Leitsatz (amtlich)

Erscheint im Prozess einer GmbH der Geschäftsführer, dessen persönliches Erscheinen als Partei angeordnet worden ist, nicht zum Verhandlungstermin, so ist der als Sanktion für das Nichterscheinen ergehende Ordnungsgeldbeschluss dem Geschäftsführer persönlich und nicht dem Prozessbevollmächtigten der Prozesspartei zuzustellen. Demgemäß beginnt die Zwei-Wochen-Frist des § 569 Abs. 1 ZPO für die Einlegung der sofortigen Beschwerde mit der Zustellung an den Geschäftsführer und nicht erst zu dem Zeitpunkt, zu dem dem Prozessbevollmächtigten der Prozesspartei der Ordnungsgeldbeschluss (formlos) mitgeteilt wird.

 

Normenkette

ZPO § 141 Abs. 2, Abs. 3, §§ 176, 380 Abs. 1 S. 2, Abs. 3, § 567 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 419 O 155/01)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 18.03.2003; Aktenzeichen X ZB 41/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Geschäftsführers der Beklagten gegen den Beschluss des LG, Kammer 19 für Handelssachen, vom 4.6.2002 wird als unzulässig verworfen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Streitwert von 300 Euro.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Die gem. § 567 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 141 Abs. 3, 380 Abs. 3 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht fristgerecht eingelegt worden ist. Die Zweiwochenfrist des § 569 Abs. 1 ZPO ist nicht gewahrt. Der Ordnungsgeldbeschluss ist dem Beschwerdeführer am 12.6.2002 zugestellt worden, so dass die am 27.6.2002 beim LG eingegangene Beschwerde nicht mehr fristwahrend erfolgt ist. Auf den Zeitpunkt der Zustellung an den Geschäftsführer der Beklagten persönlich als Beschwerdeführer ist abzustellen, und nicht auf die formlose Mitteilung an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Es gilt insoweit Gleiches wie für die Ladung der Partei, deren persönliches Erscheinen angeordnet worden ist. Dieser ist gem. § 141 Abs. 2 ZPO die Ladung persönlich mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat. Der Ordnungsgeldbeschluss als Sanktion für das Nichterscheinen des persönlich geladenen Geschäftsführers unterliegt derselben Zustellungsregelung. Die allgemeine Regel des § 176 ZPO a.F., wonach Zustellungen in einem anhängigen Rechtsstreit an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten erfolgen müssen, findet auf diesen Fall keine Anwendung, wie schon die Bezugnahme auf die für nicht erschienene Zeugen geltende Regelung in § 141 Abs. 3 ZPO zeigt. Einem Zeugen ist nach § 380 Abs. 1 S. 2 ZPO der Ordnungsgeldbeschluss persönlich zuzustellen (vgl. Thomas/Putzo, 23. Aufl., § 380 ZPO Rz. 8). Die entspr. Anwendung dieser Vorschrift im Rahmen des § 141 ZPO ist auch deshalb interessengerecht, weil nicht immer angenommen werden kann, dass der die Prozesspartei vertretene Prozessbevollmächtigte auch die Person, deren persönliches Erscheinen als „Partei” angeordnet worden ist, vertritt. So hätte sich im vorliegenden Fall der nicht erschienene Geschäftsführer in dem Ordnungsgeldverfahren auch von einem anderen Rechtsanwalt als dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten vertreten lassen können.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 574 Abs. 3 ZPO zugelassen, weil die entscheidungserhebliche Zustellungsproblematik – soweit ersichtlich – in Literatur und Rechtsprechung keinen Niederschlag gefunden hat und unter Geltung der nunmehr gem. § 569 befristeten sofortigen Beschwerde an Bedeutung gewinnen wird.

Timmermann Dittmann Kramer

 

Fundstellen

Haufe-Index 1105751

OLGR-BHS 2003, 50

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