rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Diesel-Skandal: Keine Sittenwidrigkeit durch fehlende Offenlegung des Thermofenster

 

Normenkette

BGB § 826

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 03.12.2019; Aktenzeichen 4 O 108/19)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Landgericht Limburg a. d. Lahn vom 3.12.2019 - Az.: 4 O 108/19 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach den Urteilen vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger hat von der Beklagten Schadensersatz verlangt, weil ein von ihm erworbener, von der Beklagten hergestellter Pkw eine unzulässige Abschaltsoftware aufweise.

Der Kläger kaufte das Neufahrzeug, einen BMW X1 SDrive18d, am 12.8.2016 von der X GmbH in Stadt1. Das Fahrzeug ist mit einem Motor B47 D20 ausgestattet und entspricht der Abgasnorm Euro 6. In den Motor ist ein sogenanntes Thermofenster installiert, das bewirkt, dass die Abgasreinigung bei geringeren Außentemperaturen reduziert wird. Dadurch hat das Fahrzeug einen höheren Abgasausstoß.

Der Kläger hat gemeint, bei dem Thermofenster handele es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007. Er hat behauptet, ohne die illegale Beeinflussung würde das Fahrzeug auf dem Prüfstand die Grenzwerte der Euro-6-Norm ebenso wie im Realbetrieb massiv überschreiten.

Mit der Klage hat der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises von 32.799,99 EUR nebst Zinsen abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs verlangt. Weiterhin hat er die Feststellung begehrt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde, und die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten verlangt.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat insbesondere bestritten, dass in das Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ein Anspruch gemäß §§ 826 BGB bzw. 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bestehe nicht. Es fehle bereits an hinreichend substantiiertem Tatsachenvortrag des Klägers. Sein Vortrag beziehe sich in weiten Teilen auf die Abgasbehandlung mittels des Zusatzes AdBlue. Auf Vorhalt der Beklagten, in dem streitgegenständlichen Fahrzeug komme diese nicht zum Einsatz, habe der Kläger dies eingeräumt, jedoch darauf hingewiesen, es müsse gleichwohl eine unzulässige Abschaltvorrichtung vorliegen, weil andererseits nicht erklärlich sei, wie die zulässigen Abgasvorschriften ansonsten eingehalten werden sollten. Aus der Einführung eines SCR- Katalysators und dem Einsatz der AdBlue-Technik bei anderen Modellen könne jedoch nicht geschlossen werden, dass beim Fahrzeug des Klägers eine Manipulationssoftware eingesetzt worden sei, die Prüfstandbedingungen erkannt und den Schadstoffausstoß hierauf eingestellt habe. Es gebe keinen Erfahrungssatz, der einen Generalverdacht gegenüber sämtlichen Dieselmotoren eines Konzerns begründen könne. Soweit der Kläger auf eine Studie der deutschen Umwelthilfe verweise, sei das Kraftfahrtbundesamt (KBA) dem entgegengetreten. Bezüglich des Motors N47D20 sei auch kein Rückruf wegen einer Abgasmanipulation erfolgt. Rückrufe bezüglich anderer Motoren verfingen nicht, ohne weiteren Vortrag könne aus möglichen Manipulationen bei einem anderen Motor der Beklagten nicht der Schluss gezogen werden, dass deshalb alle weiteren Motoren von solchen Manipulationen betroffen seien. Auch die Behauptung, das Fahrzeug verfüge über unzulässige Thermofenster, verfange nicht. Dem Gericht sei bekannt, dass die Abgasreinigung bei diesen Fahrzeugen im Bereich niedriger Temperaturen zu Motorbeschädigungen durch Ablagerungen in Teilen des Motors führen könne. Beim Kaltstart und bei kühlen Außentemperaturen könne es erforderlich sein, dass die Motorelektrik die Abgasreinigung zur Vermeidung von Verschleißerscheinungen abschalte. Solche Abschaltvorrichtungen seien in Art. 5 Abs. 2 S. 2a) 1. Alt. VO (EG) 715/2007 vorgesehen. Allein das Vorliegen eines Thermofensters sei deshalb kein Indiz dafür, dass die Beklagte Manipulationen des Abgasverhaltens für den Prüfstand vorgenommen habe. Weitere Indizien dafür, dass die Abschaltfunktion den zulässigen Umfang überschreite, trage der Kläger nicht vor. Schließlich sei nicht erkennbar, welcher konkrete Schaden dem Kläger entstanden sei. Aktuell drohende Fahrverbote bzw. Fahrzeugstilllegungen seien gerade nicht erkennbar. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 (gemeint ist: Abs. 2) BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV bestünden nicht, weil diese Vorschriften keinen Schutzgesetzcharakter hätten. Gleichfalls trage der Kläger keine Tatsachen vor, die einen Ans...

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