisse der Gesellschaft einschließlich ihrer Beziehungen zu verbundenen Unternehmen in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand unrichtig wiedergegeben zu haben, indem sie in dem Quartals-Zwischenbericht für den H -Konzern zum 31. März 2008 und in einer Pressemitteilung vom 20. Juni 2008 eine Übersicht über die Gewinn- und Verlustrechnung sowie die Bilanzkennziffern des H Konzerns veröffentlichten und dabei einen Überschuss in Höhe von 81.000.000,-- Euro auswiesen, während tatsächlich ein Fehlbetrag in Höhe von 31.000.000,-- Euro vorlag, wobei sie eine derartige Abweichung zumindest für möglich hielten und billigend in Kauf nahmen. (Vergehen, strafbar gemäß §§ 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 2 1.Mod, 25 Abs. 2, 53 StGB, 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG)

Unter dem 3. Januar 2011 stellte im Ermittlungsverfahren Rechtsanwalt L als Vertreter der H bank AG unter Überreichung einer schriftlichen Vollmacht der Antragstellerin einen ohne nähere Begründung eingereichten Antrag auf Akteneinsicht, dem von Seiten der Staatsanwaltschaft unter Übersendung eines Datenträgers mit einer so genannten "EAkte" stattgegeben wurde. Mit an die Staatsanwaltschaft Hamburg gerichtetem Schriftsatz vom 28. Juni 2011 begehrte Rechtsanwalt L, ebenfalls noch im Ermittlungsverfahren, erneut Gewährung von Akteneinsicht für die H Bank AG. Auf Hinweis der Staatsanwaltschaft, gemäß § 406e Abs. 1 StPO könne dem Antrag nur entsprochen werden, soweit dafür ein berechtigtes Interesse dargelegt werde, begründete Rechtsanwalt L den Akteneinsichtsantrag am 20. Juli 2011 schriftsätzlich unter Hinweis auf durch einen landgerichtlichen Beschluss vom 15. Oktober 2010 bestätigten Tatverdacht der Untreue im besonders schweren Fall und einen zusätzlichen Tatverdacht der unrichtigen Wiedergabe der Gesellschaft einschließlich ihrer Beziehungen zu verbundenen Unternehmen in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand gegen die Angeschuldigten Prof. Dr. N und F zusammengefasst damit, dass die H Bank AG Verletzte im Sinne des § 406e Abs. 1 S. 1 StPO sei und als solche ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht habe, weil sie mit Rücksicht auf die verfahrensgegenständlichen Vorwürfe die H Bank AG Schadensersatzansprüche angemeldet habe, die sie, nachdem die Angeschuldigten sich darauf beriefen, dass die Vorwürfe nicht zuträfen, gerichtlich bzw. in Schiedsverfahren durchsetzen müsse; in jenen Verfahren werde die H Bank AG zudem Gegenansprüche Angeschuldigter wegen der vorzeitigen Beendigung von deren Amts- und Anstellungsverhältnissen abzuwehren haben; die H Bank AG habe ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht, um prüfen zu können, ob und gegebenenfalls zu welchen Anteilen sie gegenüber den Angeschuldigten Schadensersatz geltend machen könne, sowie zur Abwehr der Gegenansprüche.

Im Anhörungsverfahren zu dem Akteneinsichtsgesuch wurde durch mehrere Angeschuldigte einer Akteneinsichtsgewährung widersprochen. Auf die anschließende Mitteilung der Staatsanwaltschaft, die beantragte Akteneinsicht mit Ausnahme der Sonderbände "SB 16 - Konten", "SB 17 - Kosten" und "SB 34 - Beschuldigte Persönliches" sowie der Auskunftsersuchen der Staatsanwaltschaft vom 29. April 2011 an verschiedene Banken auf den Blättern 2069 bis...

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