Entscheidungsstichwort (Thema)

Beratungsvertrag: Aufklärungspflichtige Rückvergütung (VIP Medienfonds 3)

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.11.2009)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 08.05.2012; Aktenzeichen XI ZR 262/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19.11.2009 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers in Höhe des Nominalbetrages von 35.000 EUR an der Film und Entertainment VIP Medienfonds 3 GmbH & Co. KG wird die Beklagte verurteilt,

a. an den Kläger 36.750 EUR nebst Zinsen i.H.v. 2 % vom 5.9.2003 bis zum 24.4.2009 sowie Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Gesamtbetrag i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.4.2009 zu zahlen,

b. an den Kläger weitere 998 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.10.2009 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte hinsichtlich der Übertragung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers in Annahmeverzug befindet.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 7 % und die Beklagte 93 % zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

6. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Wegen des erstinstanzlichen Sachvortrages der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Zu ergänzen ist, dass der Kläger den Fondsprospekt am Tag der Zeichnung erhielt und an diesem Tag auch einen Vermögensanlage-Bogen unterzeichnete.

Den Feststellungsantrag hat der Kläger damit begründet, dass "mit Weiterung auf der steuerlichen Seite zu rechnen" sei und beispielsweise die Wohnsitzfinanzämter dazu übergegangen seien, Kapitalertragssteuer auf die vorliegende "Festgeldanlage" bei der A Bank AG zu erheben. Die Rechtsverfolgungskosten seien aufgrund der Einleitung eines Güteverfahrens entstanden.

Das LG hat der Klage durch das am 19.11.2009 verkündete Urteil im Wesentlichen stattgegeben. Die Beklagte hat gegen das ihr am 4.12.2009 zugestellte Urteil (Bl. 350 d.A.) am 4.1.2009 Berufung eingelegt (Bl. 356 d.A.) und das Rechtsmittel am 4.2.2010 (Bl. 371 ff. d.A.) begründet.

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere macht sie geltend, nicht verpflichtet gewesen zu sein, ungefragt über die Vertriebsprovision aufzuklären. Die notwendige Aufklärung des Anlegers ergebe sich aus S. 68 f. des Fondsprospektes, der die erforderlichen Angaben über die Höhe der Vertriebsprovision und die Berechtigung des mit dem Vertrieb beauftragten Unternehmens darlege, weitere Vertriebsunternehmen mit dem entgeltlichen Vertrieb unterzubeauftragen. Ein möglicher Interessenkonflikt der Beklagten sei somit für den Anleger erkennbar gewesen. Sofern eine Verpflichtung zur Aufklärung über die Vertriebsprovision verletzt worden sei, fehle es jedenfalls am Verschulden entsprechend den Entscheidungen der OLG Dresden (Urt. v. 24.7.2009 - 8 U 1240/08, WM 2009, 1689) und Oldenburg (Urt. v. 11.9.2009 - 11 U 75/08, BB 2009, 2390). Keinesfalls habe sie vorsätzlich gehandelt, da sie sich in einem Rechtsirrtum befunden habe, der das Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit ausschließe. Das ergebe sich daraus, dass es im Jahre 2003 keine Rechtsprechung gegeben habe, die für den Vertrieb geschlossener Fonds eine Provisionsmitteilungspflicht des Anlageberaters konstituierte.

Die Entscheidung des BGH vom 20.1.2009 (XI ZR 510/07) enthalte sechs Neuerungen in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung, die nicht vorhersehbar gewesen seien: mit dieser Entscheidung habe der BGH die bisherige Rechtsprechung aufgegeben, dass erst ab einem Schwellenwert von 15 % eine Aufklärung über Innenprovision beim Vertrieb geschlossener Fonds erforderlich sei; ferner habe der BGH eine Pflicht zur Aufschlüsselung der Vertriebsprovision für einzelne Vertriebsbeteiligte neu eingeführt, den bisherigen Gleichlauf der Informationspflichten von Anlagevermittler und Anlageberater aufgegeben, einen allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz der Vermeidung vertragswidriger Interessenkollisionen eingeführt, die Pflichten zur Offenlegung einer Doppelvergütung auf unentgeltlich tätige Berater übertragen und schließlich die Gleichbehandlung des Vertriebs geschlossener Fonds und des Vertriebs von Wertpapieren trotz unterschiedlicher gesetzlicher Ausgangslage postuliert. Die Änderung der Rechtspr...

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