Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 28.08.1990; Aktenzeichen 311 O 54/90)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 11, vom 28. August 1990 wird auf seine Kosten nach einem Beschwerdewert von 1.600,– DM zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Vorsitzende der Zivilkammer hatte die Klage dem Beklagten persönlich zustellen lassen. Im Rubrum war auf dessen Seite eine Prozeßbevollmächtigte aufgeführt, an die die Vorsitzende die Zustellung nicht verfügte. Mit seinem Einspruch gegen das nach § 331 Abs. 3 ZPO ergangene Versäumnisurteil beantragte der Beklagte die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung. Die Kammer stellte die Zwangsvollstreckung jedoch nur gegen Sicherheitsleistung ein. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde, die er auf eine greifbare Gesetzwidrigkeit der Entscheidung stützt.

 

Entscheidungsgründe

Die auf greifbare Gesetzwidrigkeit des die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 30. Juli 1990 nur gegen Sicherheitsleistung einstellenden Beschlusses, der an sich nach §§ 719 Abs. 1 S. 2, 707 Abs. 2 ZPO unanfechtbar ist, gestützte Beschwerde ist zulässig (BGH Rechtspfleger 1986, 56; NJW 1990, 838, 840). Sie ist aber nicht begründet.

Nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann eine greifbare Gesetzwidrigkeit nur dann angenommen werden, wenn die Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt, dem Gesetz inhaltlich fremd und deswegen mit der Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist. Es genügt nicht, daß ein eindeutiger Gesetzverstoß vorliegt.

Der schwerwiegende Fehler soll nach Ansicht des Beschwerdeführers darin liegen, daß das Landgericht verkannt habe, daß das Versäumnisurteil deswegen nicht in gesetzlicher Weise ergangen gewesen sei, weil es an einer ordnungsgemäßen Zustellung gefehlt habe. Er habe davon ausgehen dürfen, daß die Klage nicht nur ihn persönlich, sondern auch seinem in der Klage als sein Prozeßbevollmächtigter bezeichneten Rechtsanwalt zugestellt werden würde und auf ein Tätigwerden seines Bevollmächtigten vertrauen dürfen. Die Art der Zustellung sei daher fehlerhaft, jedenfalls hätte das Landgericht durch Rückfrage bei dem genannten Beklagtenvertreter klären müssen, ob tatsächlich Prozeßvollmacht erteilt sei.

Zumindest sei seine Säumnis unverschuldet gewesen. Demnach hätten die Voraussetzungen für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung vorgelegen, was aber das Landgericht in dem angefochtenen Beschluß gesetzwidrig verneint habe.

Die Frage, ob eine Klage, in der der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten benannt ist, nicht dem Beklagten persönlich, sondern dem aufgeführten Bevollmächtigten zuzustellen ist, ist umstritten. Allgemein wird angenommen, das Gericht müsse von der Bestellung des Prozeßbevollmächtigten Kenntnis erhalten haben. Umstritten ist schon, ob dies dann der Fall ist, wenn der gegnerische Prozeßbevollmächtigte lediglich im Rubrum der Klagschrift aufgeführt wird und sich weitere Hinweise hierzu in der Klage selbst nicht finden. Zöller-Stephan (ZPO, 15. Aufl., § 176 Rz. 8) läßt dies genügen, wenn dem Klägeranwalt die Bestellung seines Gegners von dem Beklagten oder dessen Rechtsanwalt mitgeteilt war. Baumbach-Hartmann (ZPO, 48. Aufl., § 176 Anm. 2 B b) läßt dagegen die Angabe im Rubrum nicht ausreichend sein ohne weitere Hinweise in der Klagschrift. Thomas-Putzo (ZPO, 15. Aufl., § 176 Anm. 2 b) halten eine Mitteilung des Bevollmächtigten oder des Beklagten selbst an das Gericht für nötig. Das BVerfG (JZ 1987, 719) ist davon ausgegangen, daß nach h. M. die Benennung des Anwalts des Beklagten in der Klagschrift noch nicht die Annahme seiner Bestellung rechtfertigt. Der BGH (BGHZ 61, 310 f.) macht die Zustellung an den Bevollmächtigten des Beklagten davon abhängig, daß das Gericht von der Bestellung Kenntnis hat, wobei von der Bestellung der Klägeranwalt oder das Gericht unterrichtet sein muß. Auch danach würde die bloße Aufführung des Beklagtenanwalts im Rubrum selbst im Falle der Bestellung nicht ausreichen, weil es an der Kenntnis des Gerichts fehlte (vgl. auch BGH MDR 1981, 126; OLG Hamburg NJW-RR 1988, 1277 f.) , das aus der Angabe im Rubrum der Klage nichts darüber entnehmen könnte, ob der Beklagte Prozeßvollmacht erteilt hatte. Es wäre nämlich denkbar, daß der außergerichtlich den Beklagten vertretende Anwalt als Prozeßbevollmächtigter aufgeführt wird, ohne daß dies dem Klägeranwalt mitgeteilt ist. Ausgehend von diesen Gesichtspunkten der Rechtsprechung, die der Senat teilt, war die Klage dem Beklagten persönlich zuzustellen, weil sich aus der Klagbegründung selbst kein Hinweis auf die Bestellung seines Anwalts ergab. Die Voraussetzung der ordnungsgemäßen Zustellung für den Erlaß des Versäumnisurteils war damit erfüllt (§ 335 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) , so daß von einem gesetzwidrig erlassenen Versäumnisurteil (§ 719 Abs. 1 S. 2 ZPO) bei der Prüfung der Einstellungsvoraussetzungen nicht auszugehen war.

Die Säumnis des Bekla...

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