Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückverweisung wegen Verfahrensmangels (hier: Absehen von notwendiger Beweisaufnahme wegen übersteigerter Anforderungen an Substantiierung)

 

Leitsatz (amtlich)

Die Abstandnahme von einer erforderlichen Beweisaufnahme ohne zulässigen Ablehnungsgrund ist ein wesentlicher Verfahrensmangel i.S.v. § 538 II ZPO. Ebenso liegt es, wenn die Beweiserheblichkeit fehlerhaft wegen vermeintlich unzureichender Substantiierung verneint wird.

 

Normenkette

ZPO § 538 Abs. 2

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 5.5.2009 verkündete Urteil des LG aufgehoben

Der Rechtsstreit wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das LG zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten als Bürgen für ein der "A ... GmbH" gewährtes Darlehen in Anspruch.

Durch Darlehensvertrag vom .../... 2003 gewährte die Klägerin den Herren B, C und dem Beklagten zum Betrieb einer Pizzeria in Stadt1 ein Darlehen über 10.885,96 EUR. Im Vertrag heißt es dazu, dass das Darlehen durch "Teil-Saldoübernahme aus Altvertrag vom 21.6./5.7.2001 mit Frau D für das Vertragsobjekt" gewährt werde.

Am 23.10./12.11.2003 schloss die Klägerin einen Nachfolgevertrag mit der "A ... GmbH", vertreten durch den Beklagten als Geschäftsführer, wonach die Darlehensnehmerin den Saldo aus dem Vertrag vom 21.5./18.6.2003 mit den Herren B, C und dem Beklagten übernahm (Bl. 4-7 d.A.). Dieser Vertrag enthielt des Weiteren die Bestimmung, dass der mit Vertrag vom 21.5./18.6.2003 vereinbarte Eigentumsvorbehalt an dem Inventar der Gaststätte solange bei der Klägerin verbleibe, bis die Darlehenssumme von 10.885,96 EUR getilgt sei. Im Fall der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages sollte das Darlehen in der Weise getilgt werden, dass die Klägerin dem Darlehenskonto des Betreibers pro Jahr 2.177,20 EUR gutschrieb.

Durch Bürgschaftserklärung vom 23.10.2003 übernahm der Beklagte unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage ggü. der Klägerin die selbstschuldnerische Bürgschaft für die Erfüllung aller Zahlungsverpflichtungen einschließlich Zinsen aus dem "Darlehens- und Bierlieferungsvertrag vom .../... 2003". Der Beklagte erklärte, dass ihm bekannt sei, dass die Klägerin der "A ... GmbH" ein Darlehen von 10.885,96 EUR gewährt habe.

Die "A. GmbH" gab die Bewirtschaftung der Gaststätte vor Ablauf eines Jahres auf und übergab sie einem Nachfolger, Herrn E. Mit Schreiben vom 19.10.2005 kündigte die Klägerin den Bezugsvertrag mit der "A. GmbH" fristlos und forderte Zahlung. Nachdem diese nicht leistete, nahm die Klägerin mit Schreiben vom 19.10.2005 und 5.1.2006 den Beklagten auf Zahlung von 9.891,69 EUR in Anspruch.

Dieser Anspruch ist Gegenstand der vorliegenden Klage.

Die Klägerin hat behauptet, keine Zustimmung zur Übergabe an den Nachfolgebetreiber erteilt zu haben. Auch habe der Nachfolgepächter keine Vertragsübernahme unterzeichnet.

Der Beklagte hat behauptet, ein Darlehensvertrag mit der Vorbetreiberin sei nicht zustande gekommen. Außerdem habe die "A. GmbH" die Gaststätte am 29.8.2004 mit Zustimmung der Klägerin an den Nachfolgebetreiber E übergeben. Mit diesem habe die Klägerin einen Darlehensvertrag geschlossen, der dem mit der GmbH geschlossenen entspreche. Ebenso sei mit dem Nachfolger von Herrn E, F, verfahren worden, mit dem die Klägerin ebenfalls einen Darlehensvertrag geschlossen habe. Außerdem begründe der Vertrag vom 23.10.2003 keine Verpflichtung, weil keine Widerrufsbelehrung wie im Vertrag vom 21.5.2003 erfolgt sei.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 87 ff. d.A.) verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, die dieser nach vorhergehender Gewährung von Prozesskostenhilfe - unter gleichzeitiger Geltendmachung von Wiedereinsetzung - durch den Senat eingelegt und begründet hat.

Der Beklagte trägt vor:

Der Begründung des LG lasse sich nicht entnehmen, dass die Klägerin der "A. GmbH" das vereinbarte Darlehen gewährt habe. Dass angeblich eine Verbindlichkeit der Vorbetreiberin der Pizzeria begründet worden sei, sei nicht schlüssig dargelegt worden. Selbst wenn das Darlehen eine Gegenleistung für die Übernahme von Einrichtungsgegenständen gewesen wäre, wäre jedenfalls das vom Beklagte geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht begründet, weil die Klägerin dem Beklagten bzw. der "A. GmbH" keine Einrichtungsgegenstände übereignet, sondern diese auf den Gaststättennachfolger übertragen habe, mit dem sie gleichlautende Verträge wie mit der GmbH abgeschlossen habe. Außerdem hätten die Einrichtungsgegenstände nicht im Eigentum der Klägerin gestanden, sondern dem Hauseigentümer G und H gehört. Dem diesbezüglichen Beweisantritt des Beklagten sei das LG nicht nachgegangen.

Der Beklagte beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen sowie (hilfsweise), das Verfahren an das LG zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung...

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