Normenkette

BGB § 812 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Aktenzeichen 13 O 420/99)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagte gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des LG Darmstadt vom 1.2.2001 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte ist mit weniger als 20.000 Euro beschwert.

 

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Die Kammer hat ihn zu Recht zur Rückzahlung der am 8/11.1.1998 überwiesenen 20.000 DM an die Klägerin verurteilt.

1. Durch diese Überweisung erlangte der Beklagte auf Kosten der Klägerin den überwiesenen Betrag; um ihn ist er ungerechtfertigt bereichert, da es im Verhältnis des Beklagten zur Klägerin keinen Rechtsgrund für die Überweisung gab – sie schuldete ihm nichts.

2. Der hieraus folgende Herausgabeanspruch der Klägerin wegen ungerechtfertigter Bereicherung „in sonstiger Weise” (§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB) ist nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des „Vorrangs der Leistungskondiktion” ausgeschlossen. Zwar scheidet in Fällen, in denen – wie hier – außerhalb einer unmittelbaren Leistungsbeziehung die eine Partei etwas auf Kosten der anderen Partei rechtsgrundlos erlangt hat, ein Bereicherungsausgleich unter diesen Parteien dann aus, wenn die Vermögensverschiebung ihre Grundlage in der Leistungsbeziehung des Empfängers zu einem anderen Beteiligten hat; bereicherungsrechtlich genießt die Leistungskondiktion stets den Vorrang vor der sog. Eingriffskondiktion (Bereicherung in sonstiger Weise-, BGHZ 40, 272 = MDR 1964, 225; Palandt/Sprau, 61. Aufl. 2002, § 812 BGB Rz. 2). Dass die Zahlung der Klägerin sich aber einer Leistungsbeziehung eines anderen Beteiligten zum Beklagten, nämlich einer Leistungsbeziehung der Firma R. A., zum Beklagten zuordnen ließe, hat sich tatbestandlich nicht ergeben.

a) Die Übermittlung des umstrittenen Betrages am 8./11.1.1998 – auf die unstreitig von der Firma R. veranlasste Überweisung vom 5./7.1.1998 folgend – lässt sich nicht als Leistung, als zweckgerichtete Zuwendung aus dem Vermögen der Firma R. an den Beklagten (zum Leistungsbegriff vgl. BGH v. 20.6.1990 – XII ZR 98/89, BGHZ 111, 382 = MDR 1990, 1110; OLG Bamberg v. 23.2.2000 – 8 U 53/99, NJW-RR 2001, 129) verstehen. Eine solche Zuordnung der Überweisung würde voraussetzen, dass die Firma R. (über ihre Hausbank) die Klägerin angewiesen hätte, den streitigen Betrag zu überweisen. Nur auf der Grundlage einer vom Kontoinhaber – bzw. des von ihm beauftragten Bankinstituts – erteilten Anweisung wird die bankmäßige Übermittlung von Geld zu einer Leistung des Kontoinhabers an den Geldempfänger; denn die überweisende Bank handelt für alle Beteiligten offensichtlich nicht, um eigene Vermögenswerte an den Empfänger zu übertragen, vielmehr, um Geld des Anweisenden an den Empfänger zu übermitteln (BGH BGHZ 61, 289 = MDR 1974, 132; v. 19.1.1984 – VII ZR 110/83, BGHZ 89, 376 = MDR 1984, 481; v. 20.6.1990 – XII ZR 98/89, BGHZ 111, 382 = MDR 1990, 1110; v. 20.3.2001 – XI ZR 157/00, BGHZ 147, 145 = MDR 2001, 703 = BGHReport 2001, 467; OLG Bamberg v. 23.2.2000 – 8 U 53/99, NJW-RR 2001, 129).

b) Die Auffassung des Beklagten, er habe die Überweisung guten Gewissens als Leistung der Firma R. verstehen dürfen, weil die Firma R. ihm in der Tat (auch den am 8./11.1.1998) überwiesenen Betrag schuldete, begründet eine Zurechnung der Zahlung an die Firma R., damit eine Einbindung in eine Leistungsbeziehung der Firma R. zum Beklagten und zugleich einen Ausschluss eines Bereicherungsausgleichs in sonstiger Weise zwischen der Klägerin und dem Beklagten nicht. Denn der gute Glaube des Überweisungsempfängers – der sog. Empfängerhorizont – kann die für eine Zurechnung zu einer Leistungsbeziehung notwendige Anweisung des Kontoinhabers – des Schuldners – nicht ersetzen (BGH v. 20.3.2001 – XI ZR 157/00, BGHZ 147, 145 = MDR 2001, 703 = BGHReport 2001, 467; OLG Bamberg v. 23.2.2000 – 8 U 53/99, NJW-RR 2001, 129).

Dass der gute Glaube des Beklagten eine wirkliche Anweisung – einen Überweisungsauftrag – der Firma R. widergespiegelt hätte, hat sich nicht feststellen lassen. Die auf Ersuchen der Kammer vernommenen Zeugen R. und N. haben nicht bestätigt, dass auch für die hier umstrittene – die „zweite” – Überweisung ein Auftrag der Firma R. erteilt worden wäre; sie haben es vielmehr – auf die Vernehmungsprotokolle sei verwiesen – ausdrücklich verneint, und der Zeuge N. hat in diesem Zusammenhang im Einzelnen dargestellt, wie es zu der versehentlichen Zweitausführung des (nur) einen Auftrages gekommen sei. Auch das vom Beklagten nunmehr vorgelegte Telefaxschreiben der Raiffeisenbank A. vom 11.1.1999 belegt die Behauptung des Beklagten nicht, die zweite Überweisung sei von einem eigenen Auftrag gedeckt gewesen. Das Telefaxschreiben belegt allenfalls das Gegenteil, ist dort doch unter dem 11.1.1999 nur von einer Überweisung i.H.v. 20.000 DM am 5.1.1999 die Rede. Wären bis zum 11.1.1999 zwei Aufträge eingegangen – neben dem vom 5.1. noch ein solcher vom 8.1. – dann hätte nichts ...

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