Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 28.06.2007; Aktenzeichen 315 O 296/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des LG Hamburg - Zivilkammer 15 - vom 28.6.2007 teilweise geändert: Dem Antragsgegner wird auch Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. gewährt, soweit er sich mit seinem Widerspruch gegen Ziff. I 2 und I 8 der einstweiligen Verfügung vom 26.3.2007 wendet. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe - außer für die Rechtsverteidigung gegen Ziff. I 5 der einstweiligen Verfügung - ist gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässig, hat jedoch in der Sache nur teilweise Erfolg. Lediglich ggü. den Verfügungsanträgen aus Ziff. I 2 und 8 bzw. dem gleich lautenden Verbot der einstweiligen Verfügung ist die Rechtsverteidigung des Antragsgegners hinreichend aussichtsreich i.S.d. § 114 ZPO. Im Einzelnen:

1. Soweit der Antragsgegner Einwände erhebt, die für alle Verfügungsanträge gleichermaßen gelten sollen (fehlende Parteifähigkeit der Antragstellerin, keine ordnungsgemäße Vertretung, unzureichende Abmahnung, kein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien), hat das LG diese Einwände in dem angefochtenen Beschluss zu Recht und mit überzeugender Begründung zurückgewiesen. Dem schließt sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen an. In seiner Beschwerdebegründung ist der Antragsgegner auch nicht mehr hierauf zurückgekommen.

2. Zu Recht hat das LG dem Verfügungsantrag zu Ziff. I 1 stattgegeben. Er ist gemäß den §§ 312c Abs. 1 S. 1 BGB, 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV i.V.m. §§ 3,4 Nr. 11 UWG begründet, da der Antragsgegner unrichtig über die Bedingungen des Widerrufsrechts belehrt. Bei den Informationspflichten gem. § 312c Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit der BGB-InfoV handelt es sich um Rechtsnormen, die i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Dies sind jedenfalls solche Normen, deren Beachtung sich im Markt, d.h. zum Zeitpunkt der Nachfrageentscheidung des Verbrauchers auswirken (OLG Hamburg NJW 2007, 2264). Dazu gehören die genannten Belehrungspflichten. Nach der Rechtsprechung des Hanseatischen OLG beträgt die verbraucherrechtliche Widerrufsfrist bei Online-Auktionen über eB einen Monat und nicht 14 Tage oder zwei Wochen, wie es in der Belehrung des Antragsgegners in dem Angebot gemäß Anlage Ast. 1 unter "Angaben des Verkäufers zur Rücknahme"

3 und in seinen AGB unter "WIDERRUFSBELEHRUNG WIDERRUFSRECHT" heißt (HansOLG MMR 2006,675; ebenso KG MMR 2006,678).

Mit der bloßen Abrufbarkeit der Widerrufsbelehrung in einer eB-Auktion wird diese - so die zitierten Entscheidungen - dem Verbraucher noch nicht i.S.d. § 355 Abs. 2 S. 1 BGB in Textform mitgeteilt. Der Vertrag kommt durch das Anbieten der Ware zur Versteigerung, welches ein verbindliches Verkaufsangebot des Verkäufers ist, nach Ablauf des Auktionszeitraums zwischen dem Anbieter und dem Höchstbietenden ohne weiteres Zutun zustande (s. dazu auch Hoffmann, Anm. zu HansOLG MMR 2006, 675, 676). Die sodann vorzunehmende Widerrufsbelehrung in Textform gem. § 312c Abs. 2 BGB ggü. dem Verbraucher als Käufer erfolgt nach Ver-tragsschluss, so dass die Widerrufsfrist gem. § 355 Abs. 2 S. 2 BGB einen Monat beträgt.

Vorliegend handelt es sich bei dem Angebot des Antragsgegners gemäß Anlage Ast. 1 zwar um ein "Sofort Kaufen"-Angebot und nicht um eine Auktion. Die Antrag stellerin hat jedoch für dieses Angebotsformat bei eB unbestritten vorgetragen und durch Vorlage der AGB von eB glaubhaft gemacht (Anlage Ast. 9), dass auch ein solches Angebot ein bindendes Angebot des Verkäufers i.S.d. § 145 BGB darstellt, das von dem Käufer sofort angenommen werden kann. Eine Belehrung über das Widerrufsrecht in Textform wird auch in diesem Angebotsformat weder vor noch bei, sondern frühestens nach Vertragsschluss dem Käufer mitgeteilt. Soweit der Antragsgegner einwendet, auch die Antragstellerin verwende eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung, so dass die Rechtsverfolgung missbräuchlich sei, verfängt dieser sog. Vorwurf der "unclean hands" bereits aus den in dem angefochtenen Be-schluss genannten Gründen nicht. Im Übrigen ist er auch der Sache nach nicht gerechtfertigt, denn die Widerrufsbelehrung der Antragstellerin verstößt entgegen der Meinung des Antragsgegners nicht gegen § 357 Abs. 3 BGB. Wie der Senat in anderer Sache bereits entschieden hat, kann die Belehrung über die Haftung des Verbrauchers für die Verschlechterung von Sachen nach Ausübung des Widerrufsoder Rückgaberechts bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von Waren gem. § 312c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB in Textform noch bis zur Lieferung der Ware an den Verbraucher erfolgen, da es sich insoweit um eine Spezialbestimmung des Fernabsatzrechts zum Zeitpunkt und zur Art und Weise der Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs handelt, die in ihrem Anwendungsbereich § 357 Abs. 3 S. 1 BGB vorgeht (Beschluss vom 19.6.2007 zum Akt...

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