Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage des Umfangs von Beratungspflichten vor Abschluss sog. (CMS-Spred-Ladder-)Swap-Geschäfte durch gewerbliche Kunden

 

Normenkette

BGB § 307

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Urteil vom 04.08.2008)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.03.2011; Aktenzeichen XI ZR 33/10)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 4.8.2008 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG in Hanau wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet oder hinterlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils wird Bezug genommen, § 540 I ZPO. Ihm lässt sich nicht entnehmen, ob das LG nicht nachgelassenen Schriftsätze beider Seiten berücksichtigt hat.

Das LG hat die Klage als unbegründet abgewiesen, weil die Beklagte weder falsch beraten, noch arglistig getäuscht habe.

Die Beklagte habe die Klägerin anlegergerecht beraten. Sie habe Wissensstand und Risikobereitschaft bzw. Anlageziel der Klägerin berücksichtigt. Diese habe bereits über nicht unerhebliche Informationen auf Grund der zwei mit der Bank Y abgeschlossenen Swap-Verträge verfügt. Die Risiken habe der Geschäftsführer der Klägerin A gekannt, da bereits diese beiden Swaps einen negativen Marktwert gehabt hätten. Die Behauptung der Klägerin, sie habe eine sichere Einlageform gewünscht, entspreche offenkundig nicht den Tatsachen. Die extreme Risikobehaftung müsse dem Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens in Anbetracht der bereits zuvor erwirtschafteten hohen Verluste bekannt gewesen sein. Für die extreme Risikobereitschaft der Klägerin spreche auch der Umstand, dass sie versucht habe, erlittene Spekulationsverluste durch eine andere Spekulation in Form des streitgegenständlichen Geschäfts auszugleichen.

Die Beklagte habe auch anlagegerecht beraten. Sie habe die Klägerin hinreichend darauf hingewiesen, dass es sich um ein Anlageprodukt der höchsten Risikokategorie handele und das Verlustrisiko theoretisch unbegrenzt sei. Dass ein solches Geschäft bei den Unwägbarkeiten der Finanzmärkte extrem risikobehaftet sein müsse, könne dem Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens nicht unbekannt geblieben sein. Wenn sich die Klägerin vor diesem Hintergrund in konkrete Beratungsgespräche eingelassen habe, so habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass der Klägerin hinreichend Informationen jedenfalls über die grundsätzliche Ausgestaltung des Geschäfts vorgelegen hätten und bekannt gewesen seien, und sie zumindest in hohem Maße risikobereit gewesen sei. Eine Falschberatung liege auch nicht darin, dass die Präsentationsbroschüre unstreitig einige inhaltliche Fehler enthalte. Diese seien offensichtlich gerade nicht kausal für die Anlageentscheidung geworden, weil sie gar nicht erkannt worden seien. Von einer bloßen Verlustbegrenzung könne der Geschäftsführer der Klägerin nicht ausgegangen sein. Da er nach dem Vortrag in der Replik mit einem möglichen Verlust i.H.v. 2 Mio. EUR gerechnet habe, könne es auch nicht sein, dass das Verlustrisiko durch die Bezeichnung als "theoretisches Risiko" verharmlost worden sei. Es liege auf der Hand, dass die Beklagte keine mündelsichere Prognose habe abgeben können.

Es liege auch keine arglistige Täuschung vor. Wenn der Geschäftsführer der Klägerin trotz ausführlicher Beratungsgespräche Struktur, Funktionsweise und Risiken des Swaps nicht verstanden haben sollte, könne dies der Beklagten nicht als arglistige Täuschung angelastet werden. Der Umstand, dass die Beklagte die Klägerin nicht darüber aufgeklärt habe, dass das Geschäft bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses einen negativen Marktwert i.H.v. ca. 4 % gehabt habe, stelle auch keine Täuschungshandlung dar. Dieser Betrag stelle die Provision der Beklagten dar, über die sie nicht explizit habe aufklären müssen. Arglist vermöge das Gericht ebenfalls nicht zu erkennen, weil den Geschäftsführern der Klägerin klar gewesen sein müsse, dass die Bank nicht kostenfrei tätig werden würde. Es sei der Klägerin anzulasten, dass sie nicht konkret nach der Höhe der Provision gefragt habe. Es sei auch nicht konkret vorgetragen, dass die Klägerin bei Kenntnis der Provision das streitgegenständliche Geschäft nicht abgeschlossen hätte, da der Geschäftsführer den Prognosen der Beklagten geglaubt und mit einem Anstieg des Spreads gerechnet habe. Zwar seien Chancen und Risiken des Geschäfts extrem unausgewogen. Es sei aber nicht Aufgabe des Gerichts, ein solches Produkt moralisch zu bewerten, da Chancen und Risiken ausführlich erläutert worden seien.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie rügt die Verletzung des materiellen Rechts. Das LG habe auch ihren Vortrag in mehreren Punkten nicht ausreichend berücksichtigt.

Ein...

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