Verfahrensgang

AG Hamburg-Wandsbek (Aktenzeichen 709 VI 2279/17)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Festsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek vom 9.4.2019 geändert. Dem Beteiligten zu 1) wird für seine Tätigkeit eine Vergütung aus dem Nachlass des Erblassers in Höhe von 2.058,65 EUR sowie eine weitere Vergütung aus der Staatskasse in Höhe von 435,34 festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Der Gegenstandswert der Beschwerde wird auf 259,09 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Frage, in welcher Höhe die Vergütung von Nachlasspflegern bei einem Aktivnachlass, der die Summe aus offenen Gerichtskosten und den Kosten der Nachlasspflegschaft nicht deckt, zu dem (höheren) Stundensatz für bemittelte Nachlässe aus dem Nachlass zu entnehmen ist.

Der beschwerdeführende Rechtsanwalt wurde mit Beschluss des Nachlassgerichts vom 11.12.2017 als berufsmäßiger Nachlasspfleger für die unbekannten Erben des Erblassers eingesetzt.

Die Bankguthaben des Erblassers bei der X... Bank und ein bei dieser Bank vorhandener Genossenschaftsanteil des Erblassers wurden gegen höhere Kreditverbindlichkeiten des Erblassers verrechnet. Der Beschwerdeführer beglich zudem die Gerichtskostenrechnung 2017/2018 in Höhe von 200 EUR. Weitere Forderungen von Nachlassgläubigern befriedigte der Beschwerdeführer nicht.

Mit Schreiben vom 5.2.2019 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er noch einen abwicklungsreifen Restnachlass von 2.183,67 EUR verwalte und bei ihm für die Nachlassverwaltung ein Zeitaufwand in Höhe von 28,92 Stunden entstanden sei; eine entsprechende Zeitaufstellung fügte er bei. Er beantragte, die Pflegschaft aufzuheben und unter Anrechnung des Restnachlasses eine Schlussvergütung und eine Kostenpauschale in Höhe von 20 EUR, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer, gegen die Staatskasse festzusetzen.

Mit Kostenrechnung vom 8.3.2019 stellte das Nachlassgericht dem Beschwerdeführer Gerichtskosten (Jahresgebühr für 2019 bei Nachlasspflegschaft gemäß §§ 3, 34 GNotKG) in Höhe von 200 EUR in Rechnung. Die Kostenrechnung wurde bislang nicht beglichen.

Weiter setzte das Nachlassgericht nach Anhörung der Beteiligten zu 2) mit Festsetzungsbeschluss vom 9.4.1029 die aus dem Nachlass zu zahlende Vergütung des Beschwerdeführers auf 1.983,67 EUR und eine weitere, aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung in Höhe von 461,64 EUR fest. Dabei erkannte es die abgerechnete Stundenzahl von 28,92 mit einem grundsätzlichen Stundensatz von 95 EUR an. Aus dem Nachlass sei nach Abzug der offenen Gerichtskosten in Höhe von 200 EUR und der Kostenpauschale von brutto 23,80 EUR allerdings nur noch ein Betrag von 1959,67 EUR bzw. umgerechnet 17,34 Stunden zu decken. Die weiteren 11,58 Stunden seien aus der Staatskasse zu einem Stundensatz von 33,50 EUR zu erstatten. Mit Beschluss vom gleichen Tage hob das Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft auf.

Gegen diesen Beschluss, der dem Beschwerdeführer am 12.4.2019 zugestellt wurde, wandte er sich mit seiner am 25.4.2019 beim Nachlassgericht eingegangenen Erinnerung. Darin machte er geltend, dass die Gerichtskosten nicht vor der Berechnung seiner aus dem Nachlass zu erstattenden Vergütung abzuziehen seien.

Die Beteiligte zu 2) verteidigte die Entscheidung des Nachlassgerichts. Die Gerichtskosten seien mit Beginn des Kalenderjahrs 2019 entstanden und fällig geworden. Sie seien zum Zeitpunkt der Entscheidung des Nachlassgerichts über den Vergütungsfestsetzungsantrag des Beschwerdeführers durch die Kostenrechnung vom 8.3.2019 auch bereits erhoben worden. Es sei unbillig, wenn der Nachlasspfleger eine offene Kostenrechnung bewusst zunächst nicht bediene, um dadurch in den Genuss einer höheren Vergütung zu gelangen.

Mit Beschluss vom 21.8.2019 wies der Nachlassrichter die Erinnerung des Beschwerdeführers zurück und ließ zugleich die Beschwerde zu. Bei notleidendem Nachlass sei zur Ermittlung der Höhe der aus dem Nachlass zu deckenden Vergütung des Nachlasspflegers zwar grundsätzlich allein vom Aktiv-Nachlassvermögen auszugehen. Da der Nachlasspfleger jedoch seiner Verpflichtung, aus dem Nachlass die offenen Verbindlichkeiten zu bezahlen, mit Blick auf die Gerichtskostenrechnung 2019 nicht nachgekommen sei, sei das Nachlassgericht befugt gewesen, die Nachlasspflegschaft bis zur Begleichung der Forderung weiterlaufen zu lassen. Dass dies nicht erfolgt, sondern zur Vereinfachung sogleich eine Abrechnung vorgenommen worden sei, bei der die Kostenrechnung als bereits bezahlt behandelt worden sei, sei nicht zu beanstanden. Damit sei zudem zusätzlicher Aufwand für den Nachlasspfleger vermieden worden. Soweit in der Rechtsprechung vertreten werde, dass bestehende Nachlassverbindlichkeiten bei der Berechnung des aus dem Nachlass zu befriedigenden Vergütungsanspruchs des Nachlasspflegers nicht anzurechnen seien, u...

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