Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung des Reisepreises bei Rücktritt wegen Corona-Pandemie

 

Normenkette

BGB § 349

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.06.2021; Aktenzeichen 2-24 O 408/20)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.6.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt/M, 24. Zivilkammer, wird zurückgewiesen. Das Urteil des Landgerichts wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages erbringt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückerstattung des (restlichen) Reisepreises für eine Reise, die vom XX.07. bis zum XX.08.2020 nach Kanada ("A") stattfinden sollte.

Der Kläger buchte für seine Ehefrau und sich selbst im August 2018 bei der Beklagten jene mehrtägige Flugreise nach Kanada für 2019. Mit Einverständnis und Buchungsbestätigung der Beklagten vom 05.08.2019 wurde sie auf eine programmgleiche Reise im Zeitraum vom XX.07. bis zum XX.08.2020 umgebucht.

Mit der Umbuchung übersandte die Beklagte an den Kläger unter ausdrücklichem Hinweis ihre Reisebedingungen für Pauschalreiseverträge, die ab dem 01.07.2018 abgeschlossen werden. In diesen Bedingungen heißt es auszugsweise (Anlage B1, Bl. 53 f. d.A.):

"9. Rücktritt des Reisenden vor Reisebeginn - Nichtantritt der Reise

[...]

9.2. Tritt der Reisende vom Vertrag zurück oder tritt er die Reise nicht an, verliert der Reiseveranstalter den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Der Reiseveranstalter kann jedoch eine angemessene Entschädigung nach Ziff. 9.3. verlangen.

9.3. Unsere Entschädigungspauschalen

[...]

Flugreisen:

bis zum 31. Tag vor Reisebeginn 25 %

[...]

9.4. Dem Reisenden wird ausdrücklich der Nachweis gestattet, dass der Anspruch auf Entschädigung nicht entstanden oder die Entschädigung wesentlich niedriger als die angeführte Pauschale sei.

9.5. Abweichend von Ziff. 9.2. kann der Reiseveranstalter vor Reisebeginn keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Umstände sind unvermeidbar und außergewöhnlich i.S. dieses Untertitels, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich hierauf beruft und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären."

Den Reisepreis von insgesamt 6.368,00 Euro beglich der Kläger nach Erhalt der Buchungsbestätigung.

Im März 2020 wurde weltweit ein drastischer Anstieg von Infektionen mit dem SARS-Cov-2-Virus zu erwartet. Am 16.03.2020 kündigte die kanadische Regierung die Schließung ihrer Landesgrenzen für alle Reisenden mit Ausnahme eigener und US-amerikanischer Staatsangehöriger ab dem 18.03.2020 an. Dies trat am 18.3.2020 in Kraft.

Am 17.03.2020 sprach das Auswärtige Amt der Bundesregierung eine weltweite Reisewarnung aus. Diese war zunächst bis zum 30.04.2020 befristet. Sie wurde später bis zum 14.06.2020 verlängert.

Der Kläger teilte der Beklagten per Email vom 19.03.2020 mit, er leide unter Symptomen "des covid 19" und befinde sich mit seiner Frau in freiwilliger Quarantäne. Weiterhin führte er aus:

"Da Deutschland, Europa und Kanada momentan die Grenzen bereits geschlossen haben und nach aller Voraussicht das Virus uns noch etliche Monate beschäftigen wird, möchten wir schweren Herzens unsere Reise stornieren.

Bitte teilen Sie uns mit ob die Stornierung und das Rückbezahlen des Reisepreises in Ihrem Hause in Ordnung geht."

Die Beklagte reagierte auf die Nachricht des Klägers nicht. Mit Email vom 19.04.2020 bat der Kläger die Beklagte erneut um eine Antwort; am 03.05.2020 verlangte er - wiederum ohne Reaktion der Beklagten - die Rückzahlung des gesamten Reisebetrags unter Fristsetzung bis zum 24.05.2020. Nach Fristablauf beauftragte der Kläger seinen Prozessbevollmächtigten, der die Beklagte per Telefax vom 09.06.2020 zur Erstattung des Reisepreises sowie der Gebühren seines Honorars für die außergerichtliche Anwaltstätigkeit bis zum 23.06.2020 aufforderte.

Die Beklagte reagierte erstmals mit Schreiben vom 01.07.2020, in dem sie dem Kläger mitteilte, seine Reise könne "aufgrund der Corona-Pandemie und der weltweit geltenden Reisewarnung leider nicht durchgeführt werden" (Anlage K4). Sie bot ihm zugleich an, die Reise zu gleichen Konditionen im Folgejahr nachzuholen. Durch anwaltliches Schreiben lehnte der Kläger dieses Angebot ab und wiederholte sein Begehren auf Erstattung des Reisepreises und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Am 04.09.2020 reichte der Kläger Klage auf Rückzahlung von ...

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